Wie sich die Asienkrise auf China auswirkt, steht im Mittelpunkt einer öffentlichen Podiumsdiskussion aus Anlaß des 2. Duisburger Ostasientags an der Mercator-Universität Duisburg am Freitag, 6. November.
Die Moderation des Expertengesprächs hat Herr Axel Schappei, stellvertrender Chefredakteur der Neuen Ruhr Zeitung übernommen (Uni-Bereich Lotharstr. 65, Gebäude LE, Hörsaal LE 104, Beginn 15 Uhr). Interessierte sind herzlich eingeladen.
Von der Plan- zur Marktwirtschaft: Wo steht China heute?
Zum Problemhorizont, der auf der Podiumsdiskussion angesprochen wird, anbei eine Vorab-Stellungnahme des Duisburger Chinaexperten Prof. Thomas Heberer. Ziel ist, aus seiner Sicht, den gegenwärtigen Standort Chinas und seine Perspektiven besser bestimmen zu können.
"China befindet sich in einem gewaltigen Umbauprozeß von einer Plan- zu einer Marktwirtschaft, mit all den positiven und negativen Folgen, die eine solche Transformation mit sich bringt. Der Verbesserung der Lebensqualität und des Lebensstandards der Mehrheit der Bevölke-rung, politischer Liberalisierung und raschem gesellschaftlichen Wandel stehen wachsende Einkommensungleichheiten, Korruption und die Zu-nahme sozialer Unsicherheit, von Arbeitslosigkeit und Kriminalität gegenüber.
Hatte China kürzlich mit den schwersten Überschwemmungen seit Jahrzehnten zu kämpfen, so scheinen die Auswirkungen der "Asienkrise" dagegen bislang eher gering zu sein. China wird von seinen Führern, aber auch von internationalen Experten als Stabilitätsfaktor in Ostasien ge-priesen.
Stabilitätsfaktor? Der Schein trügt
Doch der Schein trügt. Rückgang der Auslandsinvestitionen, des Im- und Exports, Zusammenbrüche der exportorientierten Staatsunternehmen und ländlicher Betriebe, wachsende Arbeitslosigkeit und sinkende Tou-ristenzahlen (vor allem aus Ost- und Südostasien) weisen auf die ökonomi-schen und die damit verbundenen sozialen Auswirkungen hin.
Dazu kommt ein anderer Faktor: Die "Asienkrise" wird bislang weitge-hend einseitig als rein ökonomische Krise rezipiert, mit negativen Auswir-kungen auf die Region wie auf die Weltwirtschaft. Die im Westen weit-gehend ökonomistisch geführte Debatte über die "Asienkrise" übersieht allerdings die politische Dimension der Krise: den politischen Push-Ef-fekt.
Es wird davon gesprochen, daß das "asiatische Politikmodell" gescheitert sei, nicht aber davon, daß nun die Chance zur Schaffung eines neuen "Modells" besteht.
Die politischen Veränderungen in Indonesien (Sturz Suhartos) und in Thailand (Verabschiedung einer neuen, demokratischen Verfassung) so-wie die regionale Diskussion über die politischen Ursachen der Asienkrise (Korruption, mangelnde demokratische Kontrolle und Transparenz) haben in fast allen Ländern der Region einen anderen Effekt provoziert oder zumindest begünstigt: eine Auseinandersetzung über die politischen Ursachen der Krise und damit über die Zukunft der politischen Strukturen und Systeme der Region Ost- und Südostasien. Dies mag in Indonesien und mit dem Sturz Suhartos am evidentesten sein, betrifft aber ebenso die anderen Länder der Region.
Welche politischen Strukturen zeichnen sich ab?
In China findet in den intellektuellen Journalen und in Publikationen inzwischen eine Auseinandersetzung über Fragen der künftigen politi-schen Strukturen, über Demokratisierung, freie Wahlen, Gewaltentei-lung und Partizipation der Bevölkerung statt. Die Auseinandersetzung über die sozialen und politischen Ursachen der "Asienkrise" haben hierzu ebenso beigetragen wie die Krise in Indonesien und der Demokratisie-rungsschub in Südkorea und Thailand.
Vor allem der plötzliche Sturz Suhartos, der auf die Unfähigkeit zur Re-formierung des politischen Systems und dessen Involvierung in Nepotis-mus und Korruption zurückgeführt wird, haben zu einem Nachdenken auch in der chinesischen Führung geführt. Aus der Asienkrise haben Parteichef Jiang Zemin und Ministerpräsident Zhu Rongji den Schluß gezogen, daß eine rationale und effiziente ökonomische Entwicklung begleitende politische Reformen, Rechtssicherheit und rechtliche Institutionalisierung erfordern.
Auf ein solches Nachdenken weisen nicht nur die Liberalisierung der Diskussion über politische Reformen, die Tolerierung von Publikationen, die sich kritisch mit den politischen Strukturen Chinas auseinandersetzen sowie Aufträge an chinesische Think-tanks hin, sich mit alternativen politischen Konzepten und Demokratiemodellen zu beschäftigen, sondern auch ganz praktische Bemühungen, wie die landesweite Durchset-zung "demokratischer Wahl" der Dorfleitungen.
Wahlen als Initialzündung
Diese seit 1988 gesetzlich vorgeschriebenen Wahlen werden gegenwärtig neu diskutiert und gelten als Grundlage politischer Reformen. Zwar handelt es sich um einen von der Partei kontrollierten Akt, dieser entwik-kelt sich aber zum Selbstläufer, weil die Bauernschaft diese Wahlen sehr ernst nimmt und dadurch ihren Partizipationsspielraum ausweitet.
Zugleich handelt es sich um ein Experiment auf unterster Ebene, das durchaus Initialzündung für die übergeordneten politischen Ebenen (Gemeinden und Kreise) haben könnte und zu einer bewußten Stärkung der Bevölkerungspartizipation und der staatlichen Strukturen gegenüber der Partei führen könnte."
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).