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19.05.2020 12:31

IfW-Konjunkturprognose: Deutsches BIP fällt 2020 um über 7 Prozent

Mathias Rauck Kommunikation
Institut für Weltwirtschaft (IfW)

    Das deutsche Bruttoinlandsprodukt bricht dieses Jahr um 7,1 Prozent ein und legt im kommenden Jahr um 7,2 Prozent zu. Die Weltproduktion sinkt um 4,0 Prozent und nimmt dann um 6,5 Prozent zu. Dies geht aus der heute veröffentlichten außerplanmäßigen Konjunkturprognose (https://www.ifw-kiel.de/index.php?id=14424&L=1) des IfW Kiel auf Basis jüngster Indikatoren hervor, die erstmals ein verlässlicheres Bild über die ökonomischen Folgen der Covid19-Pandemie zulassen. Demnach ist der Tiefpunkt der Krise überwunden, aber der Aufholprozess zieht sich noch bis weit in das kommende Jahr.

    Insgesamt dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 11,3 Prozent sinken. „Das markiert den größten Quartalsrückgang seit Bestehen der Bundesrepublik“, sagte IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths. Ab dem dritten Quartal sind dann wieder Zuwächse zu verzeichnen. Auf Jahressicht rechnet das IfW Kiel mit einem Einbruch des deutschen BIP um 7,1 Prozent. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen steigt in der Spitze auf 3 Millionen, im Jahresdurchschnitt steigt die Arbeitslosenquote auf 6,1 Prozent.

    Grafik - BIP Deutschland (Stand 19.5.20) / Veränderung gegenüber dem Vorquartal

    In der Spitze ist die deutsche Wirtschaftsleistung in Reaktion auf den Corona-Schock um über 15 Prozent geschrumpft und verharrte über den gesamten April hinweg auf diesem Niveau. Indikatoren wie der Stromverbrauch oder die Passantendichte in Innenstädten deuten darauf hin, dass der Tiefpunkt des Einbruchs durchschritten ist und die ökonomische Aktivität im Zuge der Lockerungen seit Anfang Mai wieder anzieht.

    Der Aufholprozess aus der Krise vollzieht sich allerdings deutlich langsamer als der Einbruch. Das Vorkrisenniveau dürfte daher erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres wieder erreicht werden und das BIP auf Jahressicht um 7,2 Prozent zulegen. „Damit sind die Folgen der Krise aber längst noch nicht wettgemacht, da die wirtschaftliche Aktivität dann immer noch merklich unter dem Niveau liegen wird, das sich ohne den Effekt der Corona-Pandemie ergeben hätte. Insgesamt dürfte die Krise Deutschland dann rund 300 Milliarden Euro an Wertschöpfung gekostet haben“, so Kooths.

    Grafik - BIP Deutschland (Stand 19.5.20) / Veränderung gegenüber dem Vorjahr

    Staatliche Hilfen dort ansetzen, wo Ausfälle am größten

    Der massive Rückgang der Wirtschaftsleistung ist neben den Einbrüchen bei Exporten und Unternehmensinvestitionen auch Folge des drastisch eingeschränkten privaten Verbrauchs. „Die privaten Konsumausgaben erweisen sich in Krisen typischerweise als stabilisierender Faktor. Das ist in der Corona-Krise anders, in der sie ein Krisentreiber darstellen. Ein Großteil der zurückgestauten Kaufkraft wird sich jedoch im Zuge der Lockerungen nach und nach in Konsumnachfrage entladen, wenn die privaten Akteure auch wieder Klarheit über ihre beruflichen Perspektiven haben und so zur Erholung beitragen“, so Kooths.

    Mit am besten durch die Krise kommt der Bausektor, dort gab es keine spürbaren Produktionsbehinderungen. Angesichts der hohen Kapazitätsauslastung dürfte sich eine geringere Nachfrage nach neuem Wohnraum, etwa aufgrund von Einkommensausfällen oder erhöhter Unsicherheit, vor allem in einem schwächeren Auftrieb der Baupreise bemerkbar machen.

    Kooths: „Wirtschaftspolitisch kommt es jetzt darauf an, Unternehmen mit grundsätzlich marktfähigen Geschäftsmodellen über die nächsten drei bis sechs Quartale zu bringen. Staatliche Hilfen müssen daher systematisch dort ansetzen, wo die Corona-bedingten Ausfälle am größten sind. Es wäre falsch, stabilisierungspolitische Eingriffe mit industriepolitischen Zielen zu überfrachten. So wäre den Gastronomen wenig geholfen, wenn jetzt staatliche Infrastrukturinvestitionen hochgefahren oder Digitalisierungsprogramme subventioniert würden. Damit würden vor allem solche Branchen befeuert, die die Krise am wenigsten spüren.“

    Auch globale Wirtschaft hat Tiefpunkt durchschritten

    Auch die globale Wirtschaft dürfte im April ihren Tiefpunkt durchschritten haben. Die Weltproduktion geht im Jahr 2020 um 4,0 Prozent zurück und legt im kommenden Jahr um 6,5 Prozent zu. Der Konjunktureinbruch wirkt sich auf dem globalen Arbeitsmarkt in einem drastischen Rückgang der Beschäftigung aus.

    Schätzungsweise wird sich die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden im Jahr 2020 weltweit um 6,7 Prozent verringern, was umgerechnet 230 Millionen Vollzeitstellen entspricht. In Ländern ohne Kurzarbeitsprogramme wie den USA kommt es in großem Umfang zu Entlassungen. Die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten dürfte in der Spitze auf über 20 Prozent steigen.

    Der Konjunkturprognose liegt die Annahme zugrunde, dass die Beschränkungen für die wirtschaftliche Aktivität in den kommenden Monaten weiter gelockert werden und im nächsten Frühjahr eine weitgehende Normalisierung der Situation eingetreten sein wird.

    Medienansprechpartner:
    Mathias Rauck
    Pressesprecher
    T +49 431 8814-411
    mathias.rauck@ifw-kiel.de

    Institut für Weltwirtschaft
    Kiellinie 66 | 24105 Kiel
    T +49 (431) 8814-774
    F +49 (431) 8814-500

    www.ifw-kiel.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Stefan Kooths
    Leiter Prognosezentrum
    T +49 431 8814-579 (Büro Kiel)
    T +49 30 2067-9664 (Büro Berlin)
    stefan.kooths@ifw-kiel.de


    Originalpublikation:

    https://www.ifw-kiel.de/index.php?id=14424&L=1 (Kiel Policy Brief Corona Spezial)


    Weitere Informationen:

    https://www.ifw-kiel.de/de/institut/forschungs-beratungseinheiten/prognosezentru... (Webseite des IfW-Prognosezentrums)


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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