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04.08.2020 09:47

Wie sich psychologischer Stress auf Immunzellen auswirkt

Eva Mühle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund

    Stress kann uns anfälliger für Infektionen oder Krebserkrankungen machen. Wie Stress das Immunsystem im Detail beeinflusst, dazu forschen Immunologinnen und Immunologen am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo). In einem neuen Forschungsprojekt untersuchen sie die Grundlagen, wie eine Gruppe von Botenstoffen, die bei der „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ des Körpers mitwirkt, die Funktion von Immunzellen beeinflusst. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die kommenden drei Jahre gefördert.

    Unser Nervensystem und das körpereigene Abwehrsystem können sich gegenseitig beeinflussen. Beide Systeme nutzen dazu bestimmte Botenstoffe. Im Falle des Nervensystems spricht man von Neurotransmittern. Da sich auf den Zellen des Immunsystems Andockstellen (Rezeptoren) für Neurotransmitter befinden, kann das Nervensystem Einfluss auf Abwehrreaktionen nehmen. So können uns zum Beispiel dauerhafter Stress oder seelische Probleme krank machen, wohingegen akuter Stress etwa vor einer Prüfung das Immunsystem aktivieren kann. Die molekularen Details des Zusammenspiels zwischen psychologischem Stress und Immunzellen sind jedoch noch nicht ausreichend verstanden.

    Projektstart: Sympathisches Nervensystem und NK-Zellen im Fokus

    IfADo-Forschende untersuchen daher in einem neuen Projekt die Grundlagen, wie Katecholamine – Neurotransmitter, die in der Stressreaktion beteiligt sind – die Funktion der Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) beeinflussen. Dabei handelt es sich um Immunzellen, die virusinfizierte Zellen oder Tumorzellen sofort beim ersten Kontakt abtöten können. Es ist bekannt, dass NK-Zellen Rezeptoren für Katecholamine wie Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin haben. Diese Botenstoffe werden u.a. bei psychologischem Stress freigesetzt, wenn das sympathische Nervensystem aktiviert wurde. Dies ist für die rasche körperliche und seelische Reaktion in stressigen Situationen verantwortlich.

    „Im Projekt werden wir der Hypothese nachgehen, dass Stress die Aktivität der NK-Zellen über das sympathische Nervensystem reguliert“, erklären die IfADo-Projektleiter Prof. Dr. Carsten Watzl und Prof. Dr. Silvia Capellino.

    Das IfADo-Team konnte bereits in vorläufigen Zellkultur-Experimenten nachweisen, dass eine akute Behandlung mit Noradrenalin oder Dopamin die NK-Zellen in ihrer Angriffsfähigkeit hemmt. Ebenso wurden durch Noradrenalin Signale unterdrückt, die wichtig sind, damit die NK-Zellen überhaupt aus dem Blut in krankes Gewebe eindringen können. Bei einer lang andauernden, chronischen Behandlung mit Noradrenalin wurden jedoch keine dieser Signale unterdrückt, wahrscheinlich aufgrund einer Inaktivierung des Rezeptors.

    Das Projektteam wird nun die physiologische Bedeutung dieser Zellkultur-Ergebnisse erforschen. Im Mittelpunkt stehen die Signale, die durch die Behandlung mit Noradrenalin und Dopamin in NK-Zellen ausgelöst werden. Zudem möchten die Forschenden bestimmen, wie diese Signale die Abwehrfunktionen der NK-Zellen genau beeinflussen.

    Auswirkungen von akutem und chronischen Stress

    „Wir möchten unter anderem die molekularen Mechanismen besser verstehen, wie sich akuter und chronischer Stress auf die Funktion von NK-Zellen auswirken. Dadurch könnten auch neue Biomarker definiert werden, die den Effekt von Stress auf das Immunsystem anzeigen können. Dafür müssen wir aber noch viele Experimente durchführen und auch unter anderem die Auswirkungen von Katecholaminen auf die zahlreichen weiteren Immunzellen untersuchen“, fassen Prof. Watzl und Prof. Capellino zusammen.

    Zudem besitzen die neuen Erkenntnisse für die Medikamentenentwicklung langfristig gesehen eine gewisse Relevanz, da Katecholamine eine in der Intensiv- und Notfallmedizin häufig eingesetzte Substanzklasse und Bestandteil vieler Medikamente sind, die etwa zur Kreislaufstabilisierung oder bei schweren allergischen Reaktionen eingesetzt werden.

    Pressekontakt:
    Eva Mühle
    Pressereferentin
    Telefon: + 49 231 1084 239
    E-Mail: muehle@ifado.de

    Das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) unter Rechtsträgerschaft der Forschungsgesellschaft für Arbeitsphysiologie und Arbeitsschutz e.V. erforscht die Potenziale und Risiken moderner Arbeit auf lebens- und verhaltenswissenschaftlicher Grundlage. Aus den Ergebnissen werden Prinzipien der leistungs- und gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeitswelt abgeleitet. Zu diesem Zweck beschäftigt das IfADo rund 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Institut finanziert sich aus einer institutionellen Förderung von Bund und Land sowie aus Drittmitteln (2019 insgesamt 14,7 Mio. Euro). Das IfADo ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 96 selbstständige Einrichtungen umfasst.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Carsten Watzl
    Leiter Forschungsabteilung Immunologie
    Telefon: +49 231 1084-233
    E-Mail: watzl@ifado.de

    Prof. Dr. Silvia Capellino
    Leiterin Forschungsgruppe „Neuroimmunologie“
    Telefon: + 49 231 1084-420
    E-Mail: capellino@ifado.de


    Weitere Informationen:

    https://www.ifado.de/2020/08/04/stress-immun-projektstart/ IfADo-Website


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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