CAU-Forschungsteam liefert neue Erkenntnisse zur Rolle der Eisosomen als Membran-Bausteine bei Pilzen
Der rote Schimmelpilz Neurospora crassa gehört zu den Schlauchpilzen und dient Forschenden als gängiger Modellorganismus, der eine vergleichsweise einfache Analyse von Erbinformationen und der mit ihnen verbundenen Funktionen erlaubt. Der Pilz ist seit Jahrzehnten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen und seine in rund 10.000 Genen enthaltenen Erbinformationen liegen seit Anfang des 21. Jahrhunderts vollständig entschlüsselt vor. Doch auch dieser intensiv untersuchte Organismus beinhaltet Bestandteile, über die noch wenig bekannt ist. Dazu zählen die sogenannten Eisosomen, bestimmte Proteinstrukturen, die in den Zellmembranen von Hyphenpilzen, Algen und Hefen vorkommen und deren Funktionen bislang weitgehend unerforscht sind.
Am Beispiel dieses Schimmelpilzes gelang es einem Forschungsteam des Botanischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), zentrale Bausteine der Eisosom-Struktur und verschiedene mit ihnen assoziierte Proteine zu identifizieren. Die Arbeit der Kieler Wissenschaftler liefert erste Anhaltspunkte für eine mögliche Beteiligung der Eisosomen an verschiedenen zellulären Prozessen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden aus der Abteilung für Botanische Genetik und Molekularbiologie unter der Leitung von Professor Frank Kempken kürzlich in der Fachzeitschrift Frontiers in Microbiology.
Wie sich Eisosomen zusammensetzen
Lebende Zellen sind von einer Hülle umgeben, der sogenannten Plasma- oder Zellmembran. Dieses komplexe Membransystem übernimmt verschiedene zentrale Funktionen, unter anderem die räumliche und zeitliche Trennung von biochemischen Prozessen innerhalb und außerhalb von Zellen. In diesem Membransystem stellen die Eisosomen einen bisher wenig untersuchten Bestandteil dar, der sich aus verschiedenen bislang unbekannten Proteinen zusammensetzt. Um ihre Bausteine zu identifizieren, nutzte das Kieler Forschungsteam ein Verfahren, das die mit den Eisosomen in Verbindung stehenden Proteine markiert. Anschließend konnten die Wissenschaftler sie mittels Massenspektrometrie identifizieren.
So gelang es Qin Yang, Doktorand in Kempkens Abteilung, insgesamt sechs verschiedene Eisosom-Bestandteile sowie fünf weitere Proteine bei N. crassa zu beschreiben, die räumlich und zeitlich mit den Eisosomen in Verbindung stehen. Diese Ergebnisse erlaubten es den Wissenschaftlern zudem, Unterschiede zu den Eisosomen anderer Lebewesen aufzuzeigen. „Bestimmte aus Hefen bekannte Proteine kommen im Pilz nicht vor. Dagegen weist N. crassa bislang unbekannte und spezifische Proteine auf, zum Beispiel die sogenannte Glucosamin-Fructose-6-phosphat-Aminotransferase“, betont Kempken, Mitglied im CAU-Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science (KLS).
Strukturmodell der Eisosomen
Nachdem sie grundlegende Eisosom-Bestandteile bestimmt hatten, erstellten die Kieler Forscher mittels eines Proteinmodellierungsansatzes und bioinformatischer Analysen ein sogenanntes eisosomales Strukturmodell für N. crassa. Diese theoretische räumliche Darstellung des Aufbaus von Eisosomen soll es künftig erlauben, mehr über ihre möglichen Funktionen herauszufinden. „Wir gehen davon aus, dass Eisosomen an verschiedenen zellulären Mechanismen beteiligt sind. Möglicherweise tragen sie unter anderem zur Bildung der Zellwand oder bestimmten Signal- und Transportprozessen in den Pilzzellen bei“, fasst Kempken zusammen.
Die neuen Erkenntnisse des Kieler Forschungsteams deuten darauf hin, dass den Eisosomen durch ihre mögliche Beteiligung an diversen zellulären Prozessen eine Rolle als Organisationszentren in der Plasmamembran zukommt. Zudem scheinen sie keine in sich geschlossene Struktur zu bilden, sondern eher in einem komplexen Zusammenspiel von Proteingruppen und davon unabhängigen Proteinkomponenten zu bestehen. Insgesamt wollen die Forscher mit ihrer Modellierung der Eisosom-Proteine eine Inspiration für weiterführende Forschungsarbeiten zu diesen Membranbestandteile liefern. So könnte es künftig gelingen, mehr Aufmerksamkeit auf diesen Forschungsbereich zu lenken und letztlich die funktionale Rolle der Eisosomen in Pilzen und anderen Organismen aufzuklären.
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Bildunterschrift: Qin Yang (links), Doktorand bei Prof. Frank Kempken (rechts), konnte insgesamt sechs verschiedene Eisosom-Bestandteile sowie fünf weitere damit verbundene Proteine bei N. crassa beschreiben. © Prof. Frank Kempken
Weitere Informationen:
Abt. Genetische Botanik und Molekularbiologie,
Botanisches Institut und Botanischer Garten, CAU:
http://www.uni-kiel.de/Botanik/Kempken/fbkem.shtml
Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science (KLS), CAU:
http://www.kls.uni-kiel.de
Prof. Frank Kempken
Abt. Genetische Botanik und Molekularbiologie,
Botanisches Institut und Botanischer Garten, CAU:
Tel. 0431-880-4274
E-Mail: fkempken@bot.uni-kiel.de
Qin Yang, Frank Kempken (2020): The composition and the structure of MCC/eisosomes in Neurospora crassa. Frontiers in Microbiology First published 18 September 2020
https://doi.org/10.3389/fmicb.2020.02115
http://www.uni-kiel.de/Botanik/Kempken/fbkem.shtml
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© Prof. Frank Kempken
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