idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.06.2020 10:00

„Spitzensportler“ am Meeresboden: Hediste diversicolor, Arctica islandica, Echinocardium cordatum, Amphiura filiformis

Dr. Barbara Hentzsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

    Hinter diesen lateinischen Namen verbergen sich die Hauptakteure unter den wühlenden Organismen am Meeresboden weiter Bereiche von Nord- und Ostsee. Sie sorgen durch Bioturbation dafür, dass der Boden mit Sauerstoff versorgt wird, was wiederum eine Kette anderer lebenswichtiger Prozesse nach sich zieht. Bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen ist mal die eine, mal die andere Art am wichtigsten. Das fand ein internationales Team um die Warnemünder Wissenschaftler*innen Mayya Gogina und Michael Zettler in einem Vergleich von vier unterschiedlichen Seegebieten heraus. Anhand von Karten zum Bioturbationspotenzial konnten sie besonders schützenswerte Gebiete hoher Ökosystemleistung aufzeigen.

    Bioturbation – die Durchwühlung eines Substrates durch Organismen - ist einer der Schlüsselprozesse in den Lebensräumen am Meeresboden. Sie führt zu einer intensiven Interaktion zwischen Wassersäule und Boden, im Zuge dessen Sauerstoff in das Sediment gelangt. Was so simpel klingt, löst eine ganze Kette von weiteren lebenswichtigen Prozessen aus: chemische Verbindungen verändern sich, bakterielle Aktivitäten werden angestoßen. Wegen der vielfältigen Bedeutung für das Ökosystem ist es von hohem ökologischem Interesse, eine Beeinträchtigung dieser Leistung durch Nutzungsaktivitäten zu vermeiden. Frühere Studien zur Bioturbation beschränkten sich auf einzelne Standorte, deren Befunde dann auf größere Gebiete übertragen wurden. Regional unterschiedliche Umweltbedingungen wurden dabei nicht berücksichtigt - verständlich in Anbetracht des hohen Aufwandes, der für Bioturbationsanalysen erforderlich ist. Mit der nun vorliegenden multiregionalen Analyse haben die Meeresbiologin Mayya Gogina und ihr Kollege Michael Zettler vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) gemeinsam mit einem internationalen Team zum ersten Mal das Bioturbationspotenzial (BPc), ein funktionaler Indikator für die Bioturbation bodenlebender Gemeinschaften, genutzt, um zu flächendeckenden Aussagen zu kommen, die regionale Besonderheiten berücksichtigen.

    Auf der Grundlage von Makrofaunadaten aus vier Seegebieten (deutsche Ostsee, deutsche Nordsee, belgischer Teil der Nordsee und östlicher Ärmelkanal) wurden für jede Region und jeden Sedimenttyp Schlüsselarten für das BPc identifiziert. Mithilfe vorhandener Umweltdaten wurden diese Informationen zu Aussagen zur flächigen Verbreitung der Schlüsselarten genutzt. Auf diesem Weg ließen sich die Regionen untereinander gut vergleichen und Ursachen für mögliche Unterschiede eruieren.

    Die durchgeführte multi-regionale Analyse ermöglichte es, regionale Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Makrofauna zu identifizieren. „Wir sehen anhand dieser Analysen sehr deutlich, dass es wichtig ist, Erhaltungs- und Management-Strategien spezifisch für jedes Seegebiet zu entwickeln“, erläutert Mayya Gogina eine der Schlussfolgerungen der Studie. „Die Hauptakteure und ihre Relevanz für die Ökosystemleistung hängen von den biotischen und abiotischen Rahmenbedingungen der Umgebung ab. Innerhalb gleicher Rahmenbedingungen müssen die sogenannte Hotspots von Ökosystemfunktionen identifiziert werden, damit wir sie schützen können.“

    Und wer versteckt sich nun hinter den pompösen lateinischen Namen? Es sind der Schillernde Seeringelwurm (Hediste diversicolor), der Gemeine Herzseeigel (Echinocardium cordatum), die Islandmuschel (Arctica islandica) und der Schlangenstern (Amphiura filiformis).

    Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der zurzeit 95 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 19.100 MitarbeiterInnen, davon sind ca. 9.900 WissenschaftlerInnen. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Mrd. Euro. www.leibniz-gemeinschaft.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Mayya Gogina | Tel.: +49 (0)381 5197 393 | mayya.gogina@io-warnemuende.de
    Dr. Michael L. Zettler | Tel.: +49 (0)381 5197 236 | michael.zettler@io-warnemuende.de


    Originalpublikation:

    Gogina, M., M. L. Zettler, J. Vanaverbeke, J. Dannheim, G. Van Hoey, N. Desroy, A. Wrede, H. Reiss, S. Degraer, V. Van Lancker, A. Foveau, U. Braeckman, D. Fiorentino, J. Holstein and S. N. R. Birchenough (2020). Interregional comparison of benthic ecosystem functioning: Community bioturbation potential in four regions along the NE Atlantic shelf. Ecol. Indic. 110: 105945, doi: 10.1016/j.ecolind.2019.105945


    Bilder

    Mayya Gogina bei der Probenahme, hier mit Arctica islandica
    Mayya Gogina bei der Probenahme, hier mit Arctica islandica
    IOW
    IOW

    Hediste diversicolor - der Schillernde Seeringelwurm
    Hediste diversicolor - der Schillernde Seeringelwurm
    IOW
    IOW


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Mayya Gogina bei der Probenahme, hier mit Arctica islandica


    Zum Download

    x

    Hediste diversicolor - der Schillernde Seeringelwurm


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).