Mit wöchentlichen Sterbefallzahlen lässt sich berechnen, wie viele Menschen aktuell während der Covid-19-Pandemie mehr sterben, als es nach dem Trend der vergangenen Jahre zu erwarten wäre. International zeigen sich deutliche Unterschiede: Während in England die Sterbefallzahlen im März und April fast doppelt so hoch waren wie in den fünf Jahren vorher, und auch in Schweden deutlich mehr Menschen gestorben sind, als in den Vergleichsmonaten der vergangenen Jahre, ist der Anstieg in Deutschland moderat. Der Höhepunkt scheint aber in allen drei Ländern überwunden.
Rostock. Wie stark wirkt sich die Coronavirus-Pandemie auf die Sterblichkeit in verschiedenen Ländern aus? Diese Frage lässt sich am besten mit Sterbefallzahlen aufgeschlüsselt nach Kalenderwochen, Geschlecht und Alter beantworten. Für 15 Länder – darunter Deutschland, England, Schweden und die USA – sind diese Daten nun öffentlich in der Human Mortality Database, einem gemeinsamen Projekt des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock und der University of California, Berkeley, abrufbar. Die Daten für weitere Länder werden im Laufe des Jahres folgen.
„Mit wöchentlichen Sterbefallzahlen lässt sich die Übersterblichkeit zwischen verschiedenen Ländern auf vernünftige Weise vergleichen“, sagt Dmitri Jdanov, Leiter des Datenlabors am Max-Planck-Institut und mitverantwortlich für die Human Mortality Database. Denn diese Daten hängen nicht davon ab, wie viele Menschen in einem Land auf Covid-19 getestet werden oder wie ein Covid-19-Todesfall definiert wird, auch das ist von Land zu Land unterschiedlich.
Es zeigt sich, dass Deutschland im internationalen Vergleich vorerst glimpflich durch die Krise gekommen ist. „Aber das gilt nur, solange wir keine zweite Infektionswelle erleben“, schränkt Dmitri Jdanov ein.
In England und Wales starben auf dem Höhepunkt der Pandemie in der 16. Kalenderwoche, Mitte April, gut 22.000 Menschen. In den fünf Jahren vorher waren es in der Kalenderwoche 16 zwischen 9.000 und 11.000 Menschen und damit weniger als die Hälfte. In Schweden setzte der Höhepunkt mit gut 2.500 Toten fast zeitgleich ein. Hier lag die Fallzahl rund 70 Prozent über dem Fünfjahrestrend von rund 1.700 Verstorbenen.
In Deutschland sind die wöchentlichen Sterbefallzahlen im März und April auch höher, als der Trend der vergangenen Jahre erwarten ließe. Allerdings starben vor zwei Jahren im Frühling 2018 noch mehr Menschen während einer ernsten Grippe-Epidemie. „Ich muss verdeutlichen, dass diese Grippewelle nicht mit der jetzigen Situation vergleichbar ist. Nie zuvor gab es so starke Gegenmaßnahmen zur Eindämmung der Infektionen. Außerdem wissen wir nicht, wie viele Menschen damals mit der Grippe infiziert waren. Es lässt sich also nicht berechnen, wie hoch der Anteil der Verstorbenen an den Infizierten ist.“, warnt Dmitri Jdanov.
In der jetzigen Situation beeinflussen die Infektionsschutzmaßnahmen mit Kontaktbeschränkungen die Sterblichkeit auch indirekt. So sterben aktuell zum Beispiel weniger Menschen bei Verkehrsunfällen. „Beim Blick in die Zukunft erwarten wir allerdings auch schwerwiegende negative Langzeiteffekte. Wir wissen noch nicht, wie sich der psychische Stress auf Menschen auswirken wird, die alleine leben, ihren Job verlieren oder Kinderbetreuung und Job zu Hause vereinbaren müssen. Es ist auch noch nicht abzusehen, wie sich wegen der Pandemie verschobene medizinische Eingriffe auf die Gesundheit der Betroffenen auswirkt“, sagt Dmitri Jdanov.
Die Pressemitteilung und Grafik in hoher Auflösung können Sie diesem Link https://www.demogr.mpg.de/go/Covid-19-Sterbefallzahlen entnehmen. Weitere Informationen finden Sie in der Human Mortality Database (http://www.mortality.org).
Über das MPIDR
Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock untersucht die Struktur und Dynamik von Populationen. Die Wissenschaftler*innen des Instituts erforschen politikrelevante Themen wie den demografischen Wandel, Altern, Geburtendynamik und die Verteilung der Arbeitszeit über die Lebensspanne, genauso wie den digitalen Wandel und die Nutzbarmachung neuer Datenquellen für die Erforschung von Migrationsströmen. Das MPIDR ist eine der größten demografischen Forschungseinrichtungen in Europa und zählt international zu den Spitzeninstituten in dieser Disziplin. Es gehört der Max-Planck-Gesellschaft an, der weltweit renommierten deutschen Forschungsgemeinschaft.
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Dmitri A. Jdanov MPIDR-Autor des Artikels (spricht Englisch) sowie
Ansprechpartner Human Mortality Database
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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überregional
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Deutsch
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