Populistische Regierungen verzeichnen in der Corona-Krise im Durchschnitt deutlich geringere Zustimmungsgewinne als nicht-populistische, obwohl sie meist ähnliche Pandemiemaßnahmen eingeleitet haben. Gleichzeitig nutzen die Populisten aber stärker Notstandsgesetze, um demokratischen Wettbewerb und Institutionen in ihrem Land zu schwächen, wie eine Auswertung von Forschern des IfW Kiel ergibt. Langfristig dürfte der Erfolg populistischer Regierungen davon abhängen, wie die ökonomischen Folgen der Krise ausfallen und ob die Notstandsgesetze nach dem Ende der Pandemie zurückgenommen werden.
Während nicht-populistische Regierungen in der Anfangsphase der Corona-Krise im Durchschnitt einen deutlichen Anstieg ihrer Zustimmungswerte verzeichnen konnten, fielen die entsprechenden Zuwächse für populistische Regierungen deutlich geringer aus. „Dieser Unterschied ist bemerkenswert, weil die populistischen Regierungen vor der Krise mehr Zustimmung genossen als nicht-populistische“, sagte IfW-Forscher Michael Bayerlein. Er hat gemeinsam mit seinem Kollegen Győző Gyöngyösi in der Analyse „The Impact of Covid-19 on Populism: Will it be weakened?“ (https://www.ifw-kiel.de/index.php?id=14656&L=1) die Unterschiede zwischen beiden Regierungstypen untersucht.
Demnach konnten populistische Regierungen aus der Krise zu Beginn weniger Kapital schlagen als nicht-populistische, obwohl das Krisenmanagement der Populisten zur Eindämmung der Pandemie, mit wenigen Ausnahmen, dem von anderen Regierungen glich. Die Forscher konnten das anhand eines Katalogs eingeleiteter Politikschritte belegen. Der Unterschied könnte unter anderem zustande kommen, weil die Schuld für die Pandemie nicht so leicht „den Eliten“ zugeschrieben werden kann, wie es Populisten oft erfolgreich tun, vermuten die Forscher.
Dennoch werden populistische Regierungen durch die Krise nicht notwendigerweise geschwächt, weil sie gleichzeitig ihre Machtbasis mit Hilfe von Notstandsgesetzen stabilisierten. „Die wegen der Pandemie mögliche Notstandsgesetzgebung erlaubt es den Regierungen, politische Sicherungsmechanismen, die „checks and balances“, zu schwächen. „Fünf von sechs untersuchten populistischen Regierungen erließen Gesetze, die ein mittleres oder hohes Risiko für demokratische Institutionen bedeuten“, sagte Bayerlein. Besonders aktiv in diese Richtung waren nach Auswertung der Forscher die Regierungen Orban (Ungarn), Modi (Indien) und Bolsonaro (Brasilien).
„Die Ergebnisse unserer Analyse legen nahe, dass populistische Regierungen insgesamt kurzfristig durch die Krise nicht geschwächt werden“, sagt Bayerlein. „Ob die Macht von Populisten langfristig schrumpft oder wächst, wird stark von der Wirtschaftspolitik abhängen, die zur Eindämmung der ökonomischen Folgen der Pandemie gewählt wird. Es ist für Populisten leichter, ‚den Eliten‘ Fehler in der Bewältigung von ökonomischen Folgen der Pandemie vorzuwerfen als Fehler in der eigentlichen Seuchenbekämpfung.“
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Der Artikel ist im Sammelband “The World Economy after the Coronavirus Shock: Restarting Globalization?” (https://www.ifw-kiel.de/index.php?id=14639&L=1) (Reihe: Kieler Beiträge zur Wirtschaftspolitik) erschienen, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mögliche langfristige Folgen der Corona-Krise für die Weltwirtschaft analysieren.
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