Moderne genetische Testverfahren verbessern die Diagnose seltener Erkrankungen, dies belegt ein Artikel der am 2. Juli 2020 in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Die Studie wurde federführend von Wissenschaftler*innen der Universität Cambridge (Großbritannien) durchgeführt. In dieser Studie wurden mehr als 7000 Patient*innen mit seltenen Erkrankungen untersucht und der gesamte Genom sequenziert. Unter anderem waren auch Proben Greifswalder Patient*innen darunter.
Die Greifswalder Wissenschaftler*innen aus der Arbeitsgruppe von Professor Andreas Greinacher, Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald, sind national und international bekannte Expert*innen für die Diagnostik von Thrombozytenerkrankungen. Greifswald ist dabei auch Referenzzentrum für Patient*innen aus ganz Deutschland und angrenzenden europäischen Ländern mit seltenen angeborenen und erworbenen Veränderungen der Thrombozyten.
Einige Patient*innen, bei denen in Greifswald keine sichere Diagnose erstellt werden konnte, wurden in die britische Studie eingebracht. Die Mediziner*innen stellten ihren Kolleg*innen in Großbritannien Blutproben von 45 Patient*innen zur Verfügung. In Cambridge wurde das Genom dieser Personen sequenziert.
Hierbei wurde eine bislang unbekannte genetische Ursache für vererbte Thrombozytenstörungen gefunden, bei der das Gen HDAC6 verändert ist. Weil das Gen auf dem X-Chromosom liegt, sind vor allem Männer betroffen, da sie, im Gegensatz zu Frauen, nur ein X-Chromosom besitzen. Die Besonderheit ist, dass diese genetische Veränderung in einem Bereich des Genoms liegt, der auch das Ablesen anderer Gene steuert. Dies hat zur Folge, dass durch eine Mutation in einem Gen eine Vielzahl anderer Gene in ihrer Funktion beeinträchtigt wird. Dieser Mechanismus ist eine der ersten Beschreibungen dieser genetischen Steuerung beim Menschen.
Die Studie ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie durch Bündelung von Ressourcen und internationale Zusammenarbeit erhebliche Fortschritte erreicht werden, um Patient*innen mit seltenen Erkrankungen besser zu helfen. Die Greifswalder Wissenschaftler*innen freuen sich, dass sie einen kleinen, aber wichtigen Beitrag hierzu leisten konnten.
Thrombozyten sind wichtig für die Blutgerinnung. Eine verminderte Funktion der Thrombozyten führt zu Blutungen, eine überschießende Reaktion der Thrombozyten kann arterielle Gefäßverschlüsse wie Herzinfarkt und Schlaganfall begünstigen. Angeborene Thrombozytenerkrankungen sind relativ selten. In einer Stadt wie Greifswald sind ca. 20 bis 30 Menschen von angeborenen Thrombozytenerkrankungen betroffen.
Weitere Informationen
Abteilung Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald http://www2.medizin.uni-greifswald.de/transfus/index.php?id=41
Publikation: Whole-genome sequencing of patients with rare diseases in a national health system, in: Nature 2020, https://doi.org/10.1038/s41586-020-2434-2
https://www.nature.com/articles/s41586-020-2434-2
Ansprechpartner an der Universitätsmedizin Greifswald
Prof. Dr. Andreas Greinacher
Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin
am Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin
Ferdinand-Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
Telefon 03834 86 5482
andreas.greinacher@med.uni-greifswald.de
Prof. Dr. Andreas Greinacher
Foto: Manuela Janke
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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