idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
22.10.2020 12:01

DGKN: Mit Magnetfeldern und Strom gegen Depressionen? – Wem hilft was am besten?

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.

    Rund 4,1 Millionen Menschen leiden laut WHO in Deutschland an einer Depression – Tendenz steigend. Psychotherapeutische Verfahren und antidepressive Medikamente sind wirksame und etablierte Therapieformen. Zunehmend gewinnt aber auch die nichtinvasive Hirnstimulation als Behandlungsoption bei Depressionen an Bedeutung: Bei der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) legen Ärzte eine Magnetspule an die Stirn des Patienten an und stimulieren so die Nervenzellen des Gehirns. Und auch eine Gleichstrombehandlung von außen zeigt erste Erfolge. Doch wem hilft was am besten?

    Über neue Ansätze für die individualisierte Behandlung bei Depressionspatienten berichten Experten auf der Online-Vorab-Pressekonferenz zu internationalen Konferenzen der 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN). Die Pressekonferenz findet am Montag, den 9. November 2020 um 12.00 Uhr statt. Medienvertreter können sich schon jetzt unter:
    https://attendee.gotowebinar.com/register/8411843805044318736 anmelden.

    ****************************************************************

    Warum spricht ein Patient auf eine antidepressive Therapie an, ein anderer hingegen nicht? Wie lässt sich vorhersagen, welches Antidepressivum bei welchem Patienten wirkt? Oder ob eine Hirnstimulation wirkungsvoller wäre? „Bisher fehlten uns klinisch nutzbare Biomarker für so eine verlässliche Prognose“, erklärt Professor Dr. med. Frank Padberg, Leiter der Sektion für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) München. Seine Arbeitsgruppe erforscht derzeit intensiv Möglichkeiten der individualisierten Behandlung bei Depressionspatienten – mit ersten Erfolgen.

    Neben den klassischen Behandlungen von Depressionspatienten mit Psychotherapie und Medikamenten hat in den vergangenen Jahren die nicht-invasive Hirnstimulation (engl. Non-Invasive Brain Stimulation – NIBS) zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) ist ein NIBS-Verfahren, bei dem Nervenzellen in der Hirnrinde mittels Serien von sehr kurzen, aber starken Magnetfeldimpulsen stimuliert (d.h. depolarisiert) werden. Für die Behandlung von Depressionen wird die rTMS zur Stimulation frontaler, das heißt hinter der Stirn gelegener Hirnareale eingesetzt. Die Behandlung erfolgt mit 20 bis 30 Sitzungen über mehrere Wochen. Eine weitere therapeutische Möglichkeit ist die transkranielle Gleichstromstimulation (engl. transcranial Direct Current Stimulation – tDCS). Hierbei wird über Elektroden auf der Kopfhaut für 20 bis 30 Minuten ein schwacher Gleichstrom angelegt, mit dem die Aktivierbarkeit von Nervenzellen verändert werden kann. „Bei der TMS und tDCS handelt es sich um nebenwirkungsarme Behandlungsverfahren, die in jeder Arztpraxis, im Fall der tDCS sogar zu Hause, eingesetzt werden können“, erklärt Padberg.

    Ziel der Forschung ist es nun, geeignete Marker zu finden, um vorhersagen zu können, welche Therapieform welchem Patienten am besten hilft. Dazu gibt es erste Anhaltspunkte. So lassen sich Ausprägung und Verlaufsform von Depressionen mittels Magnetresonanztomografie (MRT) darstellen. Die Münchner Arbeitsgruppe von Professor Padberg fand auf der Basis von MRT-Bildgebungsdaten heraus, dass ein Patient umso besser auf die Gleichstromstimulation anspricht, je größer das Volumen von grauer Substanz in bestimmten frontalen Hirnregionen ist (Bulubas et al. 2019). Auch für die TMS liegen Studienergebnisse zur Vorhersage des Ansprechens aus MRT-Daten einer Bostoner Arbeitsgruppe (Weigand et al. 2018) vor. Schließlich ließ sich kürzlich das Ansprechen auf eine tDCS im Vergleich zu einem antidepressiven Medikament mittels innovativer statistischer Verfahren (sogenannter Machine Learning Methoden) vorhersagen, die aus klinischen Daten errechnet werden (Kambeitz et al. 2020).

    „Die Verbindung von Biomarkern aus der Bildgebung, klinischen Daten und spezifischen Stimulationsansätzen eröffnet neue Wege in der Behandlung depressiver Erkrankungen, die sowohl mit Medikamenten als auch mit Psychotherapie individuell kombiniert werden können“, ist sich Padberg sicher. Bisher kann es Jahre dauern, die optimale Behandlung für eine Depression zu finden. Eine passgenaue Therapie würde die Leidenszeit deutlich verkürzen.

    • Bulubas L et al. Antidepressant effects of tDCS are associated with prefrontal gray matter volumes at baseline: Evidence from the ELECT-TDCS trial. Brain Stimul. 2019; 12: 1197-1204.
    • Kambeitz et al. Clinical patterns differentially predict response to transcranial direct current stimulation (tDCS) and escitalopram in major depression: A machine learning analysis of the ELECT-TDCS study. J Affect Disord. 2020; 265: 460-467
    • Weigand A et al. Prospective Validation That Subgenual Connectivity Predicts Antidepressant Efficacy of Transcranial Magnetic Stimulation Sites. Biol Psychiatry. 2018; 84: 28-37.

    *** Bei Abdruck Beleg erbeten ***

    ****************************************************************

    Pressekonferenzen zur DGKN-Jahrestagung:

    Online-Vorab-Pressekonferenz zu internationalen Konferenzen
    Hirnstimulation mit und ohne Operation - Fortschritte in der Diagnostik und Therapie bei Schlaganfall, Bewegungsstörungen und Depressionen

    Termin: Montag, den 9. November 2020, 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr
    Anmeldung: https://attendee.gotowebinar.com/register/8411843805044318736

    Vorläufige Themen und Referenten:

    Hoffnung für Schlaganfall-Patienten: Forscher entwickeln einen Helm, der Netzwerke des Gehirns gezielt von außen stimuliert
    Prof. Dr. med. Ulf Ziemann, Kongresspräsident der 64. Jahrestagung der DGKN, Präsident der DGKN, Zentrum für Neurologie, Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen, Tübingen

    Therapeutischer Einsatz der tiefen Hirnstimulation bei Bewegungsstörungen: EEG- Messungen ermöglichen Stimulation zur richtigen Zeit und mit höherem Effekt
    Prof. Dr. med Andrea Kühn, Leiterin der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation am Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin

    Schonende Hirnstimulation bei Depression: Neue Ansätze für die individualisierte Behandlung
    Prof. Dr. med. Frank Padberg, Leiter der Sektion für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München

    Moderation: Katharina Weber, DGKN-Pressestelle, Stuttgart

    ****************************************************************

    Online-Kongress-Pressekonferenz zur DGKN-Jahrestagung

    Termin: Mittwoch, 11. November 2020, 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr
    Anmeldung: https://attendee.gotowebinar.com/register/3047893921125537040

    Vorläufige Themen und Referenten:

    Stummen und Gelähmten eine Stimme geben – „Brain-Computer-Interface“ übersetzt Hirnsignale in Sprache: State of the Art
    Prof. Dr. med. Ulf Ziemann, Kongresspräsident der 64. Jahrestagung der DGKN, Präsident der DGKN, Zentrum für Neurologie, Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen, Tübingen

    Halbseitige Lähmung nach Schlaganfall: Bewegung neu lernen mit innovativer nicht-invasiver Stimulation (Transkranielle Magnetstimulation (TMS)) des Gehirns
    Dr. Christoph Zrenner, Neurologe und Laborleiter in der Forschergruppe Prof. Ulf Ziemann, am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Tübingen

    Migräne, Epilepsie, Bewegungsstörungen und andere Kanalerkrankungen: Innovative Präzisionsmedizin zeigt erste Erfolge
    Prof. Dr. med. Holger Lerche, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie, Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Universität Tübingen

    Wann ist ein Mensch „hirntot“? Moderne Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls
    Prof. Dr. med. Uwe Walter, Stellvertretender Klinikdirektor, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Rostock
    Vorsitzender der Hirntodkommission der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN)

    Moderation: Dr. Adelheid Liebendörfer, DGKN-Pressestelle, Stuttgart

    ****************************************************************

    Im März 2020 musste die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) ihre 64. Jahrestagung aufgrund der Corona-Pandemie kurzfristig absagen. Nun schaltet sich die wissenschaftliche und klinische Kompetenz in der klinischen Neurophysiologie online aus der ganzen Welt zusammen: Die Jahrestagung wird mit den direkt zuvor und überlappend stattfindenden internationalen Konferenzen, der 7. International Conference on Non-invasive Brain Stimulation und der 4. European Conference of Brain Stimulation in Psychiatry, vom 10. bis 14. November 2020 virtuell nachgeholt. Weitere Informationen: http://www.dgkn-kongress.de

    ****************************************************************

    Kontakt für Journalisten:
    Pressestelle DGKN
    Katharina Weber, Adelheid Liebendörfer, Michaela Richter
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Telefon: 0711 8931-583/-173/-516
    Telefax: 0711 8931-984
    weber@medizinkommunikation.org
    http://www.dgkn.de


    Weitere Informationen:

    http://www.dgkn-kongress.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Pressetermine
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).