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06.10.2020 10:41

HHL zeigt Meinungsbild zu umstrittener 50+1-Regel im Fußball

Eva Echterhoff Media Relations
HHL Leipzig Graduate School of Management

    Die 50+1-Regel ist eine der umstrittensten Regelungen im deutschen Fußball. Professor Dr. Henning Zülch von der Handelshochschule Leipzig (HHL) sieht sie als einen Grundpfeiler der Erfolgsgeschichte des deutschen Fußballs und seiner Fankultur. In einem Arbeitspapier zeichnet die HHL ein Bild der öffentlichen Meinung zu dem deutschen Sonderweg 50+1.

    Prof. Dr. Henning Zülch (HHL):
    „In der öffentlichen Meinung zeigt sich, dass es ein klares Votum für den Erhalt der 50+1-Regel in Deutschland gibt. Indes muss die Regelung ihre Gestalt wechseln. Sie muss modifiziert werden, um der Realität und den finanziellen Bedürfnissen der Klubs gerecht zu werden.“

    Basierend auf diesem Meinungsbild und vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen werden Handlungsempfehlungen erarbeitet.

    Prof. Dr. Henning Zülch (HHL):
    „Ich sehe die aktuellen Entwicklungen im europäischen Fußball in diesem Zusammen-hang als besorgniserregend an. Wer die hohen Ablösesummen nicht zahlen kann, wird langfristig nicht wettbewerbsfähig sein. So wird der Ruf nach einer Öffnung der Bundesli-ga für strategische Investoren immer lauter werden – auch oder gerade während der Corona-Krise.“

    Die 50+1-Regel

    Sie besagt (vereinfacht), dass ein strategischer Investor die Mehrheit der Kapitalanteile an einem Fußballklub erlangen kann, aber nie die Stimmrechtsmehrheit. Die Mehrheit der Stimmrechte - und damit die Kontrolle - liegt ausschließlich in den Händen der Mitglieder des Vereins selbst. Primäres Ziel ist es, durch die Regel, die sportlichen Interessen der Vereine und ihrer Mitglieder zu stärken gegenüber dem Wirtschafts-Interesse der Investoren. Gerade mit Blick auf den Umgang mit seiner wichtigsten Stakeholdergruppe, den Fans, ist diese Regel einzigartig, da sie das Fanwohl als eines der höchsten Güter behandelt, die die Marke Bundesliga besitzt.

    Fragen an Professor Dr. Henning Zülch (HHL)

    1. Warum muss sich die 50+1-Regel verändert werden?
    HZ: Die 50+1-Regel verfolgt das Ziel, dass ein Investor zwar die Mehrheit der Kapi-talanteile an einer Fußball-Kapitalgesellschaft erlangen kann, indes nicht die Stimmrechtsmehrheit und damit die Kontrolle über den Klub. Diese soll weiterhin in den Händen des e.V. liegen und damit bei den Mitgliedern. Indes gibt es zahlreiche Ausnahmen von der 50+1-Regel, welche die Regel als solche immer unglaubwürdiger mit Blick auf die o.g. Zielsetzung machen. So wird z.T. von der „Lex Wolfsburg“ und „Lex Leverkusen“ gesprochen. RB Leipzig und dessen Gründung sowie Namensgebung werden in diesem Zusammenhang auch stets angeführt (vgl. Abschnitt II.3.).

    2. Wie sollte die 50+1-Regel verändert werden?
    HZ: Die 50+1-Regel sollte in ihrer Idee beibehalten aber modifiziert werden. Die Kinderkrankheiten, also die etablierten Ausnahmeregelungen, müssen abgeschafft werden. Konkret ergeben sich vier Handlungsfelder bzw. Ansatzpunkte zur Veränderung. Das sind: die Verringerung der Mindestförderdauer von 20 Jahren, die Verringerung der Sperr-Anteile, eine striktere Anlegerkontrolle und die Stärkung der Mitgliedermitbestimmung (vgl. hierzu Abschnitt IV.).

    3. Was fürchten die Fans bei unbeschränkter Macht eines Investors?
    HZ: Die Fans fürchten bei Kontrollausübung eines Investors, dass er nicht im Einklang mit den Idealen und Werten des Klubs die Geschicke lenkt. Der deutsche Fußball lebt von seiner Fankultur und der Stadionatmosphäre wie kein anderes Land. Diese Kultur ist gewachsen, kultiviert und imagebildend durch ihre Fans. Einem Investor wird zunächst abgesprochen, dass er diese Kultur bewahren will. Vielmehr wird er als Bedrohung angesehen, so dass Kontrollausübung durch einen Investor um jeden Preis zu vermeiden sei. Indes wird sich der Erfolg eines Klubs künftig nicht ohne strategische Investoren einstellen; sie sind eine Grundvoraussetzung und müssen mit den Grundwerten und der Strategie des Klubs im Einklang stehen. Hierfür gilt es, Akzeptanz durch Dialog zu schaffen. Die 50+1-Regel bzw. ihre modifizierte Fassung kann als Kompromiss zwischen Fanwohlmaximierung und wirtschaftlicher Professionalisierung angesehen werden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Henning Zülch, Lehrstuhl für Rechnungswesen, Wirtschaftsprüfung und Controlling


    Originalpublikation:

    Das Arbeitspapier erhalten Sie als Download unter
    https://www.hhl.de/app/uploads/2020/06/hhlap0186.pdf


    Weitere Informationen:

    http://www.hhl.de
    https://www.hhl.de/de/fakultaet-forschung/prof-dr-henning-zuelch/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Politik, Recht, Sportwissenschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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