Zahlreiche Faktoren beeinflussen das Material- und Bauteilverhalten von Kunststoffen und wirken sich auf die praktische Bauteilauslegung aus: Nicht nur die Faserorientierung spielt eine wichtige Rolle, sondern auch das Materialverhalten, das sich aus dem Kontakt mit Medien oder aus überlagerten Lastfällen ergibt. Es ist auch nicht unmittelbar ersichtlich, welche Aspekte in der Auslegung berücksichtigt werden müssen, um Bauteile korrekt auszulegen. Diesen Herausforderungen begegnet das Fraunhofer LBF mit der Entwicklung kundenspezifischer Methoden. Ziel ist, bestehende Strukturen und verfügbare Tools zu nutzen und die Methoden in Firmenstrukturen einzugliedern.
Das Darmstädter Institut begleitet seine Partner von der Simulation und Materialmodellierung bis hin zur mechanischen Prüfung und Bewertung der Ergebnisse. Das Ergebnis sind simulationsgestützte Verfahren, die sehr individuelle Belastungsszenarien berücksichtigen und somit eine ressourceneffiziente, leichtbauende und innovative Bauteilauslegung erlauben.
Kunststoffe zeigen ein sehr vielschichtiges, von diversen Einflussparametern abhängiges Materialverhalten. Zu erkennen ist dies beispielsweise bei der Nutzung von Verstärkungsfasern in technischen Bauteilen. Dort verbessern sie zwar das mechanische Verhalten signifikant, führen jedoch gleichzeitig zu einem komplexen richtungsabhängigen Material- und Bauteilverhalten. Darüber hinaus beeinflussen auch Umgebungseinflüsse wie Temperatur und Luftfeuchte, aber auch Kontakte mit unterschiedlichen Medien (Benzin, Diesel, AdBlue) das Material- und Bauteilverhalten signifikant. Häufig überlagern sich diese Belastungen, wenn zum Beispiel Medien unter hohe Temperatur und Druck geraten, was die Bauteilauslegung zusätzlich kompliziert.
Belastung: Nicht nur Kräfte und Drücke zählen
Während der Auslegungsphase von technischen Bauteilen stehen im ersten Schritt die wirkenden mechanischen Lasten im Vordergrund. Für ein isotropes Materialverhalten können diese unmittelbar in Simulationsanwendungen definiert und berücksichtigt werden. Handelt es sich um ein faserverstärktes Material, so muss zur Berücksichtigung des anisotropen Materialverhaltens die Faserorientierung aus einer gekoppelten Spritzgießsimulation oder über phänomenologische Ansätze in die mechanische Simulation eingebunden werden. Entsprechende Tools erlauben in der Regel auch die Übertragung von Ergebnissen aus einer Schwindungs- und Verzugssimulation, um die deformierte Struktur und gegebenenfalls bereits hierdurch entstandene Spannungen zu berücksichtigen.
Medienkontakte, die das mechanische Verhalten, beispielsweise durch Quellung oder Materialdegradation, verändern, können in einer mechanischen Simulation nicht unmittelbar als Randbedingung definiert werden. Daher kann das veränderte Materialverhalten nicht direkt in der Struktursimulation abgebildet werden. Aus diesem Grund kommen häufig sogenannte Abminderungsfaktoren zum Einsatz, welche in der Anwendung häufig aus Literaturquellen von vergleichbaren Materialen entnommen werden. Hierbei wird zum Beispiel eine zulässige Spannung oder Dehnung angepasst und das Bauteil entsprechend ausgelegt. Dies kann für eine Vorauslegung ein schneller Ansatz sein, um beispielsweise die grundliegende Eignung eines Materials abschätzen zu können. Für eine belastungsgerechte und ressourceneffiziente Bauteilauslegung gilt es jedoch, solche signifikanten Einflussgrößen auch experimentell zu untersuchen und die Auswirkungen korrekt, unter Verwendung praktikabler Methoden, in der Simulation zu erfassen.
Maßgeschneiderte Simulationsstrategien für schnelle Produktentwicklung
Gemeinsam mit Industriepartnern entwickelt das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF kundenspezifische, anwendungsorientierte Methoden und begleitet die Überführung in die bestehenden Abläufe und vorhandene Infrastruktur. Die Entwicklung solcher Methoden passt sich stets dem jeweiligen Stadium der Auslegung an. Während im Vorauslegungsstadium eine vereinfachte Strategie für erste Evaluationen herangezogen werden kann, können später, wenn mehr Informationen zum Bauteil und Material vorliegen, detailliertere Simulationen betrachtet werden, um das Bauteil belastungskonform und ressourceneffizient auszulegen. Das Resultat: weniger kostenintensive Entwicklungsschleifen, beispielsweise für Komponenten der Fahrzeugindustrie oder Luftfahrt.
M.Eng. Markus Fornoff, markus.fornoff@lbf.fraunhofer.de
Kopplung von Prozess- und Struktursimulation.
Fraunhofer LBF
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter
Chemie, Maschinenbau, Verkehr / Transport, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
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