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20.01.2004 14:11

Vom Wechselspiel zwischen Medizingelehrten und Laien

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Warum freuten sich früher viele Kranke über einen kräftigen Hautausschlag oder blutende Hämorrhoiden? Warum gratulierten sich Männer gegenseitig zum überstandenen Klimakterium? Aus heutiger Sicht ist es eine sehr fremde Welt, mit der sich Michael Stolberg beschäftigt. Der 46-Jährige hat seit Januar den Lehrstuhl für Geschichte der Medizin an der Uni Würzburg inne. Er befasst sich mit der Kultur- und Alltagsgeschichte der vormodernen Medizin.

    Die Medizingeschichtsschreibung hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt sozial- und kulturgeschichtlichen Ansätzen geöffnet. Zwar bleibt die Geschichte der berühmten Ärzte, ihrer Theorien und Schriften ein zentraler Forschungsgegenstand. Weit mehr als früher aber werden die medizinischen Theorien, Normen, Praktiken und Institutionen einer Epoche vor dem Hintergrund der kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen gesehen. Viel eingehender werden auch Fragen nach der alltäglichen, lebensweltlichen Bedeutung des medizinischen Denkens und Handelns gestellt: "Der Blick hat sich von den Ärzten auf die Kranken, die Angehörigen und die Laien insgesamt ausgeweitet", erläutert Stolberg.

    Die Forschungen des neuen Professors zielen vor allem auf das Wechselspiel zwischen gelehrten Ärzten und Laien. Welche Vorstellungen, so fragt er in seinem jüngsten Buch "Homo patiens. Krankheits- und Körpererfahrung in der Frühen Neuzeit", hatten Laien in früheren Jahrhunderten vom gesunden und vom kranken Körper? Wie deuteten sie verbreitete Krankheiten wie Schwindsucht, Krebs oder Gicht? Wie sahen im Vergleich dazu die ärztlichen Theorien aus? Inwieweit machten sich die Kranken diese zu eigen, und warum beharrten sie zuweilen auf ihrer eigenen, überkommenen Auffassung?

    Vor allem Briefe, in denen Patienten oder Angehörige Ärzte um Rat fragten, sowie Tagebücher und Autobiografien eröffnen hier zusammen mit dem ärztlichen Schrifttum Zugang zu einer "längst fremd gewordenen, faszinierenden Welt", so der Professor. Zugleich schärfe die Beschäftigung mit dieser Welt den Blick für die geschichtlichen Wurzeln der modernen Medizin und für die vielfältigen gesellschaftlichen Einflüsse, die sie heute noch bestimmen und prägen - nicht zuletzt im Umgang mit ethischen Problemen.

    Michael Stolberg, 1957 in München geboren, legte in seiner Heimatstadt 1984 das medizinische Staatsexamen ab und wurde 1986 mit einer medizinhistorischen Arbeit promoviert. Nach jeweils zwei Jahren als Krankenhausarzt und als Postdoktoranden-Stipendiat der DFG in Florenz war er von 1989 bis 1995 wissenschaftlicher Assistent am Medizinhistorischen Institut der Technischen Uni München. In dieser Zeit schloss er eine Zweitpromotion in Geschichte und Philosophie ab und habilitierte sich für Medizingeschichte und Medizinische Soziologie.

    Nach einem erneuten halbjährigen Forschungsaufenthalt in Italien war er von 1996 bis 2001 Heisenberg-Stipendiat der DFG in Cambridge und München. Dort arbeitete er zuletzt an einem Projekt im Sonderforschungsbereich 573 "Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit". An der Uni Würzburg tritt Stolberg die Nachfolge von Gundolf Keil an.

    Kontakt: Prof. Dr. Dr. Michael Stolberg, T (0931) 7 96 78-0, Fax (0931) 7 96 78-78, E-Mail:
    michael.stolberg@mail.uni-wuerzburg.de


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    Michael Stolberg
    Michael Stolberg

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Medizin
    regional
    Personalia
    Deutsch


     

    Michael Stolberg


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