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20.10.2020 10:27

Ein Fach Wirtschaft für Schulen in RLP? Von Stiftung Würth initiierte Studie zeigt positive Wirkung des Fachs in BaWü

Kerstin Theilmann Referat Öffentlichkeitsarbeit
Universität Koblenz-Landau

    Während in Rheinland-Pfalz Wirtschaft lediglich als Wahlfach in Realschulen plus oder im Gymnasium integriert in das Fach Sozialkunde unterrichtet wird, hat Baden-Württemberg mit dem Bildungsplan 2016 das Fach Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung (WBS) für alle weiterführenden allgemeinbildenden Schulen eingeführt. Eine von der Stiftung Würth initiierte Studie unter der Leitung von Professor Dr. Günther Seeber und Juniorprofessor Dr. Tim Kaiser von der Universität in Landau hat die Wirkung des Fachs hinsichtlich der Wirtschaftskompetenz in der Sekundarstufe I untersucht. Die Ergebnisse liegen nun vor.

    Sowohl die Wirtschaftskompetenz als auch das Interesse für wirtschaftliche Themen stiegen deutlich, so das Ergebnis der Studie. Kann das Vorgehen in Baden-Württemberg möglicherweise als Blaupause für andere Länder und somit auch für Rheinland-Pfalz dienen?

    „Wirtschaftskompetenz ist mit Blick auf immer komplexere Alltagsanforderungen sowie für die Berufsorientierung der Lernenden wichtig, aber auch hinsichtlich ihrer wirtschaftspolitischen Urteilsfähigkeit“, unterstreicht Wirtschaftswissenschaftler Seeber von der Arbeitsgruppe „Ökonomische Bildung“ an der Universität in Landau. Das Fach Wirtschaft auch an weiterführenden allgemeinbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz einzuführen, wäre ein richtiger und begrüßenswerter Schritt, so der Wirtschaftsdidaktiker weiter. Denn die Studie zeige deutlich, dass die Beschäftigung mit wirtschaftlichen Themen in der Sekundarstufe eine positive Wirkung im Hinblick auf die Wirtschaftskompetenz und das wirtschaftliche Interesse entfaltet.

    Die Forscher Seeber und Kaiser haben die Ergebnisse eines ökonomischen Kompetenztests von Schülerinnen und Schülern ohne und mit Fachunterricht in den Klassen 7 und 8 verglichen. Bereits nach einem Jahr Fachunterricht am Ende von Klasse 7 entwickelte sich ein positiver Effekt des Schulfachs WBS auf die Testergebnisse. Am Ende von Klasse 8 zeigten sich statistisch signifikante und somit deutliche Unterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern mit beziehungsweise ohne Fachunterricht. Dabei verbesserten sich insbesondere leistungsstarke Lernende im Gymnasium erheblich. In den Gemeinschafts- und Realschulen profitierten vorwiegend sozioökonomisch benachteiligte Schülerinnen und Schüler. In diesen Schularten scheint sich der „Gender Gap“ zugunsten der Jungen durch den Fachunterricht tendenziell noch zu verstärken.

    Insgesamt entwickelten Lernende, die das Fach WBS besuchen, ein deutlich höheres Interesse an Wirtschaftsthemen. Auch sprechen sie Unternehmen in stärkerem Maß soziale Verantwortung zu. Unabhängig vom Fachunterricht zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Testleistung und sozioökonomischem Status sowie den Kenntnissen der deutschen Sprache: je höher der Status und je besser die Sprachkenntnisse, desto besser die Leistung. Für diese Gruppen bedarf es weiterer Förderung, auch wenn für sie bereits die Facheinführung hilfreich ist.

    „Unsere Studie unterstreicht, dass es auch in Rheinland-Pfalz sinnvoll wäre, ein Pflichtfach Wirtschaft einzuführen und nicht nur auf Rahmenlehrpläne mit Empfehlungscharakter zu setzen“, bekräftigt Seeber. Denn gerade sozioökonomisch Benachteiligte profitierten vom Fachunterricht. Auch könnten Lernende mit Migrationshintergrund besser gefördert werden. „Wichtig wäre auch eine geeignete methodische Ansprache von Mädchen, um deren im Vergleich zu Jungen geringeres Interesse zu stärken“, so Seeber weiter. Hilfreich könnten handlungs- und kommunikationsorientierte Methoden wie Schülerfirmen oder Rollenspiele sein. Für die Einführung des Fachs Wirtschaft spreche auch, dass dann fachlich gut ausgebildete Lehrkräfte sachgemäß unterrichten würden.

    An der Universität in Landau widmet sich die Arbeitsgruppe „Ökonomische Bildung“ der Forschung und Lehre mit dem Ziel, Wirtschaftsbildung in Schule, Lehramtsstudium und Erwachsenenbildung besser zu verankern.

    Das Design der Studie
    Die Testung erfolgte jeweils zum Ende des Schuljahres in den Räumen der Schulen per Online-Fragebogen. Die Tests wurden so ausgewertet, dass nicht nur deskriptive Analysen (z.B. die Testergebnisse nach Klassenstufen im Vergleich) möglich waren. So genannte Regressionsanalysen können außerdem Zusammenhänge zwischen Testergebnis und unabhängigen Variablen, wie Schulart oder Geschlecht, aufzeigen. Zusätzlich sind Aussagen über die Stärke dieser Zusammenhänge möglich. Zum Beispiel bestimmt die zu Hause gesprochene Sprache die zu erwartende Leistung stärker als das Geschlecht. Zur Interpretation wurden die Daten auf eine 500-Punkte Skala transformiert – ein Vorgehen, das beispielsweise auch in der PISA-Studie Anwendung findet. 500 Punkte entsprechen dann dem Durchschnittswert aller Getesteten der Klasse 7.

    Das Kompetenzzentrum Ökonomische Bildung
    Das Kompetenzzentrum Ökonomische Bildung Baden-Württemberg ist eine Initiative des Unternehmers Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth und wurde 2005 unter dem Dach der Stiftung Würth ins Leben gerufen. Hauptziel des Kompetenzzentrums ist, Schule näher an Wirtschaftsthemen heranzuführen. Es besteht eine enge Kooperation mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Universität Koblenz-Landau
    Arbeitsbereich Ökonomische Bildung
    Prof. Dr. Günther Seeber
    Tel.: 06341 280-34118
    E-Mail: seeber@uni-landau.de


    Originalpublikation:

    Wirtschaftskompetenzstudie: Das Schulfach Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung: Effekte auf die ökonomischen Kompetenzen und Einstellungen Jugendlicher in Klasse 7 und 8. Zum Download unter www.oekonomische-bildung-bw.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Wirtschaft
    regional
    Forschungsergebnisse, Schule und Wissenschaft
    Deutsch


     

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