Das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erwartet, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 4,7 Prozent zurückgeht. Im Juni hatte es noch einen Rückgang von 5,8 Prozent prognostiziert. Für 2021 erwartet das RWI statt 6,4 jetzt 4,5 Prozent Wirtschaftswachstum, für 2022 einen Anstieg von 2,3 Prozent. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt, die Arbeitslosenquote dürfte in diesem Jahr bei 5,9 Prozent, im nächsten Jahr bei 5,8 Prozent liegen. Dabei dürfte die Inflationsrate 0,5 Prozent in diesem und 1,5 Prozent im kommenden Jahr betragen. Die öffentlichen Haushalte werden 2020 und 2021 voraussichtlich Defizite von 115,9 bzw. 79 Milliarden Euro aufweisen.
Die wichtigsten Ergebnisse:
• Das RWI erwartet in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie einen Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Höhe von 4,7 Prozent. Im Juni war es noch von einem Rückgang von 5,8 Prozent ausgegangen. Die deutsche Wirtschaft ist jedoch im zweiten Quartal weniger stark eingebrochen als noch im Juni erwartet. Die Konsumausgaben des Staates und die Bauinvestitionen stiegen. Für 2021 prognostiziert das RWI statt 6,4 jetzt 4,5 Prozent Wirtschaftswachstum, für 2022 einen Anstieg von 2,3 Prozent.
• Die Lage auf dem Arbeitsmarkt dürfte vorerst angespannt bleiben. Die Arbeitslosenquote ist im ersten Halbjahr auf 5,4 Prozent gestiegen. Sie dürfte im Jahresdurchschnitt weiter auf 5,9 Prozent zunehmen, auch durch krisenbedingte Insolvenzen am Jahresende. In den kommenden beiden Jahren dürfte der Arbeitsmarkt sich dann erholen und die Arbeitslosenquote bei 5,8 bzw. 5,5 Prozent liegen.
• Die Inflation dürfte in diesem Jahr unter anderem durch niedrige Energiepreise und die zeitweilige Senkung der Mehrwertsteuer auf 0,5 Prozent zurückgehen. In den kommenden beiden Jahren dürfte sie auf 1,5 bzw. 1,7 Prozent steigen. Hierfür sorgen die auslaufende Steuersenkung und eine deutliche steigende Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten.
• Das vor allem durch die Corona-Rettungsmaßnahmen aktuell recht hohe staatliche Budgetdefizit dürfte in den Jahren 2020 bis 2022 kontinuierlich zurückgehen. Beläuft es sich 2020 noch auf 115,9 Milliarden Euro, dürfte es 2021 auf 79 Milliarden Euro und 2022 auf 37 Milliarden Euro sinken. Damit steigt die Schuldenquote in diesem Jahr zwar rapide auf ca. 62,9 Prozent des BIP an, nachdem sie im Jahr 2019 erstmals wieder unter die von der EU vorgegebene Maastricht-Schuldenquote von 60 Prozent gefallen war. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Erholung dürfte sie im Jahr 2022 mit 58,6 Prozent die 60-Prozent-Marke aber wieder unterschreiten.
• Die Weltwirtschaft erlebte im zweiten Quartal den stärksten Einbruch seit der Weltwirtschaftskrise der 1930-er Jahre. In den Industrieländern ging die gesamtwirtschaftliche Aktivität gegenüber dem ersten Quartal um 9,8 Prozent zurück. Da für die zweite Jahreshälfte eine deutliche Belebung der Konjunktur erwartet wird, dürfte das BIP dieses Jahr um 4,6 Prozent zurückgehen. Für das Jahr 2021 erwartet das RWI einen Anstieg des BIP um 5,4 Prozent. Im Jahr 2022 dürfte die gesamtwirtschaftliche Aktivität weltweit um 3,5 Prozent zunehmen.
• Annahme der Prognose hinsichtlich der Corona-Pandemie ist, dass die Infektionszahlen im Winter wieder etwas ansteigen und es lokal begrenzt zu erneuten Einschränkungen des Wirtschaftsgeschehens kommen wird. Im Frühjahr dürften diese Effekte dann wieder abnehmen. Es wird angenommen, dass die vorgesehenen Maßnahmen ausreichen, um die Fallzahlen niedrig zu halten, und einschneidende Maßnahmen und insbesondere ein erneuter Shutdown vermieden werden können. Trotzdem werden in einzelnen Wirtschaftszweigen die Aktivitäten eingeschränkt bleiben. Die Prognose geht davon aus, dass eine Rückkehr zu einem Aktivitätsniveau von vor dem Beginn der Pandemie erst möglich sein wird, wenn die Infektionszahlen nachhaltig gesunken sind.
Zu den speziellen Risiken der Prognose sagt RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt: „Der Einbruch der Produktion war weniger stark als zunächst angenommen, aber die bestehenden Beschränkungen behindern weiterhin die wirtschaftliche Normalisierung. Der weitere Verlauf der Corona-Pandemie ist der größte Unsicherheitsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Steigen die Infektionszahlen deutlich stärker an als angenommen, würde die wirtschaftliche Erholung sehr viel stärker gedämpft. Sollten die Fallzahlen schneller zurückgehen, könnte sich die Wirtschaft deutlich schneller erholen.“
(veröffentlicht in „RWI Konjunkturberichte“, Heft 3/2020)
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Prof. Dr. Torsten Schmidt, Tel. (0201) 81 49-287
Sabine Weiler (Pressestelle), Tel. (0201) 81 49-213
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RWI Konjunkturberichte, Jahrgang 71 (2020) Heft 3, Die wirtschaftliche Entwicklung
im Ausland und im Inland zur Jahresmitte 2020
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