Supraleiter können Strom verlustfrei beliebig weit übertragen und spielen eine wichtige Rolle in Quantencomputern und der Medizin. Doch die Stars unter den elektrischen Leitern funktionieren meist nur bei extremer Kälte. Seit der Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung 1986 in Kupraten versucht die Wissenschaft, ähnliches Verhalten in anderen Materialklassen zu realisieren. Erst 2019 wurde Supraleitung in einem Nickeloxid-Film nachgewiesen, doch worauf sie dort beruht, ist noch unklar. Theoretische Physiker vom Center for Nanointegration (CENIDE) der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben die elektronischen Eigenschaften des Materials untersucht und eine mögliche Erklärung gefunden.
Da das Volumenmaterial des Neodym-Nickeloxids (NdNiO2), welches dieselbe Atomstruktur und Anzahl Valenzelektronen wie viele Kuprate aufweist, alleine nicht supraleitend ist, konzentrierten sich Prof. Rossitza Pentcheva und Dr. Benjamin Geisler auf die Rolle der Filmgeometrie: Das untersuchte System besteht aus einer 1,5 Nanometer dünnen Schicht des Nickelats auf einer Strontiumtitanat-Unterlage (SrTiO3).
2D-Elektronengas entdeckt
Die beiden CENIDE-Physiker simulierten die Eigenschaften dieses sogenannten Infinite-Layer-Films im Vergleich zu einem Perowskitfilm (NdNiO3) mittels quantenmechanischer Rechnungen auf dem Supercomputer MagnitUDE. Obwohl beide Systeme eine Ladungsfehlanpassung an der Grenzfläche zum SrTiO3 aufweisen, stellten Pentcheva und Geisler einen wesentlichen Unterschied fest: Nur beim Infinite-Layer-Film führt diese Ladungsfehlanpassung dazu, dass sich ein zweidimensionales Elektronengas an der Grenzfläche bildet. „Es ist bekannt, dass ein solches 2D-Elektronengas an anderen Grenzflächen zu Supraleitung geführt hat“, erklärt Pentcheva. Zudem stellen sich im Infinite-Layer-Film im Gegensatz zum Volumenmaterial Kuprat-ähnliche elektronische Eigenschaften ein. Dies deutet darauf hin, dass die Filmgeometrie eine wesentliche Rolle beim Auftreten der Supraleitung spielt.
Je mehr man über die Ursachen der Supraleitung weiß, desto besser stehen die Chancen, die begehrte Eigenschaft auch bei Raumtemperatur gezielt in maßgeschneiderten Materialsystemen hervorzurufen.
Prof. Rossitza Pentcheva, Computational Materials Physics, Tel. 0203 37 9-2238, rossitza.pentcheva@uni-due.de
B. Geisler and R. Pentcheva: „Fundamental difference in the electronic reconstruction of infinite-layer versus perovskite neodymium nickelate films on SrTiO3(001)“. Phys. Rev. B 102, 020502(R) (2020), Rapid Communication, Editors’ Suggestion
https://doi.org/10.1103/PhysRevB.102.020502
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Chemie, Energie, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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