Ein internationales Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Mark MacDougall vom Museum für Naturkunde Berlin und Robert Reisz von der University of Toronto untersuchte den Zahnabrieb bei einem fossilen Reptil. Die Forschenden erhielten den ältesten Nachweis von "Rechtshändigkeit", wie in Current Biology publiziert wird. Es können neue Erkenntnisse über die Evolution dieses sogenannten lateralisierten Verhaltens und die Aufteilung des Gehirns in zwei Hemisphären gezogen und vermittelt werden.
Obwohl unsere Körper symmetrische rechte und linke Seiten haben, zieht es die Mehrheit der Menschen vor, für viele Aufgaben die rechte Hand zu benutzen. Lange Zeit wurde angenommen, dass dieses Verhalten nur beim Menschen vorkommt. Doch in den letzten Jahren wurden ähnliche Verhaltensweisen auch bei anderen Säugetieren sowie Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen beobachtet. Die Verhaltensweise wurde oft mit der Aufteilung des Gehirns in zwei Hälften in Verbindung gebracht. Doch wie sich diese Verhaltensweise entwickelt hat und in die Vergangenheit zurückreicht, lässt sich schwer nachweisen. Fossilien überliefern überwiegend Knochen und Schalen, aber selten – zum Beispiel über Laufspuren - Beweise für Verhaltensweisen.
Ein Team von Forschenden, darunter die Hauptautoren Robert Reisz, Professor an der University of Toronto Mississauga / Kanada, und Mark MacDougall, Postdoktorand am Museum für Naturkunde Berlin, führte die erste Untersuchung des so genannten lateralisierten Verhaltens bei einem fossilen Reptil durch, allerdings nicht durch die Untersuchung der Extremitäten-Knochen, sondern durch die Untersuchung seiner Zähne. Anhand zahlreicher fossiler Exemplare konnten die Forschenden feststellen, dass ein 289 Millionen Jahre altes Reptil namens Captorhinus eine klare Präferenz dafür hatte, beim Fressen mehr die rechte Seite seines Kiefers zu benutzen.
"Das Vorhandensein dieses lateralisierten `rechtshändigen` Fressverhaltens bei einem so alten Tier liefert auch Hinweise darauf, dass die Aufspaltung des Gehirns in zwei Hemisphären vor langer Zeit stattgefunden haben könnte. Dies ist die erste Studie, die solche Beweise am Ursprung der Reptilienevolution sucht und findet", sagt Dr. Mark MacDougall.
Captorhinus war ein kleines Reptil von weniger als einem Meter Länge, das sich vermutlich während des frühen Perm vor ca. 280 Millionen Jahren von Pflanzen und kleineren Tieren ernährte. Im Gegensatz zu anderen Reptilien waren seine Zähne entlang des Kiefers in mehreren Reihen angeordnet, was es Captorhinus ermöglichte, viel länger seine älteren Zähne zu benutzen. Durch Zählen der abgenutzten Zähne im linken und rechten Kiefer dieser Fossilien fanden die Forschenden heraus, dass sie im Durchschnitt häufiger auf der rechten Seite des Kiefers kauten als auf der linken Seite.
Veröffentlichung:
Reisz et al. (2020) Lateralized feeding behavior in a Paleozoic reptile. Current Biology. https://doi.org/10.1016/j.cub.2020.04.026
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Geowissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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