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23.07.2020 14:42

SARS-CoV-2-Ausbruch in Fleischzerlegebetrieb: Übertragungen über weite Distanzen in klimatisierten Arbeitsbereichen

Susanne Thiele Presse und Kommunikation
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

    Übertragung durch Aerosole über mehr als acht Meter nachgewiesen – Wohnsituation der Arbeiter scheint nachrangig

    In einer gemeinsamen Studie des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Heinrich-Pette-Instituts, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI), wurden die Ursprünge des ersten SARS-CoV-2-Ausbruchs im Mai 2020 bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück, dem größten Fleischverarbeitungskomplex Deutschlands, untersucht. Die Studienergebnisse sind nun auf der Preprint-Plattform „SSRN“ erschienen. Eine Publikation in einem Fachjournal mit Peer Review-Verfahren folgt.

    Die Ergebnisse rekonstruieren initiale Übertragungsereignisse im Mai 2020: Ausgehend von einem einzigen Mitarbeiter wurde das Virus auf mehrere Personen in einem Umkreis von mehr als acht Metern übertragen. Die hauptsächliche Übertragung fand im Zerlegebereich für Rinderviertel statt, in dem die Luft umgewälzt und auf zehn Grad Celsius gekühlt wird. Demgegenüber spielte die Wohnsituation der Arbeiter während der untersuchten Phase des Ausbruchs keine wesentliche Rolle.

    Zudem zeigt eine Auswertung der Virussequenzen, dass sich alle SARS-CoV-2-positiv getesteten Personen aus dem Infektionscluster im Mai 2020 eine neue Kombination von acht Mutationen teilen, die zuvor noch nicht beobachtet worden war.

    „Unsere Studie beleuchtet SARS-CoV-2-Infektionen in einem Arbeitsbereich, in dem verschiedene Faktoren aufeinandertreffen, die eine Übertragung über relativ weite Distanzen ermöglichen. Es stellt sich nun die wichtige Frage, unter welchen Bedingungen Übertragungsereignisse über größere Entfernungen in anderen Lebensbereichen möglich sind“, sagt Melanie Brinkmann, Professorin an der Technischen Universität Braunschweig und Forschungsgruppenleiterin am HZI.

    „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bedingungen des Zerlegebetriebs – also die niedrige Temperatur, eine geringe Frischluftzufuhr und eine konstante Luftumwälzung durch die Klimaanlage in der Halle, zusammen mit anstrengender körperlicher Arbeit – die Aerosolübertragung von SARS-CoV-2-Partikeln über größere Entfernungen hinweg förderten“, sagt Prof. Adam Grundhoff, Mitautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am HPI. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Faktoren generell eine entscheidende Rolle bei den weltweit auftretenden Ausbrüchen in Fleisch- oder Fischverarbeitungsbetrieben spielen. Unter diesen Bedingungen ist ein Abstand von 1,5 bis 3 Metern alleine ganz offenbar nicht ausreichend, um eine Übertragung zu verhindern.“

    Diese Pressemitteilung finden Sie auch auf unserer Homepage unter dem Link https://www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/news/news-detail/article/complete/sars...

    Pressekontakte:
    Susanne Thiele, HZI
    Tel.: 0531/6181-1400
    presse@helmholtz-hzi.de

    Dr. Franziska Ahnert, HPI
    Tel.: 040/48051-108
    Fax: 040/48051-103
    presse@leibniz-hpi.de

    Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
    Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. Das HZI ist Mitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Weitere Informationen: http://www.helmholtz-hzi.de

    Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie:
    Das Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI) erforscht humanpathogene Viren mit dem Ziel virusbedingte Erkrankungen zu verstehen und neue Therapieansätze zu entwickeln. Auf Basis experimenteller Grundlagenforschung sollen neue Ansatzpunkte für verbesserte Verfahren zur Behandlung von Viruserkrankungen wie AIDS, Grippe und Hepatitis, aber auch von neuauftretenden viralen Infektionen entwickelt werden. Mit seinen Forschungsschwerpunkten deckt das HPI die weltweit bedeutendsten viralen Infektionserreger ab. 1948 gegründet, geht die Institutsentstehung auf den Mäzen Philipp F. Reemtsma sowie auf den Neurologen Heinrich Pette zurück. Als Stiftung bürgerlichen Rechts ist das HPI eine gemeinnützige und selbstständige Forschungseinrichtung, die seit 1995 der Leibniz-Gemeinschaft (WGL) angehört. Das Institut wird anteilig durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die gemeinsame Forschungsförderung der Länder, vertreten durch die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) der Freien und Hansestadt Hamburg, finanziert. Zudem wird ein großer Anteil mit wettbewerblichen Verfahren eingeworben. Das HPI ist Mitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Weitere Informationen: http://www.hpi-hamburg.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Melanie M. Brinkmann
    melanie.brinkmann@helmholtz-hzi.de
    Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung & Technische Universität Braunschweig

    Prof. Adam Grundhoff
    adam.grundhoff@leibniz-hpi.de
    Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie, Hamburg


    Originalpublikation:

    Die Ergebnisse wurden auf der Preprint-Plattform „SSRN“ veröffentlicht:
    Thomas Günther, Manja Czech-Sioli, Daniela Indenbirken, Alexis Robitailles, Peter Tenhaken, Martin Exner, Matthias Ottinger, Nicole Fischer, Adam Grundhoff, Melanie M. Brinkmann (2020): Investigation of a superspreading event preceding the largest meat processing plant-related SARS-Coronavirus 2 outbreak in Germany. SSRN. https://ssrn.com/abstract=3654517 (Preprint)


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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