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18.09.2020 11:51

Die wahren Kosten von Lebensmitteln

Jan Meßerschmidt Presse- und Informationsstelle
Universität Greifswald

    Was kosten uns Lebensmittel wirklich? Dieser Frage sind Forschende der Universität Greifswald und der Universität Augsburg in einem Praxisprojekt mit der PENNY Markt GmbH nachgegangen. Für dieses haben die Wissenschaftler*innen die ökologischen Folgekosten verschiedener Lebensmittel berechnet. Das Projekt soll den großen Unterschied des Verkaufspreises von Lebensmitteln und deren wirklichen Wert darlegen. Vor allem tierische Produkte schneiden nach den Berechnungen schlecht ab.

    Für die Berechnung werden die Faktoren der Treibhausgasemissionen, der reaktiven Stickstoffemissionen, des Energieverbrauchs und der Landnutzungsänderungen, verursacht durch biologische und konventionelle Lebensmittelerzeugung, bepreist. Errechnet werden also die wahren Preise von Lebensmitteln, die nicht nur die Produktionskosten, sondern auch ökologische und soziale Folgekosten, welche während der landwirtschaftlichen Produktion anfallen, abdecken. Diese Kosten werden derzeit indirekt von der Gesamtgesellschaft gezahlt – etwa durch hohe Wasserrechnungen aufgrund erhöhter Nitratgehalte im Grundwasser – nicht aber vom Verursacher des Schadens direkt. Dies hat zur Ursache, dass Marktfehler die Konsument*innen dazu verleiten, sehr günstige, nicht nachhaltige Lebensmittel zu kaufen. Eine verursachergerechte Internalisierung von Folgekosten hätte also zur Folge, dass sich Marktpreise korrigieren und sich so das Kaufverhalten entsprechend der Nachhaltigkeit anpassen würde.
    Die Untersuchungen zeigen teilweise sehr große Preisdifferenzen zwischen den aktuellen Marktpreisen und den wahren Kosten, vor allem bei tierischen Lebensmitteln. Konventionell produziertes gemischtes Hackfleisch müsste demnach circa dreimal so teuer sein, würde es auch für die Auswirkungen für die bei der Produktion entstehenden Treibhausgase, Landnutzungsänderungen, reaktiven Stickstoffe und Energieverbrauch aufkommen. Biologisch produzierte pflanzliche Lebensmittel hingegen sind derzeit schon verhältnismäßig sinnvoll bepreist: die nötigen Preisaufschläge liegen zwischen 4% (Apfel) und 9% (Banane).

    Preisaufschläge (jeweils in %):
    Apfel: konventionell 8%, bio 4%
    Banane: konventionell 19%, bio 9%
    Kartoffel: konventionell 12%, bio 6%
    Tomate: konventionell 12%, bio 5%
    Mozzarella: konventionell 52%, bio 30%
    Gouda: konventionell 88%, bio 33%
    Milch: konventionell 122%, bio 69%
    Fleisch (gemischt): konventionell 173%, bio 126%

    Die hohen Kosten tierischer Lebensmittel können vor allem durch die ressourcenintensive Aufzucht und Fütterung der Tiere erklärt werden. Für die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln fallen beispielsweise keine Emissionen durch die Verdauung der Tiere an, sowie Energieverbrauch während der Beheizung und Belüftung von Ställen.
    Der Unterschied zwischen konventionellen und biologischen Preisaufschlägen ist vor allem durch die natürlicheren Produktionspraktiken im biologischen Landbau zu erklären: synthetische Stickstoffdünger, oder importierte Futtermittel beispielsweise, sind hier verboten oder nur sehr beschränkt zugelassen, was sich positiv auf die Ökobilanz dieser Produkte auswirkt.
    Die Wissenschaftler*innen konnten die Methodik und Ergebnisse des Projekts unter anderem innerhalb eines Expertenworkshops zum Thema „True Cost Accounting“ in der niederländischen Botschaft diskutieren. So erhoffen sie sich aus dem Praxisprojekt mit PENNY und den weiteren Forschungen die gesellschaftliche Diskussion voranzutreiben und auch mit politischen Entscheidungsträger*innen über mögliche Maßnahmen der Internalisierung ökologischer Folgekosten zu diskutieren.


    Weitere Informationen
    Das Praxisprojekt ist eingebunden in das Drittmittelprojekt „How much is the dish? – Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität durch true cost accouting bei Lebensmitteln“ (HoMaBiLe). HoMaBiLe wird unterstützt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und wird, zunächst bis September 2021, ebenfalls am Lehrstuhl für Nachhaltigkeitswissenschaft und angewandte Geographie der Universität Greifswald bearbeitet.
    Lehrstuhl für Nachhaltigkeitswissenschaft und angewandte Geographie der Universität Greifswald: http://geo.uni-greifswald.de/lehrstuehle/geographie/nachhaltigkeitswissenschaft-und-angewandte-geographie/

    Das Medienfoto kann für redaktionelle Zwecke im Zusammenhang mit dieser Medieninformation kostenlos heruntergeladen werden. Download: http://www.uni-greifswald.de/universitaet/information/aktuelles/medienfotos/medienfotos-september-2020/

    Ansprechpartnerin an der Universität Greifswald
    Amelie Michalke (M.Sc.)
    Lehrstuhl für Nachhaltigkeitswissenschaft und angewandte Geographie
    Friedrich-Ludwig-Jahn-Str. 16, 17489 Greifswald
    amelie.michalke@uni-greifswald.de
    Profil auf Researchgate: http://researchgate.net/profile/Amelie_Michalke


    Bilder

    Symbolbild Lebensmittel
    Symbolbild Lebensmittel
    Amelie Michalke
    Universität Greifswald


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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