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10.08.2020 11:22

Wie Eiweiß vor Leberfett schützt

Sonja Schäche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

    Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung ist weltweit die häufigste chronische Lebererkrankung mit zum Teil lebensbedrohlichen Folgen. Eine eiweißreiche, kalorienreduzierte Ernährung kann das schädliche Leberfett zum Schmelzen bringen – und zwar effektiver als eine eiweißarme Kost. Welche molekularen und physiologischen Prozesse sich dahinter verbergen könnten, zeigt jetzt eine neue Studie von DIfE/DZD-Forschenden im Fachblatt Liver International.

    Ursachen und Folgen einer nicht-alkoholischen Fettleber

    Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung ist durch eine Fettansammlung in der Leber gekennzeichnet und geht oft mit Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen einher. Unbehandelt kann die Fettleber zu einer Leberzirrhose mit lebensbedrohlichen Folgen führen. Die Krankheitsursachen reichen von einem ungesunden Lebensstil mit einem Zuviel an sehr fetten und zuckerreichen Lebensmitteln und einem Mangel an Bewegung bis hin zu genetischen Komponenten. Bereits in früheren Studien konnte das Forschungsteam um PD Dr. Olga Ramich und Professor Andreas Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) einen positiven Effekt der eiweißreichen Diät auf den Leberfettgehalt beobachten. „Die neuen Ergebnisse geben uns nun tiefere Einblicke zur Wirkungsweise der eiweißreichen Diät“, sagt Ramich, Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin am DIfE.

    Eiweißreiche Diät ist wirksamer als eiweißarme Diät

    Für die aktuelle Studie untersuchte das Forschungsteam um Ramich und Pfeiffer, wie der Eiweißgehalt der Nahrung die Menge des Leberfetts von stark übergewichtigen Menschen mit einer nicht-alkoholischen Fettleber beeinflusst. Dafür erhielten die 19 Probandinnen und Probanden für drei Wochen entweder eine Diät mit hohem oder niedrigem Proteingehalt. Anschließend wurden Operationen zur Behandlung des Übergewichts (bariatrische Chirurgie) durchgeführt und Leberproben entnommen.

    Die Analysen der Proben ergaben, dass eine kalorienreduzierte Ernährung mit hohem Proteingehalt das Leberfett wirksamer reduzierte als eine kalorienreduzierte eiweißarme Ernährung: Während der Leberfettgehalt in der eiweißreichen Gruppe um rund 40 Prozent sank, war die Fettmenge in den Leberproben der eiweißarmen Gruppe unverändert. Die Studienteilnehmenden beider Gruppen verloren insgesamt rund fünf Kilogramm Gewicht. „Sollten sich die Ergebnisse in größer angelegten Studien weiterhin bestätigen, könnte die Empfehlung für eine erhöhte Aufnahme von Eiweiß zusammen mit einer gesunden fettarmen Ernährung als Teil einer effektiven Fettleber-Therapie Einzug in die medizinische Praxis finden“, sagt Andreas Pfeiffer, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Ernährung/DZD am DIfE und der Klinik für Endokrinologie in der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin.

    Molekulare Fettaufnahme-Mechanismen

    Die Forschenden gehen davon aus, dass der positive Effekt der eiweißreichen Diät hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die Fettaufnahme, -speicherung und
    -synthese unterdrückt wird. Darauf verweisen unter anderem umfangreiche Genanalysen der Leberproben, die Professor Stephan Herzig zusammen mit seinem Team am Helmholtz Zentrum München durchgeführt hat. Demnach waren zahlreiche Gene, die in der Leber für die Aufnahme, Speicherung und Synthese von Fett verantwortlich sind, nach der eiweißreichen Ernährung weniger aktiv als nach der eiweißarmen Kost.

    Unerwartete Ergebnisse

    Ergänzend untersuchte die Forschungsgruppe von Olga Ramich zusammen mit der Abteilung Physiologie des Energiestoffwechsels auch die Funktionen der Mitochondrien. „Die Aktivität der Mitochondrien war in beiden Gruppen sehr ähnlich. Das hat uns überrascht. Wir sind ursprünglich davon ausgegangen, dass die Mitochondrien-Aktivität durch die proteinreiche Diät erhöht wird und so zum Abbau des Leberfetts beiträgt“, erklärt Abteilungsleiterin Professor Susanne Klaus.

    Unerwartet war für die Forschenden auch, dass der Blutspiegel des Botenstoffs Fibroblast Growth Factor 21 (FGF21) nach der leberfettreduzierenden eiweißreichen Ernährung niedriger als nach der eiweißarmen war. „FGF21 ist dafür bekannt, günstige Effekte auf die Stoffwechselregulation zu haben. Warum der Faktor bei der eigentlich positiv wirkenden eiweißreichen Kost herabgesetzt war, müssen weitere Untersuchungen zeigen“, erklärt Ramich. Auch die Aktivität der Autophagie war im Lebergewebe nach der eiweißreichen Kost niedriger im Vergleich zur eiweißarmen. „Die fettabbauende Lipophagie scheint als besondere Form der Autophagie demnach nicht am Abbau des Leberfetts bei der eiweißreichen Ernährung beteiligt zu sein.“

    Im nächsten Schritt möchten Ramich und Pfeiffer die mechanistischen Hinweise weiterverfolgen und so neue Erkenntnisse zur Wirkungsweise gezielter Ernährungsstrategien gewinnen.

    Publikation
    Xu, C., Markova, M., Seebeck, N., Loft, A., Hornemann, S., Gantert, T., Kabisch, S., Herz, K., Loske, J., Ost, M., Coleman, V., Klauschen, F., Rosenthal, A., Lange, V., Machann, J., Klaus, S., Grune, T., Herzig, S., Pivovarova-Ramich, O., Pfeiffer, A. F. H.: High-protein diet more effectively reduces hepaticfat than low-protein diet despite lower autophagy and FGF21 levels. Liver Inter. in press (E-pub ahead of print) (2020). [Open Access]
    [https://doi.org/10.1111/liv.14596]

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    Markova, M., Pivovarova, O., Hornemann, S., Sucher, S., Frahnow, T., Wegner, K., Machann, J., Petzke, K. J., Hierholzer, J., Lichtinghagen, R., Herder, C., Carstensen-Kirberg, M., Roden, M., Rudovich, N., Klaus, S., Thomann, R., Schneeweiss, R., Rohn, S., Pfeiffer, A. F. H.: Isocaloric diets high in animal or plant protein reduce liver fat and inflammation in individuals with type 2 diabetes. Gastroenterology 152, 571-585 (2017).
    [https://doi.org/10.1053/j.gastro.2016.10.007]

    Hintergrundinformationen

    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
    -> http://www.dife.de
    -> https://www.leibniz-gemeinschaft.de
    -> https://www.dzd-ev.de

    Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.
    -> https://www.dzd-ev.de

    Kontakt
    PD Dr. Olga Ramich
    Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Tel.: +49 33 200 88 - 2749
    E-Mail: olga.ramich@dife.de

    Sonja Schäche
    Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Tel.: +49 33 200 88 - 2278
    E-Mail: sonja.schaeche@dife.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    PD Dr. Olga Ramich
    Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Tel.: +49 33 200 88 - 2749
    E-Mail: olga.ramich@dife.de


    Originalpublikation:

    Xu, C., Markova, M., Seebeck, N., Loft, A., Hornemann, S., Gantert, T., Kabisch, S., Herz, K., Loske, J., Ost, M., Coleman, V., Klauschen, F., Rosenthal, A., Lange, V., Machann, J., Klaus, S., Grune, T., Herzig, S., Pivovarova-Ramich, O., Pfeiffer, A. F. H.: High-protein diet more effectively reduces hepaticfat than low-protein diet despite lower autophagy and FGF21 levels. Liver Inter. in press (E-pub ahead of print) (2020). [Open Access]
    [https://doi.org/10.1111/liv.14596]


    Bilder

    PD Dr. Olga Ramich leitet die Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin.
    PD Dr. Olga Ramich leitet die Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin.

    Studioline Photography


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    PD Dr. Olga Ramich leitet die Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin.


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