Wie die mittelalterlich-orientalische Burganlage dem Architekten Carl von Diebitsch zur Inspiration seines Lebens wurde – eine Ausstellung in Neuruppin
Wer Kultur, TU Berlin, Ausflug in ein herrliches Stückchen Deutschland und das Flair orientalischer Architektur unter einen Hut bringen will, fährt an den Neuruppiner See ins Museum Neuruppin. Dort hat die Kuratorin und TU-Alumna Silke Kreibich zusammen mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Museums Carola Zimmermann die Ausstellung „Faszination Alhambra“ realisiert. Gezeigt werden noch bis Mitte September 2020 Arbeiten des preußischen Architekten Carl von Diebitsch (1819-1869), unter anderem seine Zeichnungen, die er in der mittelalterlichen maurischen Burg- und Palastanlage „Alhambra“, der „Roten Burg“ aus dem 14. Jahrhundert, in Granada anfertigte. Auch seltene, von seinem orientalistischen Stil geprägte Wettbewerbsentwürfe für den preußischen Staat sind zu sehen. Die meisten der Architektur- und Dekorzeichnungen stammen aus dem Architekturmuseum der TU Berlin.
Mehrere Monate hielt sich der junge Architekt Carl von Diebitsch aus Liegnitz (heute Legnica in Polen) 1846/47 in der Alhambra in Andalusien auf. Dort fertigte er viele Detailzeichnungen sowie direkte Abnahmen von Architekturstücken. Der Eindruck, den die mittelalterliche Burganlage auf ihn machte, wurde Inspirationsquelle für sein gesamtes Schaffen. Diese Zeichnungen und Entwürfe bilden das Herzstück der Ausstellung „Faszination Alhambra“.
Inspiration durch Geschichten von Eroberung, Rückeroberung und vom süßen Leben in prunkvollen Palästen
Der junge Architekt und Baumeister war beeindruckt von der umfangreichen Burganlage, die im 14. und 15. Jahrhundert in der andalusischen Stadt von der islamischen Herrscherdynastie der Nasriden erbaut, durch mehrere Paläste erweitert und schließlich, nach der Rückeroberung, der Reconquista durch die Katholischen Könige, von Kaiser Karl V. um einen weiteren Palast ergänzt wurde. Die maurische Architektur und die Ornamentik der Alhambra sind der Schlüssel zum architektonischen Werk des Architekten von Diebitsch.
Das Architekturmuseum der TU Berlin lieferte den Hauptanteil der rund 40 in der Ausstellung gezeigten Zeichnungen, Fotos und anderer Grafiken. Ergänzt wird diese Werkschau durch Leihgaben der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommerns, darunter auch zwei Möbelstücke nach Diebitschs Entwurf. Gerade als Innenarchitekt hatte sich Diebitsch große Anerkennung auch über Preußen hinaus verschafft.
Berliner Dom, Börse im orientalischen Stil und „Maurischer Kiosk“ für Paris
Wichtiges Zentrum seines Schaffens wurde für Carl von Diebitsch allerdings das ägyptische Kairo. Dort erhielt er ab 1863 größere Bauaufträge für repräsentative Stadthäuser von ausländischen Diplomaten und Bankiers, sogar vom Gouverneur und späteren Vizekönig Ismael Pascha. Doch er reichte seine Entwürfe und Ideen auch immer wieder bei Wettbewerben für preußische Staatsbauten ein. So bietet sich zum Beispiel in der Ausstellung Gelegenheit, seinen interessanten Wettbewerbs-Entwurf von 1843 für den Berliner Dom zu sehen. Statt einer frühchristlichen Basilika hatte der Architekt von Diebitsch hier einen zentralen Kuppelbau mit zwei Kampanilen (Glockentürmen) geplant, die durch Kolonnaden mit der Säulenvorhalle verbunden sind. Rund 50 Jahre später errichtete dann Carl Raschdorff den Berliner Dom – im Neobarock- und Neorenaissance-Stil, wie wir ihn heute kennen. 1853 beteiligte er sich am Schinkel-Wettbewerb zur Börse. Zu sehen ist eine detailreich gestaltete und sehr orientalische anmutende perspektivische Innenansicht des Börsensaals.
Tatsächlich erbaut wurde das „Maurische Haus“ in Berlin-Kreuzberg mit Kuppel sowie gestreiften Ziegel- und Putzflächen, die an Moscheen und Paläste in Kairo erinnern. In der Ausstellung zu sehen ist der Entwurf dieses Wohn- und Atelierhauses, das im 2. Weltkrieg zerstört wurde. Ein weiteres Kleinod ist der Entwurf seines „Maurischen Kiosks“, den er für die Pariser Weltausstellung 1867 plante, mit einer großen Tambourkuppel und überkuppelten Ecktürmen. Es handelte sich um ein zerlegbares Gebäude, das in Park- und Gartenanlagen frei aufgestellt werden konnte. Er steht heute im Park von Schloss Linderhof in Bayern.
Zwei Orientalistik-Liebhaber und eine Idee – der Tempelgarten
Gleich an das Museum in Neuruppin grenzt der Tempelgarten an. Ursprünglich von dem jungen Kronprinz Friedrich, dem späteren „Alten Fritz“, als „Almalthea-Garten“ angelegt, war das Gelände Anfang des 19. Jahrhunderts von der Neuruppiner Kaufmannsfamilie Gentz erworben worden. Zur Familie gehörte auch der Orientalistik-Maler Wilhelm Gentz, der Carl von Diebitsch während des gemeinsamen Alhambra-Aufenthaltes kennengelernt hatte und der in seinen Bauten die Architektur und orientalische Ornamentik mit der heimischen Bautradition verband, um so einen neuen, zeitgemäßen Stil für Preußen zu entwickeln. Diebitsch errichtete im Tempelgarten eine Villa, das Gärtnerhaus mit stilisiertem Minarett, die Eingangstore und Umfassungsmauern samt einer angedeuteten Bastion in orientalisierender Form. Der Garten ist heute öffentlich zugänglich, in der Villa befindet sich ein Restaurant.
Kuratorin und Architekturmuseum
Die Forschungsschwerpunkte der Kunsthistorikerin Silke Kreibich sind Architekturgeschichte und textile Objekte. 2016 bis 2017 war sie im Museum Neuruppin als wissenschaftliche Mitarbeiterin angestellt. Ihre letzte Ausstellung „Sehnsucht nach Konstantinopel. Europa sucht den Orient“ erarbeitete sie 2018 für das Schloss Branitz und verantwortete dort auch die Neueinrichtung der Orienträume des Fürsten Pückler. Das Architekturmuseum der TU Berlin kann auf einen Sammlungsbestand von mehr als 180.000 Objekte blicken, ein Großteil davon digitalisiert und online recherchierbar. Im Herbst 2017 zeigte es eine eigene Ausstellung zu Carl von Diebitsch. Derzeit ist das Architekturmuseum für den Besucherverkehr geschlossen aber virtuell begehbar und bietet unter anderem den Video-Podcast „Sehstücke“ an, in denen der Leiter, Dr. Hans-Dieter Nägelke, unterhaltsam und lehrreich besondere Stücke vorstellt.
Ausstellung „Faszination Alhambra – der Architekt Carl von Diebitsch“, noch bis 7. September 2020 im Museum Neuruppin
www.museum-neuruppin.de/
https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/index.php?p=54
https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/index.php?p=644
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Silke Kreibich
Tel: 030-447 67 62
Mobil: 0170-951 38 89
E-Mail: silke.kreibich@gmx.de
Carola Aglaia Zimmermann
Projektleiterin Museum Neuruppin
August-Bebel-Straße 14/15
16816 Neuruppin
Tel 03391-355 5100
E-Mail: Carola_Zimmermann@gmx.de
Dr. Hans-Dieter Nägelke
Architekturmuseum der TU Berlin
Straße des 17. Juni 152
10623 Berlin
Tel. 030 314-23116
hans-dieter.naegelke@tu-berlin.de
www.architekturmuseum-berlin.de
http://www.museum-neuruppin.de/
https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/index.php?p=54
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Deutsch
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