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05.08.2020 10:31

Versorgung mit CAR-T-Zellen in Deutschland

Michael Oldenburg Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.

    Berlin, 5.8.2020 - Die CAR-T-Zell-Therapie eröffnet neue Perspektiven für eine gezielte Immuntherapie maligner Erkrankungen. Die beiden ersten kommerziell verfügbaren Präparate wurden vor zwei Jahren für Patienten mit rezidivierten/refraktären, aggressiven B-Zell-Lymphomen und rezidivierter/refraktärer B-Linien-ALL zugelassen. Inzwischen sind CAR-T-Zellen an 26 Zentren in Deutschland verfügbar, und über 300 Patienten wurden damit behandelt. Die Therapie ist wirksam und sicher, aber auch aufwendig und teuer. Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. hat eine Online-Umfrage bei den behandelnden deutschen Zentren durchgeführt und zieht eine erste Bilanz.

    Forschung zu CAR-T-Zellen findet in Deutschland bereits seit vielen Jahren statt. Die ersten beiden kommerziellen CAR-T-Zellprodukte wurden im August 2018 von der European Medicines Agency (EMA) zugelassen und kurz darauf auf dem deutschen Markt eingeführt. Beide Produkte enthalten chimäre Antigen-Rezeptoren gegen CD19, ein Oberflächenmolekül von B-Lymphozyten. Axicabtagen-Ciloleucel (Yescarta®) wird eingesetzt bei Patienten mit diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) und bei Patienten mit primär mediastinalem großzelligem B-Zell-Lymphom (PMBCL), jeweils beschränkt auf Patienten mit rezidivierter bzw. refraktärer Erkrankung nach zwei oder mehr systemischen Therapien. Tisagenlecleucel (Kymriah®) wird für die Behandlung von Kindern und Erwachsenen (bis 25 Jahre) mit Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) der B-Zellreihe und für Patienten mit diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) eingesetzt, jeweils beschränkt auf Patienten mit rezidivierter bzw. refraktärer Erkrankung nach zwei oder mehr systemischen Therapien. Die langfristigen Heilungsraten erreichen etwa 30 Prozent bei Lymphom- und 50 bis 70 Prozent bei Leukämiepatienten.

    Wie ist der aktuelle Stand der CAR-T-Zell-Therapie in Deutschland? Um dies herauszufinden, hat die DGHO eine Online-Umfrage unter allen Zentren in Deutschland durchgeführt, die mit mindestens einem der beiden kommerziellen Anbieter einen Vertrag abgeschlossen haben.

    Deutschland: Mehr Zentren als im Ausland

    Nach der EU-Zulassung wurden die beiden kommerziellen Präparate sehr schnell in Deutschland auf den Markt gebracht. Dennoch hat es durch die hohen administrativen und regulatorischen Voraussetzungen einschließlich der umfangreichen Schulungen der lokalen Teams etwa ein Jahr gedauert, bis Kymriah® und Yescarta® in Deutschland flächendeckend verfügbar waren. Dabei hatte sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Übereinstimmung mit den wissenschaftlichen Fachgesellschaften für ein dezentrales, flächendeckendes Versorgungskonzept entschieden. Gefordert wurden umfangreiche Kompetenz im Umgang mit Zelltherapie und deren Komplikationen, aber vor allem ausgewiesene Expertise einschließlich der Beteiligung an klinischen Studien in der Behandlung von Leukämien bzw. Lymphomen. Das Konzept unterscheidet sich dadurch von anderen europäischen Ländern mit stärker zentralistisch organisierten Gesundheitssystemen, in denen nur wenige Zentren zugelassen wurden. Bis Mai 2020 hatten in Deutschland 26 Zentren Verträge mit pharmazeutischen Unternehmen über verfügbare CAR-T-Zellen abgeschlossen.

    Anzahl der durchgeführten CAR-T-Zell-Therapien: weniger als erwartet

    In den Verfahren zur frühen Nutzenbewertung durch den G-BA wurde die Zahl für Patienten mit rezidiviertem/refraktärem aggressivem B-NHL auf etwa 600 pro Jahr geschätzt, für Patienten mit rezidivierter/refraktärer B-Linien-ALL zwischen 50 und 65 pro Jahr. Die bisherigen Zahlen liegen deutlich unterhalb dieser Schätzungen. Das kann zum einen an logistischen Problemen in der Einführungsphase liegen, aber auch an einer stringenten Indikationsstellung. Prof. Dr. med. Lorenz Trümper, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Direktor der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie der Universitätsmedizin Göttingen, zu den bisherigen Erfahrungen: „Zusammen mit den CAR-T-Zellen haben wir gerade bei den aggressiven Lymphomen in den letzten Jahren erfreulicherweise mehrere neue Arzneimittel mit Heilungschancen in die Hand bekommen. Die Kunst besteht in der Wahl der richtigen Therapie für den richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt.“ Für die nahe Zukunft erwartet die Mehrzahl der Zentren eine Steigerung der Patientenzahlen.

    Komplikationen: weniger als befürchtet

    In der Einführungsphase stand die Sorge vor den spezifischen schweren Nebenwirkungen der Therapie mit Anti-CD19-CAR-T-Zellen im Vordergrund. Die tatsächliche Rate der intensivpflichtigen Patienten liegt bei 14 Prozent und ist damit deutlich niedriger als initial erwartet. Die Sterblichkeitsrate liegt bei 3 Prozent. Zwischenzeitlich wurden international Kriterien für die frühzeitige Identifikation von Patienten mit Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) und Immuneffektorzell-assoziiertem Neurotoxizitätssyndrom (Immune effector Cell-Associated Neurotoxicity Syndrome, ICANS) erarbeitet, auch als Onkopedia-Leitlinie für den Umgang mit Nebenwirkungen der CAR-T-Zell-Therapie veröffentlicht.

    Herausforderungen

    Trümper erklärt: „CAR-T-Zellen sind in Deutschland in der Versorgung angekommen. Der seinerzeit von uns mit Partnern formulierte Dreiklang aus zelltherapeutischer, krankheitsspezifischer und intensivmedizinischer Kompetenz hat sich als sinnvoll und zielführend erwiesen. Auf der Basis der bisherigen Erfahrungen können die qualitätssichernden Maßnahmen zur Durchführung angepasst werden. Das betrifft insbesondere die Strukturkriterien der Zentren und einige sehr bürokratische Hürden. Die Anpassung erlaubt auch, das Verfahren der CAR-T-Zell-Therapie wirtschaftlicher durchzuführen.“

    Mit zunehmender Vertrautheit mit der CAR-T-Zell-Therapie ist in den nächsten Jahren mit einem Anstieg der Patientenzahlen zu rechnen. Als nächste Indikation werden CAR-T-Zellen für Patienten mit Multiplem Myelom erwartet. Prof. Dr. med. Einsele, Vorsitzender der DGHO und Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg: „Bei Patienten mit stark vorbehandeltem Myelom konnte die CAR-T-Zell-Therapie eine hohe Remissionsrate mit zum Teil mehr als 50 Prozent kompletten Remissionen und einer deutlich längeren progressionsfreien Zeit als mit allen bisher verfügbaren Medikamenten erreichen. Die Zulassung von CAR-T-Zellen für diese Indikation, spätestens Anfang nächsten Jahres, wird zu einer weiteren Zunahme der CAR-T-Zell-Therapien in Deutschland führen.“

    Weitere Informationen zur Umfrage unter: https://www.dgho.de/publikationen/stellungnahmen/gute-aerztliche-praxis/car-t-ze...

    Über die DGHO

    Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie 
e. V. besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.600 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der Wissensdatenbank, mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patientinnen und Patienten im Fachgebiet. In mehr als 30 Themen-zentrierten Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die Weiterentwicklung der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie. Informationen unter: www.dgho.de

    (Die angegebene Genderform vertritt alle Geschlechter.)


    Weitere Informationen:

    https://www.dgho.de/publikationen/stellungnahmen/gute-aerztliche-praxis/car-t-ze... - Weitere Informationen zur DGHO-Umfrage


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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