In Bristol haben Forscher in Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ein Netzwerk aufgebaut, das quantenverschlüsselte Kommunikation zwischen acht Teilnehmern erlaubt. Der Durchbruch dabei ist, dass die Schlüssel zentral generiert und verteilt werden, wie das Team nun in Science Advances berichtet.
Quantentechnologie soll in Zukunft absolut abhörsichere und nicht entschlüsselbare Kommunikation ermöglichen. Das funktioniert, indem verschränkte Photonenpaare zwischen den Parteien, die Nachrichten austauschen möchten, geteilt werden. So lässt sich ein Schlüssel generieren, der nie geknackt werden kann. Punktverbindungen zwischen zwei Teilnehmern werden heute bereits genutzt. Will man auf diese Weise mehrere Kommunikationspartner verknüpfen, muss jeder Teilnehmer mit jedem anderen verbunden werden. Das erfordert eine Menge teurer Hardware.
Forscher aus Bristol und Zagreb sowie von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien haben ein Quantenverschlüsselungsnetzwerk mit zentralisierter Architektur in Bristol gebaut, das weitaus effizienter funktioniert. Das berichtet das internationale Team nun im Fachjournal Science Advances.
In der Mitte liegt die Kraft
“Wir nutzen eine zentrale Quelle für verschränkte Photonen, mit der die acht Netzwerkteilnehmer über Glasfasern verbunden werden. Die Detektoren der einzelnen Teilnehmer waren für das Experiment alle im selben Raum, aber die Glasfasern, über die die Photonen ausgetauscht werden, verliefen über mehrere Kilometer durch ganz Bristol”, sagt Sören Wengerowsky, der für das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW am Experiment beteiligt war. Die Quantenverschlüsselung im Netzwerk funktioniert, indem die zentrale Quelle verschränkte Photonenpaare erzeugt und dann separiert an die Netzwerkteilnehmer verteilt. Diese messen, wann Photonen eintreffen und veröffentlichen die Ankunftszeiten.
“Wenn zwei Netzwerkteilnehmer kommunizieren wollen, müssen sie gleichzeitig eingetroffene Photonen finden. Die sind dann Teil eines verschränkten Paars und können zur Verschlüsselung genutzt werden. Da wir verschiedene Wellenlängen nutzen, können die Kommunikationspartner sich auf die jeweils relevante Wellenlänge konzentrieren und die restlichen Photonen ignorieren. Das funktioniert auch für mehrere parallele Verbindungen”, sagt Wengerowsky. Die eigentliche Kommunikation passiert dabei nicht über das Quantennetzwerk. Hier wird lediglich der unknackbare Schlüssel generiert, die derart verschlüsselte Nachricht kann dann auch über eine normale Internetverbindung verschickt werden. Für optimale Sicherheit muss der Schlüssel allerdings Bit für Bit genauso groß sein wie die Nachricht, die übermittelt werden soll, egal ob es sich dabei um Text, Audio- oder Videomaterial handelt.
Zukunftsmusik: Cloud aus Quantencomputern
Der Schlüssel muss dabei nicht in Echtzeit erstellt werden. Teilnehmer am Quantennetzwerk können die Photonen, die den Schlüssel bilden, auch auf Vorrat horten. “Wir haben das Netzwerk im Experiment 17 Stunden am Laufen gehalten und Datenraten zwischen fünf und 300 Bit pro Sekunde erreicht”, sagt Wengerowsky. Das reicht noch nicht aus, um die sicherste Variante der Verschlüsselung für Datenmengen zu implementieren, wie sie im heutigen Internet gängigerweise hin- und hergeschickt werden. “Es gibt technische Möglichkeiten, die Datenrate zu verbessern. Ich bin ohnehin nicht sicher, ob wirklich jedes YouTube-Video mit dieser Art von Verschlüsselung gesichert werden muss, auch wenn das technisch vielleicht möglich wäre”, sagt Wengerowsky.
Trotzdem könnte die neue Netzwerkarchitektur zur Quantenverschlüsselung ein wichtiger Baustein für ein künftiges Quanteninternet sein. “Theoretisch lässt sich die Zahl der Netzwerkteilnehmer mit unserer Architektur einfach hochskalieren, auch wenn das technisch herausfordernd ist. Wir können unsere Methode auch mit Punktverbindungen und anderen Verfahren kombinieren, etwa um größere Distanzen zu überbrücken. Ein künftiges Quanteninternet wird wohl auf einen Mix aus verschiedenen Architekturen setzen”, sagt Wengerowsky.
In Zukunft werden die Forscher versuchen, das Potenzial ihrer Netzwerkarchitektur weiter auszureizen. “Durch das Einziehen einer Softwareebene für die Anmeldung von Nutzern soll unser Experiment traditionellen Netzwerken ähnlicher werden. Zudem gibt es andere Anwendungsmöglichkeiten. Die Technik könnte auch genutzt werden, um Quantencomputer zu Netzwerken zusammenzuschalten und so eine Cloud aus Quantencomputern zu schaffen”, sagt Wengerowsky.
Sören Wengerowsky
Institut für Quantenoptik und Quanteninformation Wien
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Boltzmanngase 3, 1090 Wien
M: +43 650 16659214
soeren.wengerowsky@oeaw.ac.at
„A trusted-node-free eight-user metropolitan quantum communication network“, Siddarth Koduru Joshi, Djeylan Aktas, Sören Wengerowsky, Martin Lončarić, Sebastian Philipp Neumann, Bo Liu, Thomas Scheidl, Guillermo Currás Lorenzo, Željko Samec, Laurent Kling, Alex Qiu, Mohsen Razavi, Mario Stipčević, John G. Rarity, Rupert Ursin, Science Advances, 2020
DOI: 10.1126/sciadv.aba0959
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Physik / Astronomie
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Forschungsergebnisse
Deutsch
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