Langzeitdaten der TARGIT A-Studie aktuell im British Medical Journal veröffentlicht
Eine Brustkrebstherapie, die nur eine einzige gezielte Strahlenbehandlung direkt im Anschluss an die chirurgische Entfernung eines Tumors erfordert, hat sich bei den meisten Frauen als ebenso wirksam erwiesen wie das herkömmliche Verfahren bei der brusterhaltenden Krebstherapie, bei dem sich die betroffenen Frauen nach der Operation über mehrere Wochen täglich einer Bestrahlung der Brust unterziehen müssen. Zudem liegt die Zahl der Todesfälle aus anderen Ursachen als Brustkrebs bei Patientinnen mit der Einmalbestrahlung deutlich unter der, der nach der konventionellen Methode behandelten Frauen.
Das sind die positiven Ergebnisse der langfristigen Nachbeobachtung von Patientinnen über einen Zeitraum von im Median 8,6 bis maximal 19 Jahren, die im Rahmen der großen internationalen randomisierten TARGIT-Studie A (TARGeted Intraoperative Radiation Therapy) behandelt worden sind. Sie sind aktuell im renommierten British Medical Journal veröffentlicht. Die Universitätsmedizin Mannheim (UMM) ist als eines von zwei Pionier- und Leitzentren, neben dem University College London, maßgeblich an der Studie beteiligt.
Brustkrebs bedeutet heute nicht mehr automatisch den Verlust einer Brust. Wenn möglich, wird brusterhaltend operiert. Nur der Tumor wird mit einem Randsaum von angrenzendem gesunden Gewebe als Sicherheitsabstand entfernt. Um so weit wie möglich auszuschließen, dass sich einzelne Tumorzellen, die nach der Operation zurückbleiben, zu einem neuen Tumor entwickeln können, schließt sich obligatorisch eine Strahlentherapie an.
Üblicherweise wird dabei die gesamte Brust in täglichen Sitzungen über einen Zeitraum von drei bis sechs Wochen von außen bestrahlt. Diese Behandlung reduziert das Risiko eines erneuten Tumors in der betroffenen Brust, ist aber auch mit Nebenwirkungen verbunden und bedeutet, dass sich die Patientin im Anschluss an die Operation noch über Wochen hinweg täglich in Behandlung begeben muss.
Die TARGIT A-Studie überprüft, ob eine einmalige Strahlenbehandlung direkt am Tumorbett ebenso wirksam einen Rückfall in der betroffenen Brust verhindert wie die mehrwöchige Bestrahlung von außen. Sie vergleicht dazu zwei strahlentherapeutische Verfahren, die die operative Entfernung des Tumors bei der brusterhaltenden Krebstherapie ergänzen: die Intraoperative Radiotherapie (IORT) und die klassische Bestrahlung der Brust von außen (external beam radiotherapy, EBRT). Dabei legten die Wissenschaftler schon zu Beginn der Studie fest, dass beide Methoden dann als gleichwertig betrachtet werden, wenn die Ergebnisse innerhalb von fünf Jahren nach der jeweiligen Behandlung um nicht mehr als 2,5 Prozent abweichen.
Das Studienzentrum der TARGIT-Studie hat seinen Sitz am University College London, wo die Studie im März 2000 startete. Die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der UMM, unter der damaligen Leitung von Professor Dr. med. Frederik Wenz, gemeinsam mit der Universitäts-Frauenklinik, unter der Leitung von Professor Dr. med. Marc Sütterlin, war von Beginn an in die Konzeption der Studie involviert. Als zweites Studienzentrum weltweit hat das Mannheimer Brustzentrum seit Februar 2002 Patientinnen im Rahmen der Studie mit der innovativen und schonenden Methode behandelt, an der sich insgesamt 32 Kliniken und medizinische Zentren in zehn Ländern beteiligt haben. Darüber hinaus koordiniert die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie die sieben deutschen, an der Studie beteiligten Zentren.
Die aktuellen Ergebnisse der Langzeitbeobachtung unterstützen die Anwendung der IORT direkt nach der Entfernung des Tumors und bestätigen damit auch die positiven Ergebnisse einer früheren Erhebung im Jahr 2013, mit einem damals noch deutlich kleineren Kollektiv an Patientinnen im 5-Jahres-Verlauf. Rückfallquote und Sterberate aufgrund von Brustkrebs sind in beiden Gruppen (IORT und EBRT) nahezu gleich.
Mit einem um 1,16 % höherem Risiko, einen Rückfall zu erleiden, liegt die IORT deutlich unter der zuvor festgelegten Grenze von 2,5 %, um als gleichwertige Therapie angesehen zu werden. Die Sterberate liegt bei der IORT sogar deutlich niedriger. Dabei fällt auf, dass Sterbefälle aus anderen Gründen, beispielsweise Ereignisse, die mit dem Herz-Kreislaufsystem zusammenhängen, bei der mittels IORT behandelten Gruppe deutlich seltener vorkommen als bei Patientinnen, die mittels EBRT behandelt wurden.
„Wir freuen uns, dass die 5-Jahres-Ergebnisse und die Langzeitergebnisse bis zu 19 Jahre nach dem Eingriff noch einmal die hervorragenden Ergebnisse er Intraoperativen Strahlentherapie bestätigen, die denen der „Standardtherapie“ nicht nachstehen. Das ist vor allem auch eine gute Nachricht für viele betroffene Patientinnen, da die Intraoperative Strahlentherapie die Frauen deutlich weniger belastet. Sie können nach dem Eingriff – Operation und Strahlenbehandlung – schnell wieder in ihr Leben zurückkehren und werden nicht zusätzlich durch die ansonsten täglichen Bestrahlungen mit ihrer Erkrankung konfrontiert“, erläutert Professor Sütterlin.
„Und auch dies ist durch Studiendaten belegt, dass die Lebensqualität nach der IORT besser ist als nach der regelmäßigen Bestrahlung der Brust von außen“, ergänzt Dr. Elena Sperk, Leiterin des Studienzentrums an der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie. „Und letztlich spricht dafür auch die deutlich geringere Sterblichkeit der Patientinnen an anderen Ursachen als dem überwundenen Brustkrebs.“
Die Intraoperative Radiotherapie kommt allerdings nur für ausgewählte Patientinnen infrage, mit einzelnen Tumorherden in frühen Stadien. Mit einem solchen Kollektiv von Patientinnen ist die TARGIT-Studie durchgeführt worden.
Zahlen
Insgesamt wurden in die Studie 2.298 Patientinnen eingeschlossen, davon wurden 1.140 mit IORT und 1.158 mit EBRT behandelt.
Rückfallquote 5 Jahre nach der Behandlung:
2,11 % nach IORT
0,95 % nach EBRT
Differenz: 1,16 %
Sterberate nach der Behandlung:
IORT: 42 / 1.140
EBRT: 56 / 1.158
An der Universitätsmedizin Mannheim wurden 184 dieser Patientinnen zu gleichen Teilen mit IORT und EBRT behandelt.
Rückfallquote im Mannheimer Kollektiv 5 Jahre nach der Behandlung:
0 % nach IORT
1,1 % nach EBRT
Insgesamt wurden in Deutschland 725 Patientinnen in 7 Zentren in die Studie eingeschlossen.
Dr. med. Elena Sperk
Universitätsmedizin Mannheim
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
68167 Mannheim
+49 621 383-4142
elena.sperk@umm.de
Long term survival and local control outcomes from single dose targeted intraoperative radiotherapy during lumpectomy (TARGIT-IORT) for early breast cancer: TARGIT-A randomised clinical trial
Jayant S. Vaidya, Max Bulsara, Michael Baum, Frederik Wenz, Jeffrey S. Tobias, et al.
British Medical Journal BMJ 2020; 370:m2836
DOI: https://doi.org/10.1136/bmj.m2836 (Published 19 August 2020)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).