idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
22.07.2020 15:00

Erstes Bild eines Mehrplanetensystems um einen sonnenähnlichen Stern

ESO Science Outreach Network (Dr. Markus Nielbock) Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Astronomie

    Das Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) hat das allererste Bild eines jungen, sonnenähnlichen Sterns aufgenommen, der von zwei riesigen Exoplaneten begleitet wird. Bilder von Systemen mit mehreren Exoplaneten sind äußerst selten. Bisher hatten Astronomen noch nie mehr als einen Planeten direkt beobachtet, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Die Beobachtungen können den Astronomen helfen zu verstehen, wie Planeten um unsere eigene Sonne entstanden und sich entwickelt haben.

    Erst vor wenigen Wochen präsentierte die ESO die Geburt eines Planetensystems in einem neuen, beeindruckenden VLT-Bild. Nun hat dasselbe Teleskop mit demselben Instrument das erste direkte Bild eines Planetensystems um einen etwa 300 Lichtjahre entfernten Stern mit der Bezeichnung TYC 8998-760-1 aufgenommen, der sich zu einem Stern ähnlich unserer Sonne entwickelt.

    „Diese Entdeckung ist eine Momentaufnahme einer Umgebung, die unserem Sonnensystem sehr ähnlich ist, sich aber in einem viel früheren Stadium seiner Entwicklung befindet“, sagt Alexander Bohn, Doktorand an der Universität Leiden in den Niederlanden, der die neue Forschung leitete, die heute in The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht wurde.

    „Obwohl Astronomen indirekt Tausende von Planeten in unserer Galaxie entdeckt haben, wurde nur ein winziger Bruchteil dieser Exoplaneten direkt abgebildet“, sagt Co-Autor Matthew Kenworthy, außerordentlicher Professor an der Universität Leiden, und fügt hinzu, dass „direkte Beobachtungen wichtig sind bei der Suche nach Umgebungen, die Leben begünstigen können“. Die direkte Abbildung von zwei oder mehr Exoplaneten um denselben Stern ist noch seltener; nur zwei solcher Systeme wurden bisher direkt beobachtet, beide um Sterne, die sich deutlich von unserer Sonne unterscheiden. Das neue VLT-Bild der ESO ist die erste direkte Aufnahme von mehr als einem Exoplaneten um einen sonnenähnlichen Stern in einem frühen Stadium. Das VLT der ESO war auch das erste Teleskop, das einen Exoplaneten direkt abbildete, und zwar im Jahr 2004, als es einen Lichtfleck um einen Braunen Zwerg, eine Art „gescheiterten“ Stern, einfing.

    „Unserem Team ist es nun gelungen, das erste Bild von zwei Gasriesen zu machen, die einen jungen, sonnenähnlichen Stern umkreisen“, sagt Maddalena Reggiani, eine Postdoc-Forscherin der KU Leuven, Belgien, die ebenfalls an der Studie teilnahm. Die beiden Planeten sind auf dem neuen Bild als zwei helle Lichtpunkte zu sehen, die von ihrem Mutterstern, der sich oben links im Bild befindet, deutlich getrennt sind (klicken Sie auf das Bild, um die gesamte Abbildung zu sehen). Durch die Aufnahme verschiedener Bilder zu unterschiedlichen Zeiten war das Team in der Lage, diese Planeten von den Hintergrundsternen zu unterscheiden.

    Die beiden Gasriesen umkreisen ihren Wirtsstern in Entfernungen von 160 und etwa 320 mal der Entfernung Erde-Sonne. Damit sind diese Planeten viel weiter von ihrem Stern entfernt als Jupiter oder Saturn, ebenfalls zwei Gasriesen, von der Sonne; sie liegen nur in der 5- bzw. 10-fachen Erde-Sonne-Entfernung. Das Team fand auch heraus, dass die beiden Exoplaneten viel schwerer sind als die in unserem Sonnensystem, wobei der innere Planet das 14-fache der Jupitermasse und der äußere das Sechsfache der Jupitermasse aufweist.

    Bohns Team hat dieses System bei seiner Suche nach jungen Riesenplaneten um Sterne wie unsere Sonne, allerdings in einem weitaus jüngeren Alter, abgebildet. Der Stern TYC 8998-760-1 ist nur 17 Millionen Jahre alt und befindet sich im südlichen Sternbild Musca (Fliege). Bohn beschreibt ihn als eine „sehr junge Version unserer eigenen Sonne“.

    Diese Bilder waren dank der hohen Leistungsfähigkeit des Instruments SPHERE am VLT der ESO in der chilenischen Atacama-Wüste möglich. SPHERE blockiert das helle Licht des Sterns mit einem so genannten Koronografen, so dass die viel schwächeren Planeten sichtbar werden. Während ältere Planeten, wie die in unserem Sonnensystem, zu kühl sind, um mit dieser Technik gefunden zu werden, sind junge Planeten heißer und leuchten daher im Infrarotlicht heller. Durch mehrere Aufnahmen im vergangenen Jahr sowie anhand älterer Daten aus dem Jahr 2017 hat das Forschungsteam bestätigt, dass die beiden Planeten Teil des Planetensystems des Sterns sind.

    Weitere Beobachtungen dieses Systems, unter anderem mit dem zukünftigen Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, werden es den Astronomen ermöglichen zu untersuchen, ob diese Planeten an ihrem gegenwärtigen, vom Stern entfernten Standort entstanden oder von einem anderen Ort dorthin gewandert sind. Das ELT der ESO wird auch dazu beitragen, die Wechselwirkung zwischen zwei jungen Planeten desselben Systems zu untersuchen. Bohn resümiert: „Die Möglichkeit, dass künftige Instrumente, wie die des ELT, in der Lage sein werden, noch masseärmere Planeten um diesen Stern zu entdecken, ist ein wichtiger Meilenstein für das Verständnis von Mehrplanetensystemen, mit möglichen Auswirkungen auf die Geschichte unseres eigenen Sonnensystems.“

    Weitere Informationen

    Diese Forschungsarbeit wurde in dem Artikel „Two Directly Imaged, Wide-orbit Giant Planets around the Young, Solar Analog TYC 8998-760-1“ vorgestellt, der in The Astrophysical Journal Letters erscheint.

    Das Team besteht aus Alexander J. Bohn (Sternwarte Leiden, Universität Leiden, Niederlande), Matthew A. Kenworthy (Sternwarte Leiden), Christian Ginski (Anton-Pannekoek-Institut für Astronomie, Universität Amsterdam, Niederlande und Sternwarte Leiden), Steven Rieder (Universität Exeter, Abteilung Physik, Großbritannien), Eric E. Mamajek (Jet Propulsion Laboratory, California Institute of Technology, USA und Abteilung für Physik & Astronomie, Universität Rochester, USA), Tiffany Meshkat (IPAC, California Institute of Technology, USA), Mark J. Pecaut ( Universität Rockhurst, Fakultät für Physik, USA), Maddalena Reggiani (Institut für Astronomie, KU Leuven, Belgien), Jozua de Boer (Sternwarte Leiden), Christoph U. Keller (Sternwarte Leiden), Frans Snik (Sternwarte Leiden) und John Southworth (Universität Keele, UK).

    Für externe Kommentare zu dem Artikel wenden Sie sich bitte an den ESO-Astronomen Carlo Manara (cmanara@eso.org), der nicht an der Studie teilgenommen hat.

    Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Die Organisation hat 16 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Hinzu kommen das Gastland Chile und Australien als strategischer Partner. Die ESO führt ein ehrgeiziges Programm durch, das sich auf die Planung, den Bau und den Betrieb leistungsfähiger bodengebundener Beobachtungseinrichtungen konzentriert, die es Astronomen ermöglichen, wichtige wissenschaftliche Entdeckungen zu machen. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO das Very Large Telescope (VLT) und das weltweit führende Very Large Telescope Interferometer sowie zwei Durchmusterungsteleskope: VISTA im Infrarotbereich und das VLT Survey Telescope (VST) für sichtbares Licht. Am Paranal wird die ESO zukünftig außerdem das Cherenkov Telescope Array South beherbergen und betreiben, das größte und empfindlichste Gammastrahlenobservatorium der Welt. Die ESO ist zusätzlich einer der Hauptpartner bei zwei Projekten auf Chajnantor, APEX und ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das Extremely Large Telescope (ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.

    Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

    Pressekontakte

    Markus Nielbock
    ESO Science Outreach Network - Haus der Astronomie
    Heidelberg, Deutschland
    Tel: +49 (0)6221 528-134
    Mobil: +49 (0)15678 747326
    E-Mail: eson-germany@eso.org

    Bárbara Ferreira
    ESO Public Information Officer
    Garching bei München, Germany
    Tel: +49 89 3200 6670
    Mobil: +49 151 241 664 00
    E-Mail: pio@eso.org


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Alexander Bohn
    Leiden Observatory, University of Leiden
    Leiden, The Netherlands
    Tel: +31 (0)71 527 8150
    E-Mail: bohn@strw.leidenuniv.nl

    Matthew Kenworthy
    Leiden Observatory, University of Leiden
    Leiden, The Netherlands
    Tel: +31 64 172 0331
    E-Mail: kenworthy@strw.leidenuniv.nl

    Maddalena Reggiani
    Institute of Astronomy, KU Leuven
    Leuven, Belgium
    Tel: +32 16 19 31 99
    E-Mail: maddalena.reggiani@kuleuven.be

    Carlo Manara
    (astronomer who did not participate in the study; contact for external comment)
    European Southern Observatory
    Garching bei München, Germany
    Tel: +49 (0) 89 3200 6298
    E-Mail: cmanara@eso.org


    Originalpublikation:

    "Two directly-imaged, wide-orbit giant planets around the young, solar analogue TYC 8998-760-1", Bohn et al. (2020), The Astrophysical Journal Letters
    https://www.eso.org/public/archives/releases/sciencepapers/eso2011/eso2011a.pdf


    Weitere Informationen:

    https://www.eso.org/public/germany/news/eso2011/ - Originalpressemitteilung der ESO mit weiteren Bildern und Videos


    Bilder

    ESO-Logo
    ESO-Logo

    Bild: ESO

    Erstes Bild eines Mehrplanetensystems um einen sonnenähnlichen Stern
    Erstes Bild eines Mehrplanetensystems um einen sonnenähnlichen Stern

    Bild: ESO/Bohn et al.


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    ESO-Logo


    Zum Download

    x

    Erstes Bild eines Mehrplanetensystems um einen sonnenähnlichen Stern


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).