Unternehmen müssen dazu verpflichtet werden, sowohl auf die Einhaltung von Menschenrechten als auch auf Umweltstandards entlang ihrer Wertschöpfungsketten zu achten. Eine rechtsverbindliche Lösung ist dringend notwendig, um eine tatsächliche Wirkung zu erzielen, sagen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Öko-Institut.
Zahlreiche Studien und ein jüngst abgeschlossenes Monitoring der Bundesregierung zeigen, dass schon viel zu lange auf die Freiwilligkeit der Unternehmen gesetzt wurde. Schon vor Wochen hätte die Bundesregierung die Eckpunkte für das geplante Lieferkettengesetz vorlegen sollen, doch die Ressortabstimmung droht das geplante Gesetz zu verwässern.
Die Anforderungen des Lieferkettengesetzes sind zumutbar
Das Gesetz muss für möglichst viele Unternehmen gelten, um gleiche Wettbewerbsbedingungen und damit ein „level playing field“ zu schaffen, sagen die Expertinnen und Experten vom Öko-Institut. Bei einer Schwelle von 5.000 Beschäftigten, wie es manche fordern, wären in Deutschland nicht einmal 200 Unternehmen betroffen. Sie begegnen damit dem Argument, es sei kleinen und mittleren deutschen Unternehmen nicht möglich, hohe Umweltstandards und die Einhaltung von Menschenrechten in tieferen Lieferketten im Ausland durchzusetzen.
„Die Sorgfaltspflichten berücksichtigen ohnehin, dass Unternehmen unterschiedlichen Einfluss auf ihre Lieferkette haben. Die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, hängt nicht von der Größe des Unternehmens ab, sondern von der Art der Lieferkette“, sagt Senior Researcher Cara-Sophie Scherf vom Öko-Institut. „So kann ein kleines Unternehmen als Hauptabnehmer sehr viel Einfluss auf einen Lieferanten haben, während ein großes Unternehmen bei einem Lieferanten, der einen auf dem Weltmarkt sehr gefragten Rohstoff produziert, wenig ändern kann.“ Dass Transparenz und die Umsetzung höherer Umweltstandards und fairer Arbeitsbedingungen bis in die tiefe Lieferkette möglich sind, zeigen sowohl große als auch kleine Unternehmen schon heute.
Umweltschutz muss ins Gesetz
Ein weiterer Streitpunkt ist der Umweltschutz im geplanten Lieferkettengesetz. Dieser muss auch dann umgesetzt werden, wenn keine unmittelbaren Menschenrechtsverletzungen daraus resultieren. „Wir wissen, dass sich viele schwerwiegende Umweltbeeinträchtigungen, wie der Klimawandel, Biodiversitätsschäden, oder die Verschmutzung der Meere, erst langfristig auf grundlegende Bedürfnisse vieler Menschen auswirken werden“, sagt Senior Researcher Dr. Peter Gailhofer. „Solche langfristigen oder indirekten Auswirkungen wären aber von einer rein menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht vielfach nicht abgedeckt. Wer es mit dem Schutz der Menschenrechte ernst meint, muss die Umwelt deshalb auch dann schützen, wenn Menschen nicht unmittelbar betroffen sind.“ Das heißt auch, dass das Gesetz den Schutz von Umweltgütern und die Einhaltung von Umweltrecht in der Lieferkette explizit einbeziehen muss.
Mangelnde Sorgfalt: Haftung auch für Schäden im Ausland
Besonders heftig diskutiert wird die Frage, ob Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden im Ausland haften sollten. Dabei sieht das Gesetz ohnehin eine Haftung nur dann vor, wenn Schäden für die Unternehmen vorhersehbar und vermeidbar gewesen wären und auf unzureichende Sorgfaltsmaßnahmen zurückzuführen sind. Keinesfalls werden, wie teilweise behauptet wird, deutsche Unternehmen für Missstände belangt, die Dritte zu verschulden haben und auf die sie keinerlei Einfluss haben. Auch im Inland müssen Unternehmen für Schäden einstehen, die sie mit verursachen. Betroffenen im Ausland muss ebenfalls die Möglichkeit gegeben werden, Schadensersatz vor deutschen Gerichten einzuklagen.
Eine ausführliche Darstellung der Forderungen und Empfehlungen an die Ausgestaltung eines deutschen Sorgfaltspflichtengesetzes kann dem Rechtsgutachten „Von der menschenrechtlichen zur umweltbezogenen Sorgfaltspflicht. Aspekte zur Integration von Umweltbelangen in ein Gesetz für globale Wertschöpfungsketten“ (https://www.oeko.de/publikationen/p-details/von-der-menschenrechtlichen-zur-umwe...) entnommen werden.
„Umweltbezogene und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten als Ansatz zur Stärkung einer nachhaltigen Unternehmensführung – Zwischenbericht. Arbeitspaket 1 - Analyse der Genese und des Status quo“ (https://www.oeko.de/publikationen/p-details/umweltbezogene-und-menschenrechtlich...)
Ansprechpartner/ -innen am Öko-Institut
Cara-Sophie Scherf
Senior Researcher im Institutsbereich
Umweltrecht & Governance
Öko-Institut e.V., Büro Berlin
Telefon: +49 6151 8191-105
E-Mail: c.scherf@oeko.de
Dr. Peter Gailhofer
Senior Researcher im Institutsbereich
Umweltrecht & Governance
Öko-Institut e.V., Büro Berlin
Telefon: +49 30 405085-352
E-Mail: p.gailhofer@oeko.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Politik, Umwelt / Ökologie
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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