Kohlenmonoxid ist ein lebensgefährliches Gas – und dennoch kann es in geringen Mengen eine leistungssteigernde Wirkung haben. Diese überraschende Erkenntnis haben Forscher der Universität Bayreuth in einer sportmedizinischen Studie gewonnen. Bei gesunden, gut trainierten Personen rief eine regelmäßige Inhalation von Kohlenmonoxid die gleiche Wirkung hervor wie der Aufenthalt in einem Höhentrainingslager. Die Online-Ausgabe der Zeitschrift „Medicine & Science in Sports & Exercise“ hat erste Ergebnisse der Studie veröffentlicht.
Zur Steigerung ihrer Ausdauer trainieren Leistungssportler oftmals unter Sauerstoffmangel. Dies geschieht traditionell in ausgewählten Gebirgsregionen, mittlerweile aber auch in Trainingslabors, in denen der Sauerstoffgehalt der Atemluft künstlich reduziert wird. Die Bayreuther Sportmediziner um Prof. Dr. Walter Schmidt zeigen jetzt in ihrer Studie, dass es einen dritten Weg gibt, die Menge des im Blutkreislauf transportierten Sauerstoffs zu verringern: Eingeatmetes Kohlenmonoxid hindert Sauerstoff-Moleküle daran, sich mit Hämoglobin zu verbinden, das den Organismus normalerweise mit Sauerstoff versorgt. An den dadurch verursachten Sauerstoffmangel versucht sich der Organismus nun zu gewöhnen. Er reagiert mit ähnlichen Anpassungseffekten wie bei einem Höhentraining.
„Eine gezielte Inhalation von Kohlenmonoxid in geringen Dosen könnte somit eine echte Alternative zu einem Höhentraining oder anderen Maßnahmen darstellen, die den Organismus einem kontrollierten Sauerstoffdefizit aussetzen. Bevor die Methode allerdings in die Praxis übernommen werden kann, müssen ethische Fragen geklärt und einige medizinische Aspekte noch genauer erforscht werden“; sagt Prof. Dr. Walter Schmidt, der an der Universität Bayreuth die Abteilung für Sportmedizin und Sportphysiologie leitet. Seiner Einschätzung nach hat Kohlenmonoxid sogar eine stärkere leistungssteigernde Wirkung als das Hormon EPO, welches von Leistungssportlern schon oft als illegales Doping-Mittel eingesetzt wurde.
In sehr geringen Mengen wird Kohlenmonoxid allerdings auch vom Körper selbst hergestellt, und es wird – ganz unabhängig von einer Steigerung der sportlichen Ausdauer – in der klinischen Diagnostik und Therapie genutzt. „Letztendlich muss die Welt-Anti-Doping Agentur (WADA) entscheiden, ob es sich bei der Leistungssteigerung durch Kohlenmonoxid um eine legale Trainingsmethode oder um ein neues Dopingmittel handelt, das verboten werden muss“, erklärt Schmidt.
Sportmedizinische Messergebnisse
Im Rahmen der sportmedizinischen Studie haben elf Versuchspersonen fünfmal täglich für drei Wochen eine geringe Menge Kohlenmonoxid inhaliert. Dadurch verringerte sich der Sauerstofftransport in der Blutbahn um rund fünf Prozent, was einem Aufenthalt in einer Höhe von etwa 2.500 Metern entspricht. Nach drei Wochen hatte sich die gesamte Hämoglobinmenge um fünf Prozent erhöht. Dieser Anstieg ging mit einer messbaren Steigerung der Ausdauerleistung einher. Er entsprach den Wirkungen eines gleich langen Höhentrainingslagers.
Forschungskooperation
Das Team der Bayreuther Sportmediziner hat bei seiner Studie zu den Wirkungen von Kohlenmonoxid mit Wissenschaftlern an der TU Dresden sowie an der University of Colorado Boulder/USA zusammengearbeitet.
Prof. Dr. Walter Schmidt
Leiter der Abteilung Sportmedizin/Sportphysiologie
Institut für Sportwissenschaft
Universität Bayreuth
E-Mail: walter.schmidt@uni-bayreuth.de
Walter F. J. Schmidt, Torben Hoffmeister, Sandra Haupt, Dirk Schwenke, Nadine B Wachsmuth, William C Byrnes: Chronic Exposure to Low Dose Carbon Monoxide Alters Hemoglobin Mass and VO2max. Medicine & Science in Sports & Exercise, 2020. Online ahead of print: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32118696/
Kontrollierte Inhalation von Kohlenmonoxid.
Foto: UBT.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Medizin, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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