Donnerstag, 08. Oktober 2020, 18.30 Uhr via ZOOM
Pferdemädchen sind bis heute vor allem Teil einer abgewerteten Populär- und Konsumkultur und werden nicht als eigene Jugendsubkultur wahrgenommen. Es ist jedoch ein Trend zu erkennen, der einen neuen Blick auf diese Form der oft klischeehaft gedeuteten Mensch-Tier-Beziehung wirft. Pferdemädchen finden zunehmend Aufmerksamkeit in der Hochkultur: „A little girls’s horse craze“1 ist in der Kulturgeschichte angekommen.
Die Kulturanthropologin Anja Schwanhäußer beschäftigt sich im Rahmen eines DFG-Forschungsprojekts mit der Figur des Pferdemädchens als Teil der Jugendkultur und untersucht kulturanalytisch das konventionell weibliche Stereotyp des pferdeverrückten Teenagers: Ist das Soziotop Reiterhof ein Sinnbild für die Frage nach dem sozialen Miteinander, sozialer Verantwortung und sich wandelnder Geschlechterbeziehungen? Werden Pferdemädchen nicht länger als apolitisch und konservativ wahrgenommen, wenn Frauen wie Brianna Noble mit ihrem Pferd Dapper Dan gegen die Polizeigewalt in Oakland demonstrieren, das Pferd somit als Teil der politischen Haltung inszeniert wird?
Jenny Friedrich-Freksa, Chefredakteurin der Zeitschrift „Kulturaustausch“ in Berlin und Autorin des Buchs „Pferde“, ergründet die Faszination, die Pferde auf Menschen ausüben und warum die früher männlich besetzte Reiterei heute vor allem weiblich konnotiert ist. Sie plädiert aber vor allem für ein Nachdenken über die kostbare Beziehung zwischen Mensch, Tier und Natur. Pferde erfahren in den letzten Jahren eine wachsende Aufmerksamkeit: Weg von der Nutzung als Fortbewegungsmittel, Arbeitstier und Prestigeobjekt werden ihnen neue kulturelle Funktionen zugeschrieben. Therapie, Coaching, Selbsterfahrung oder Naturerlebnis, all dies wird mit Pferden — ähnlich wie mit Hunden und Delphinen — heute jenseits des Profisports verbunden. Auf der anderen Seite steht ein gestiegenes Bewusstsein für eine artgemäßere Haltung und Führung der Pferde.
1 Freud, Anna, Normality and Pathology in Childhood: Assessments of Development, NY 1989, S.20
Mit der Diskussionsrunde ‚Das Phänomen „Pferdemädchen“- Zwischen Klischees und Jugendkultur‘ beginnt die Vortragsreihe im Begleitprogramm der Ausstellung „Boten, Helfer und Gefährten – Beziehungen von Mensch und Tier im Wandel“ des LWL-Industriemuseums Zeche Hannover in Bochum. Die Ausstellung ist im Verbund des Arbeitskreises „Mensch und Tier im Ruhrgebiet“ entstanden.
HINWEIS
Der Vortrag findet im Rahmen eines Zoom-Meetings statt und wird nachträglich als Aufzeichnung in der KWI-Mediathek bereitgestellt. Mit der Anmeldung geben Teilnehmer*innen ihr Einverständnis zur Aufzeichnung und Veröffentlichung des Live-Streams.
REFERENTINNEN
Jenny Friedrich-Freksa, Autorin, Chefredakteurin der Zeitschrift Kulturaustausch
Anja Schwanhäußer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie der Universität Göttingen
MODERATION
Julika Griem, Direktorin des KWI
ZOOM-TEILNAHME & ANMELDUNG
Bitte melden Sie sich bis zum 7.10.2020 unter maria.klauwer@kwi-nrw.de an. Einen Zugangslink zum Zoom-Meeting erhalten Sie nach der Anmeldung.
VERANSTALTER
Eine Veranstaltung des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) mit dem LWL-Industriemuseum Zeche Hannover
WEITERE INFORMATIONEN
Veranstaltung auf der KWI-Homepage
Über das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI):
Das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) ist ein interdisziplinäres Forschungskolleg für Geistes- und Kulturwissenschaften in der Tradition internationaler Institutes for Advanced Study. Als interuniversitäres Kolleg der Ruhr-Universität Bochum, der Technischen Universität Dortmund und der Universität Duisburg-Essen arbeitet das Institut mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern seiner Trägerhochschulen und mit weiteren Partnern in NRW und im In- und Ausland zusammen. Innerhalb des Ruhrgebiets bietet das KWI einen Ort, an dem die Erträge ambitionierter kulturwissenschaftlicher Forschung auch mit Interessierten aus der Stadt und der Region geteilt und diskutiert werden. Derzeit stehen folgende Forschungsschwerpunkte im Mittelpunkt: Kulturwissenschaftliche Wissenschaftsforschung, Kultur- und Literatursoziologie, Wissenschaftskommunikation sowie ein „Lehr-Labor“. Fortgesetzt werden außerdem die Projekte in den Forschungsbereichen Partizipationskultur und Kommunikationskultur sowie Einzelprojekte.
www.kulturwissenschaften.de
https://kulturwissenschaften.de/veranstaltung/das-phaenomen-pferdemaedchen/ Link zum Onlinetermin
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Tier / Land / Forst
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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