idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.05.2020 17:00

Mit Mathematik Menschen retten

ETH Zürich Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Forschende der ETH Zürich und des MIT haben eine Berechnungsmethode entwickelt, um die Suche bei der Seenotrettung zu beschleunigen. Mit dem neuen Algorithmus lässt sich voraussagen, wohin Objekte oder Menschen an der Meeresoberfläche getrieben werden.

    Jedes Jahr ertrinken bei Schiffsunfällen oder Flugzeugabstürzen hunderte Menschen auf dem offenen Meer. Seenotrettern bleibt nur wenig Zeit, Menschen zu bergen, die auf dem Wasser treiben, denn die Wahrscheinlichkeit, eine Person lebend zu finden, sinkt nach sechs Stunden signifikant. Neben den Gezeiten und wechselhaften Wetterbedingungen erschweren instabile Küstenströmungen die Rettungsaktionen.

    Ein internationales Team von Forschenden unter der Leitung von George Haller, Professor für nichtlineare Dynamik an der ETH Zürich, hat die heute angewendeten Suchstrategien mit neuen Erkenntnissen zu solchen instabilen Strömungen erweitert. Mittels Werkzeugen aus den dynamischen Systemtheorien sowie Daten der Küstenwache hat das Team einen Algorithmus entwickelt, der voraussagen kann, wohin Menschen und Objekte an der Meeresoberfläche getrieben werden. «Wir hoffen, dass unsere Arbeit hilft, mehr Menschenleben zu retten», sagt Mattia Serra, ehemaliger Postdoktorand an der ETH Zürich und nun Postdoc-Stipendiat in Harvard sowie Erstautor der kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications publizierten Studie.

    Algorithmus führt zu den Vermissten

    Bei heutigen Seenotrettungseinsätzen wird anhand von aufwändigen Modellen der Meeresdynamik und des Wetterberichts der Weg, den ein treibendes Objekt zurücklegt, vorausgesagt. Jedoch sind diese Vorhersagen in sich schnell verändernden Küstengewässern aufgrund unsicherer Parameter und fehlender Daten oft ungenau. Dies kann zur Folge haben, dass eine Suche am falschen Ort gestartet wird und dadurch viel Zeit verloren geht.

    Durch mathematische Berechnungen haben die Forschenden entdeckt, dass sich Objekte, die an der Meeresoberfläche treiben, an bestimmten kurvenähnlichen Linien sammeln. Diese sogenannten TRansient Attracting Profiles (TRAPs), also Profile mit vorübergehender Anziehung, sind von blossem Auge nicht erkennbar, können aber mit dem neuen Algorithmus des ETH-Teams aus den Strömungsdaten der Meeresoberfläche ermittelt werden. Sie ermöglichen eine schnelle und präzise Planung der Routen für Rettungseinsätze, die weniger empfindlich auf unsichere Angaben zum Unfallzeitpunkt und -ort reagieren.

    Ein neues Werkzeug für die Seenotrettung

    In zwei getrennten Experimenten in der Nähe von Martha’s Vineyard vor der amerikanischen Nordostküste testeten die Forschenden in Zusammenarbeit mit einem Team des Maschinenbaudepartements des MIT, einer Gruppe des Woods Hole Oceanographic Institute und der amerikanischen Küstenwache den neuen Suchalgorithmus. Sie verwendeten dieselben Echtzeitdaten wie die amerikanische Küstenwache und beobachteten, wie sich die ausgesetzten Bojen und Testpuppen entlang der berechneten Kurven sammelten. «Wir testeten mehrere Ansätze und dies war der einzige, der vor Ort durchgehend funktionierte», betont Haller.

    «Unsere Ergebnisse sind leicht interpretierbar, schnell verfügbar und günstig umzusetzen», sagt Serra. Zudem könnten mit der Methode auch grössere auf der Meeresoberfläche treibende Objekte berechnet werden, wie beispielsweise die Ausbreitung eines Ölteppichs. In einem nächsten Schritt soll die Methode in weiteren Meeresregionen getestet werden. «Wir hoffen, dass diese Methode zu einem Standardwerkzeug der Küstenwache wird», sagt Haller.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    ETH Zürich
    Prof. George Haller
    Institut für Mechanische Systeme
    Telefon: +41 44 633 82 50
    georgehaller@ethz.ch Harvard University

    Dr. Mattia Serra
    Schmidt Science Fellow
    John A. Paulson School of Engineering and
    Applied Sciences
    serram@seas.harvard.edu


    Originalpublikation:

    Serra M, Sathe P, Rypina I, Kirincich A, Ross SD, Lermusiaux P, Allen A, Peacock T, Haller G: Search and rescue at sea aided by hidden flow structures, Nature Communications, 26 May 2020, doi: 10.1038/s41467-020-16281-x


    Weitere Informationen:

    https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2020/05/mm-seenotrettu...


    Bilder

    Anhang
    attachment icon Medienmitteilung

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Maschinenbau, Mathematik, Meer / Klima
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).