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02.02.2004 11:53

Gentechnik-Gesetzentwurf muss nachgebessert werden

Christiane Rathmann Öffentlichkeit und Kommunikation
Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie

    Öko-Institut e.V. legt ausführliche Stellungnahme vor - Viele Kritikpunkte / Heute Anhörung der Verbände

    Das Öko-Institut e.V. legt am heutigen Montag (2. Februar) eine ausführliche Einschätzung und Bewertung des neuen Gentechnik-Gesetzes vor. Fazit der Stellungnahme: Grundsätzlich ist der von Verbraucherschutzministerin Renate Künast vorgelegte Entwurf zwar zu begrüßen, in wesentlichen Punkten muss er aber noch nachgebessert werden. Kritik übt das unabhängige Umweltforschungsinstitut vor allem an den Haftungsregelungen sowie an den Regeln zum Umgang mit in Verkehr gebrachten Produkten. Der Entwurf wird heute in einer Verbändeanhörung diskutiert und soll am 11. Februar vom Kabinett verabschiedet werden. Danach wird er durch den Bundestag und den Bundesrat gehen. Die Stellungnahme des Institutes hat die Stiftung Zukunftserbe in Auftrag gegeben und finanziert.

    "Wir möchten mit unserem Kommentar dazu beitragen, dass die Interessen derjenigen gewahrt werden, die auch in Zukunft ohne Gentechnik wirtschaften wollen", sagt die Freiburger Gentechnik-Expertin Dr. Beatrix Tappeser.

    "Der Gesetzentwurf ist nur ein erster Schritt, die Risiken der Gentechnik in der Landwirtschaft zu begrenzen. Damit die Schutzvorschriften für konventionelle und Bio-Bauern wirksam sind, müssen sie noch in wesentlichen Punkten nachgebessert werden", sagt Andreas Hermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Darmstädter Forschungsbereich "Umweltrecht" des Öko-Instituts.

    Die Kritikpunkte im Einzelnen:

    ·Haftungsregelungen: Durch die im Entwurf formulierten Haftungsregelungen wird der "Krieg auf den Dörfern" nicht verhindert, sondern lediglich abgemildert. Die Probleme und Konflikte werden allein bei den Landwirten angesiedelt. Denn der Bauer, der ungewollt gentechnisch veränderte Anteile in seinem Erntegut findet, muss Gewinnausfälle bei seinem Gentechnik-Nachbarn einklagen. Er trägt die volle Beweislast und zudem das Risiko der Rechtsverfolgung. Verliert er vor Gericht, muss er die Kosten des Rechtsstreits übernehmen. Das Institut plädiert bei einer GVO-Verunreinigung der Ernte dafür, einen Haftungsfonds einzurichten, mit dem die Betroffenen entschädigt werden könnten.

    ·Die Gute fachliche Praxis: Die Gute fachliche Praxis regelt den Anbau von transgenen Pflanzen. Sie legt fest, was der Landwirt zu tun hat, damit beispielsweise keine Einkreuzungen beim Nachbarn passieren. Dazu gehören unter anderem Sicherheitsabstände. Die im Gesetz genannten Mindestgrundsätze für die Gute fachliche Praxis sind nach Ansicht des Öko-Instituts nicht ausreichend. Die WissenschaftlerInnen empfehlen deshalb, zusätzlich zwei Grundsätze aufzunehmen. So sollte der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen oder die Haltung von GVO-Tieren unzulässig sein, wenn die Koexistenz im Einzelfall nicht gewährleistet werden kann. Zudem spricht sich das Institut für ein generelles Minimierungsgebot aus. Das bedeutet: Die Risiken, die von transgenen Pflanzen oder Tieren ausgehen, müssen so gering wie möglich gehalten werden. Damit die Einhaltung der Guten fachliche Praxis gewährleistet wird, müssen sich die Verwender von GVO einem neu zu schaffenden Zertifizierungssystem unterstellen.

    ·Ökologisch sensible Gebiete: In ökologisch sensiblen Gebieten müssen die Freisetzung oder der Anbau von transgenen Pflanzen künftig angezeigt werden. Wenn "erhebliche Beeinträchtigungen" vorliegen, kann ein Anbau untersagt werden. Was dies genau bedeutet, ist jedoch in dem Entwurf nicht näher definiert. Aus Naturschutzgründen und auf Basis des Vorsorgeprinzips müsste eigentlich ein Verbot in ökologisch sensiblen Gebieten gefordert werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür auf EU-Ebene einzusetzen.

    ·Öffentlichkeitsbeteiligung: Wenn gentechnisch veränderte Pflanzen experimentell freigesetzt werden, muss die Öffentlichkeit einbezogen werden. Dies gilt indes nicht beim so genannten "Inverkehrbringen". Das heißt, die viel weiter gehende Entscheidung über die Vermarktung wird ohne die Öffentlichkeit getroffen. Dieser Widerspruch muss nach Ansicht des Instituts aufgehoben werden.

    ·Gentechnik-freie Anbaugebiete: Das Öko-Institut empfiehlt, die Möglichkeit zu schaffen, gentechnik-freie Anbauflächen auszuweisen. Analog zu den Möglichkeiten im Saatgutbereich könnte eine Fläche beispielsweise als gentechnik-freies Gebiet für Mais ausgewiesen werden, um den Anbau von konventionellem Mais zu schützen und die Koexistenz zu gewährleisten.

    Die Stellungnahme ist unter http://www.oeko.de/oekodoc/194/2004-005-de.pdf kostenlos herunterzuladen.

    AnsprechpartnerInnen:
    Dr. Beatrix Tappeser, Koordinatorin des Forschungsbereichs "Biodiversität, Ernährung & Landwirtschaft des Öko-Instituts e.V., Telefon 0761/452 95-39, b.tappeser@oeko.de

    RA Andreas Hermann LL.M., wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich "Umweltrecht" des Öko-Instituts e.V., Telefon 06151/81 91-28, a.hermann@oeko.de

    Das Öko-Institut e.V. ist das führende Umweltforschungsinstitut im Bereich der angewandten Ökologie. Es erstellt wissenschaftliche Gutachten und berät PolitikerInnen, Umweltverbände, Institutionen und Unternehmen. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.


    Weitere Informationen:

    http://www.oeko.de/oekodoc/194/2004-005-de.pdf


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Gesellschaft, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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