Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM entwickeln mit Projektpartnern aus der Industrie und dem Gesundheitswesen eine handliche Sensorplattform auf Graphenoxid-Basis, die es ermöglicht, in wenigen Minuten akute Infektionen wie eine Sepsis oder auch Antikörper gegen das Coronavirus zu detektieren.
Besonders die aktuelle Lage der COVID-19-Pandemie zeigt, wie wichtig es ist, Infektionen schnell und genau zu erkennen, sodass weitere Ansteckungen verhindert werden. Für die Bestimmung von viralen oder bakteriellen Infektionen werden Diagnosen aktuell auf Basis von Symptomen aufgestellt. Hierbei können schnell Fehleinschätzungen geschehen, bewirken doch einige Infektionen ähnliche Krankheitsverläufe. Bluttests geben zwar Gewissheit, werden jedoch erst auf Verordnung des Hausarztes in Laboren durchgeführt. Bis die Ergebnisse der Analyse eintreffen, wird oftmals schon ein möglicherweise nicht notwendiges Antibiotikum verordnet.
Ein Tropfen Blut genügt für die Diagnose
Seit April 2018 arbeiten Forschende des Fraunhofer IZM in Berlin in dem Projekt Graph-POC an einer graphenoxidbasierten Sensorplattform, die genau diese Herausforderungen bei der Diagnose von Infektionen lösen soll. Nur ein Tropfen Blut bzw. Speichel ist notwendig, um eine exakte Analyse durchzuführen. Der Tropfen wird auf die Sensoroberfläche gegeben, und binnen weniger Minuten erscheint ein über elektrische Signale vermitteltes Ergebnis – beim Hausarzt vor Ort. Langwierige Laboruntersuchungen des Blutes werden also durch einen Schnelltest ersetzt, der innerhalb von nur 15 Minuten Gewissheit bietet. Eine entsprechende Behandlungsform oder passende Antibiotika könnten anschließend verschrieben werden.
Auch bei einer schon durchgestandenen Infektion kann der Test auf eine Antikörpererkennung ausgelegt werden. Um vorangegangene Infektionen mit dem COVID-19-Virus erkennen zu können und somit zum Beispiel Infektionswege nachweisen zu können, fokussieren sich die Forschenden des Fraunhofer IZM aktuell auf diese Anwendung. Während einer Infektion bildet der menschliche Körper bestimmte Moleküle oder Proteine aus, so genannte Biomarker. Um diese zu erkennen, werden auf der Sensoroberfläche der graphenoxidbasierten Plattform Fängermoleküle platziert. Ob eine Infektion vorhanden ist, wird dann anhand von Differenzmessungen zur Konzentration der Biomarker festgestellt.
3D-Struktur vergrößert Messfläche
Die Besonderheit der Sensorplattform ist das verwendete Material: Graphenoxid zeichnet sich besonders dadurch aus, dass es ein elektrisch leitfähiges und biokompatibles Material ist und eine besonders zuverlässige Detektion zulässt. In der Mikroelektronik wurde es bisher nur in seiner ursprünglichen 2D-Form verwendet. Die Forschenden des Fraunhofer IZM bringen es jedoch nun in einer 3D-Struktur in Form von Flocken auf. Diese dreidimensionale Form vergrößert die Messfläche und auch die Genauigkeit der Messungen.
Manuel Bäuscher, Wissenschaftler am Fraunhofer IZM und Teilprojektleiter des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten Projekts Graph-POC, sieht große Perspektiven in den Graphenoxid-Sensoren: »Vom aktuellen medizinischen Bereich können wir uns auch zum sogenannten Point of Need entwickeln, also hin zur Umwelttechnik und der Detektion von Umwelteinflüssen. Erst einmal hat aber natürlich die Corona-Anwendung Priorität.« Durch die 3D-Anordnung der Graphenoxid-Flocken und die daraus resultierende Empfindlichkeit eröffnen sich auch weitere Anwendungen. So könnten beispielsweise schädliche Gase wie Kohlenstoffmonoxid oder Aceton sogar bei Raumtemperatur erkannt werden. Für aktuelle Sensoren dieser Art müssen die Gase zunächst erhitzt werden, damit eine Oberflächenreaktion stattfinden kann. Durch die Verbindung der Metalloxide mit der sensitiven Oberfläche des Graphen-Sensors reagiert dieser aber bereits bei niedrigeren Temperaturen.
Um den Herstellungsprozess für die Massenproduktion zu skalieren, nehmen sich die Forschenden des Fraunhofer IZM einer weiteren Herausforderung an: Die Beschichtung mit Graphenoxid soll auf Wafer-Ebene passieren, sodass hunderte Chips auf einmal bearbeitet werden können.
Antikörperdetektion nach Coronavirus-Infektion in etwa einem Jahr
Bis die Schnelltests für die Anwendung bereit sind, müssen die graphenoxidbasierten Sensoren in einen Kunststoff-Träger eingebettet und die Zuverlässigkeit des Systems getestet werden. Regulär läuft das Projekt zwar bis zum Frühling 2021 in Hinblick auf die Detektion von Infektionen, jedoch rechnen die Forschenden damit, dass eine Verifizierung des Sensors mit Bezug auf das Coronavirus erst in einem Jahr stattfinden kann. Beteiligte Projektpartner sind die Charité, Aptarion Biotech AG, die Technische Universität Berlin, MicroDiscovery GmbH und alpha-board GmbH. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF.
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