Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat Ende Mai die Förderung von zehn neuen Sonderforschungsbereichen (SFB) bekannt gegeben – mit einem Gesamtfördervolumen von 114 Millionen Euro. Unter den zehn neuen SFB sind vier aus dem Bereich der Medizin – und die Neurologie ist darunter mit zwei SFB prominent vertreten.
„Für die DGN ist die DFG-Fördervergabe ein großer Erfolg, denn sie illustriert den hohen Stellenwert der Neurologie innerhalb der Medizin und verankert sie als medizinisches Schlüsselfach“, erklärte Professor Dr. Peter Berlit, Essen, Generalsekretär der DGN. Die beiden ausgewählten neurologischen Projektanträge zeichnen sich durch eine hohe Innovationskraft aus und haben zudem Strahlkraft über die Fächergrenze hinaus. „Die innovativen Ansätze aus der Neurologie werden auch anderen medizinischen Fächern zugutekommen.“
Der SFB/Transregio (Essen, Hamburg, Marburg) „Der Einfluss von Erwartung auf die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen“, der mit rund 12 Millionen Euro gefördert wird, erforscht Placebo- und Nocebo-Effekte. „Unser Ziel ist, Erkenntnisse für eine systematische Anwendung von Erwartungseffekten im Rahmen von medizinischen Behandlungen zu generieren“, erklärt SFB-Sprecherin Professor Dr. Ulrike Bingel, Essen. An zwei Erkrankungen, Schmerzerkrankungen und affektiven Störungen, soll mit experimentellen Modellen untersucht werden, welche psychologischen und neurobiologischen Mechanismen den Effekten von positiven und negativen Behandlungs-erwartungen zugrunde liegen und wie diese Einfluss auf die medikamentöse Therapie nehmen. Ein besonderer Fokus soll dabei auf die Identifikation von Prädiktoren für interindividuelle Unterschiede gelegt werden – „kurz gesagt, uns interessiert, warum eine Therapie bei Patient A wirksam ist, aber trotz gleicher Voraussetzungen bei Patient B versagt“, so die Expertin. „Und wir gehen noch einen Schritt weiter: In ersten klinischen Proof-of-Concept-Studien möchten wir untersuchen, wie Erwartungseffekte für die Therapie von Patienten mit chronischen Schmerzen oder Depression nutzbar gemacht werden können.“ Dies wird jetzt in Essen, Hamburg und Marburg in einem interdisziplinären Team aus Medizinern, Psychologen und Grundlagenwissenschaftlern erforscht.
Im Mittelpunkt des zweiten neuen SFB/Transregio (Berlin, Würzburg) aus dem Bereich der Neurologie, der mit über 10 Mio. Euro gefördert wird, steht die Behandlung motorischer Netzwerkstörungen mittels Neuromodulation. „Basierend auf den Erkenntnissen zur tiefen Hirnstimulation bei Patienten mit M. Parkinson wollen wir die Neuromodulation als ein vielversprechendes Werkzeug zur individualisierten Therapie von Bewegungsstörungen weiterentwickeln. Grundlegende Idee ist, bedarfsgerecht pathologische Netzwerkaktivitäten zu unterdrücken und physiologische zu verstärken, um so Krankheitssymptome zu mildern und Nebenwirkungen zu vermeiden“, erklärt SFB-Sprecherin Professor Dr. Andrea Kühn von der Charité Berlin. Ziel ist zunächst die effektive Behandlung motorischer Störungen, wobei das grundlegende Prinzip der Neuromodulation auf andere Hirnerkrankungen wie Schlaganfall, Trauma oder andere neurodegenerative Erkrankungen übertragen werden soll. Um das zu erreichen, müssen von molekularen und zellulären Effekten der Neuromodulation bis zur systemphysiologischen Ebene der neuronalen Schaltkreise die Interaktionen erforscht und mittels computergestützter Modellierung Netzwerkeffekte simuliert werden. Diese Forschungsarbeiten sollen in einem interdisziplinären Team aus Medizinern, Neurowissenschaftlern und Grundlagenforschern in Berlin und Würzburg gemeinsam mit weiteren externen Partnern umgesetzt werden.
Ein weiterer SFB/Transregio „Lokale Kontrolle der Schilddrüsenhormonwirkung (LocoTact)“
untersucht die lokale Kontrolle der Schilddrüsenhormonwirkung und will klären, wie eine fehlerhafte Kontrolle Erkrankungen von Herz, Leber oder Zentralnervensystem begünstigen kann (Universität Duisburg-Essen, Sprecherin: Prof. Dr. Dagmar Führer-Sakel, ebenfalls antragstellend: Charité Berlin – FU Berlin und HU Berlin, Universität Lübeck). Das endokrinologische Projekt hat somit auch eine neurologische Komponente.
„Wir sind sehr stolz auf die Innovationskraft unseres Fachs – und ich möchte den beiden Kolleginnen, Prof. Bingel und Prof. Kühn, auch im Namen des DGN-Präsidiums herzlich zu diesem Erfolg gratulieren. Neurologie ist ein Zukunftsfach und in vielerlei Hinsicht am Puls der Zeit. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass die beiden neuen, rein neurologischen SFB von Neurologinnen geleitet werden“, betont Prof. Berlit abschließend.
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sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren über 10.000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org
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Stellvertretender Präsident: Prof. Dr. med. Christian Gerloff
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