Lockere Gurte oder gar nicht angeschnallt - Studie über den Gebrauch von Autokindersitzen zeigt, dass der Anteil gravierender Fehler zunimmt
Der richtige Gebrauch der Babyschale und des Kindersitzes im Auto kann über das Leben der Kinder entscheiden. Die gute Nachricht ist, dass die Fehlerquote bei der Benutzung von Babyschale und Kindersitz von 70 Prozent auf 50 Prozent in den vergangenen Jahren gesunken ist. Das ergab eine Studie, die am Fachgebiet Kraftfahrzeuge im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer (GDV) 2018/2019 durchgeführt und jetzt veröffentlicht wurde. „Die schlechte Nachricht ist, dass der Anteil der schweren Fehler leider zugenommen hat“, sagt Dr.-Ing. Gerd Müller. Er leitete die Untersuchung und ist Oberingenieur am Fachgebiet Kraftfahrzeuge von Prof. Dr.-Ing. Steffen Müller. „Es wird zwar weniger falsch gemacht, aber wenn etwas falsch gemacht wird, sind die Fehler gravierender. Das hat zur Folge, dass das Verletzungsrisiko steigt.“
1000 Stichproben
Die Wissenschaftler*innen untersuchten den Gebrauch von 1000 Kindersitzen in Berlin und Brandenburg sowie in München und seinem Umland. Sie standen vor Kindergärten, Schulen und Schwimmhallen. Laut Straßenverkehrsordnung ist es Pflicht, dass Kinder im Alter von Null bis zwölf Jahren beziehungsweise bis zu einer Größe von 1,5 Metern im Auto in einer Babyschale beziehungsweise in einem Autokindersitz transportiert werden müssen.
Schutzwirkung wird ausgehebelt
Die schweren Fehler sind nicht fixierte Babyschalen und Kindersitze, zu locker sitzende Gurte, falsch geführte Gurte und gar nicht angeschnallte Sitze, sodass die Kinder lediglich im Sitz sitzen, aber nicht gesichert sind. Ein weiterer schwerer Fehler ist, dass ein auf das Alter bezogen zu früher Wechsel von der einen in die nächste Sitzklasse erfolgt. In all diesen Fällen kann die Schutzwirkung der Babyschale und des Autokindersitzes im Falle eines Unfalls oder auch nur bei einer starken Bremsung ausgehebelt werden. „Es kommt zum Beispiel vor, dass die Babyschale, in der Kinder bis zum Alter von anderthalb Jahren sitzen müssen, gar nicht mit den Gurten im Auto fixiert wird, sondern diese nur auf den Sitz gestellt wird“, so Gerd Müller.
Verletzungen im Kopf- und Halsbereich
Welche Verletzungen aus den genannten Fehlern resultieren, lässt sich nicht eindimensional kausal beschreiben. Dafür sind Unfälle zu komplex. „Aber was festgestellt werden kann, sind Verletzungen im Kopf- und Halsbereich, die mit darauf zurückzuführen sind, dass der Sitz nicht fest fixiert ist, Gurte zu locker sitzen oder gar nicht angeschnallt wurden“, sagt Gerd Müller. „Besonders wenn Babys, die eigentlich noch in die Babyschale gehören, bereits in den Kindersitz gesetzt werden, in dem der Kopf nicht mehr so gestützt wird wie in einer Babyschale, befördert dies Verletzungen im Halsbereich.“ Und diese Verletzungen können für das Kind natürlich lebensbedrohlicher sein als ein Knochenbruch.
Sich fachgerecht beraten lassen
Ursache für diese schwerwiegenden Fehler sind unbewusste Nachlässigkeit und Informationsdefizite. Gerd Müller rät deshalb, beim Kauf auf eine fachgerechte Beratung Wert zu legen. „Der Kauf in Warenhäusern ist vielleicht nicht der beste Ort“, so Müller. Und da der Online-Handel auch in diesem Konsumsegment zunehme, seien die Hersteller in der Verantwortung, nutzerfreundliche Gebrauchsanweisungen mitzuliefern, am besten über ein Erklärvideo. „Die Installation eines Kindersitzes ist wirklich komplex und alles andere als trivial. Und gut zu installierende Autokindersitze, die es natürlich gibt, haben eben ihren Preis“, sagt Gerd Müller.
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Dr.-Ing. Gerd Müller
TU Berlin
Fachgebiet Kraftfahrzeuge
E-Mail: gerd.mueller@tu-berlin.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Verkehr / Transport
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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