idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
14.09.2020 17:00

Das kalte Gedächtnis der Erde

Dagmar Baroke Abteilung Kommunikation
Paul Scherrer Institut (PSI)

    Heute, am 14. September, bricht eine Expedition im Rahmen des internationalen Projektes Ice Memory auf, um auf dem Gletscher des Bergmassivs Grand Combin im Kanton Wallis eine Eiskernbohrung durchzuführen. Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI helfen auf mehr als 4000 Höhenmetern dabei, das kalte Gedächtnis der Erde zu sichern.

    Wenn die Gletscher der Erde in Folge des Klimawandels schmelzen, dann verliert die Erde damit auch ein bedeutendes Archiv ihrer Klimageschichte. In den Tiefen der manchmal mehrere Hundert Meter dicken Eisschichten sind unter anderem Gase und Partikel aus längst vergangenen Zeiten eingeschlossen. Hebt man diese Schichten in Form von Eisbohrkernen aus ihrem kalten Verlies, dann lassen sich durch Untersuchungen dieser Gase und Partikel beispielsweise wichtige Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Erdatmosphäre früherer Zeitalter gewinnen und unter anderem Rückschlüsse auf klimatische Entwicklungen ziehen. «Darüber hinaus finden sich in den Eisbohrkernen sicher auch noch andere Ablagerungen und Rückstände, von denen wir noch gar nicht wissen, welche wissenschaftlichen Fragestellungen mit ihrer Hilfe in der Zukunft beantwortet werden könnten», sagt Margit Schwikowski, Leiterin des Labors für Umweltchemie am PSI und Expeditionsleiterin. Denkbar sind beispielsweise Rückstände der Erbsubstanz DNA, die auf noch unbekannte Lebewesen schliessen lassen, oder sogar eingefrorene Mikroorganismen, die Aufschlüsse über ganze Ökosysteme der Vergangenheit geben könnten.

    Möglicherweise Botschaften von vor mehreren Tausend Jahren

    Unter Schwikowskis Regie wird ein achtköpfiges Team auf dem 4100 Meter hoch gelegenen Gletschersattel des Grand Combin drei parallele Eiskerne bis in 80 Meter Tiefe bohren. «In der Tiefe werden wir auf das Felsbett stossen», erklärt Schwikowski. «Wie weit die Informationen, die wir aus diesen Eiskernen gewinnen können, zurückreichen, lässt sich jetzt noch nicht sagen», sagt die Umweltchemikerin. «Möglich sind mehrere Hundert bis mehrere Tausend Jahre.» Erst die genaue Untersuchung der Eiskerne wird dann zeigen, wie weit man mit diesem Archiv in die Vergangenheit zurückblicken kann.

    Die acht bis zehn Tage dauernde Expedition ist Teil des globalen Ice-Memory-Projektes. Das von einem französisch-italienischen Team mit Unterstützung der Stiftung Université Grenoble Alpes und weiteren wissenschaftlichen Partnern ins Leben gerufene Projekt hat zum Ziel, Forscher in den wichtigsten betroffenen Ländern zusammenzubringen. Es sieht vor, Eiskerne von den bedrohten Gletschern zu entnehmen, die dann in einer Schneehöhle in der Antarktis gelagert werden sollen. Das hochantarktische Plateau, wo gewöhnlich Temperaturen unter -50 Grad Celsius herrschen, gilt als einer der zuverlässigsten, natürlichen Gefrierschränke der Welt. Die Schweiz ist ebenfalls an dem Projekt beteiligt, das unter anderem auch von der UNESCO unterstützt wird.

    Mit seiner Hilfe soll das eiskalte Gedächtnis der Erde als Welterbe bewahrt werden. Mit ihm können auch künftige Generationen die Umweltbedingungen und klimatischen Entwicklungen der Vergangenheit erforschen.

    An der aktuellen Expedition sind neben Forschenden des PSI auch Wissenschaftler der Università Ca' Foscari Venezia beteiligt.

    Text: Paul Scherrer Institut/Sebastian Jutzi

    -------------------------------------------

    Über das PSI

    Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2100 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 400 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Margit Schwikowski
    Leiterin Labor für Umweltchemie
    Paul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, Schweiz
    Telefon: +41 56 310 41 10, E-Mail: margit.schwikowski@psi.ch

    Prof. Carlo Barbante,
    Direktor Institut für die Dynamik von Umweltprozessen
    Università Ca' Foscari Venezia, via Torino, 155
    30172 Mestre-Venice, Italien
    Telefon: +39 041 2348942, E-Mail: barbante@unive.it


    Weitere Informationen:

    http://psi.ch/de/node/39199 – Darstellung der Mitteilung auf der Webseite des PSI und Bildmaterial


    Bilder

    Expeditionsleiterin Margit Schwikowski mit einem Eisbohrkern
    Expeditionsleiterin Margit Schwikowski mit einem Eisbohrkern
    Scanderberg Sauer Photography
    Paul Scherrer Institut/Scanderbeg Sauer Photography


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    Expeditionsleiterin Margit Schwikowski mit einem Eisbohrkern


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).