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23.10.2020 12:00

Neuer Therapieansatz bei salzsensitivem Bluthochdruck

Dr. Bettina Albers Pressestelle Deutsche Hochdruckliga
Deutsche Hochdruckliga

    Eine aktuelle Publikation [1] der „Boston University School of Medicine“ berichtet über neue Erkenntnisse zum komplexen Zusammenspiel des sympathischen Nervensystems und den Nieren bei der Entstehung der sogenannten salzsensitiven Hypertonie. In der Studie konnte erstmals gezeigt werden, dass Alpha1-Adrenorezeptor-Blocker die Aktivität des Natrium-Wiederaufnahmeprozesses in den Nieren reduzieren, dadurch die Salzausscheidung steigern und über diesen Weg den Blutdruck senken. Das bedeute letztlich auch, dass eine zielgerichtete Therapie des salzsensitiven Bluthochdrucks zur Verfügung stünde, die ein häufiger Grund dafür ist, dass Patienten nicht auf herkömmliche Blutdrucksenker ansprechen.

    In Deutschland hat fast jeder dritte Erwachsene zu hohen Blutdruck (arterielle Hypertonie). Bei den über 60-Jährigen ist im Durchschnitt sogar jeder Zweite von erhöhten Werten betroffen und hat damit ein deutlich erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen (insbesondere Gefäßverkalkungen/Atherosklerose). Besonders gefürchtete Folgeerkrankungen sind Herzinfarkt und Schlaganfall, aber jahrelanger Bluthochdruck kann auch zum Versagen der Nieren oder zur Erblindung führen.

    Schon lange ist bekannt, dass der Konsum von zu hohen Mengen Kochsalz (Natriumchlorid) das Risiko für die Entstehung eine Hypertonie erhöhen kann. Salzige Speisen erzeugen Durst, außerdem bindet Salz Wasser im Körper. Dadurch steigt im Blutkreislauf das Flüssigkeitsvolumen an — und somit auch der Druck in den Blutgefäßen. Eine Abhängigkeit von Salzkonsum und Blutdruck besteht nicht bei allen Menschen, aber bei vielen. Ursächlich sind eine spezielle genetische Veranlagung (sogenannte Salzsensitivität), aber auch zusätzliche Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Nierenleiden oder Störungen im vegetativen Nervensystem.

    Patienten mit einem salzsensitiven Bluthochdruck haben typischerweise eine erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems (Sympathikus) und ihre Nieren halten zu viel Salz zurück, anstatt es mit dem Urin auszuscheiden (renale „Natriumretention“). Der sympathische Botenstoff (Neurotransmitter) Noradrenalin aktiviert die Alpha-Rezeptoren der Blutgefäße, was deren Verengung (Vasokonstriktion) bewirkt und so den Blutdruck steigert. Man weiß außerdem, dass Noradrenalin den renalen Natrium-Chlorid-Cotransporter (NCC) in den Zellmembranen der Nierenkanälchen (Nierentubuli) stimuliert, so dass vermehrt Natrium aus dem Urin zurück in das Blut transportiert wird. Der genaue Mechanismus, wie Noradrenalin die renale Natriumretention beeinflusst, ist jedoch nicht geklärt. Studien zur Erforschung der Adrenalin- oder Noradrenalin-gesteuerten Signalwege des sympathischen Nervensystems, die die NCC-Aktivität regulieren, zeigten bisher keine einheitlichen Ergebnisse.

    Die bekannte blutdrucksenkende Wirkung von Alpha-Blockern besteht in der gefäßerweiternden Wirkung durch Erschlaffung der glatten Gefäßmuskulatur (Gefäßdilatation). In der Studie konnte erstmals gezeigt werden, dass Alpha1-Adrenorezeptor-Blocker zusätzlich die Aktivität des Natrium-Wiederaufnahmeprozesses reduzieren und auch über diesen Weg den Blutdruck senken. In ihrer Arbeit verwendeten die Forscher selektive Alpha1-Rezeptor-Blocker, um zu untersuchen, ob die Noradrenalin-abhängige NCC-Aktivierung bei einem salzsensitiven Rattenstamm über einen Alpha1-Rezeptor-abhängigen Signalweg vermittelt wird. Über die Nahrung wurde die Salzzufuhr der Tiere erhöht, woraufhin die NCC-Aktivität und –Expression signifikant zunahmen und sich ein Bluthochdruck entwickelte. Durch die Behandlung mit Alpha1-Rezeptor-Blockern kam es zur Absenkung des Blutdrucks — vermittelt durch eine Verminderung der NCC-Aktivität und der NCC-Expression (d. h. geringere NCC-Zahl auf den Zellmembranen), wodurch wurde die renale Salzretention verhindert wurde. Die Alpha1-Rezeptor-Blocker waren effektiv sowohl bei der Gabe vor Start hoher Salzzufuhr als auch bei bereits ausgebildeter salzsensitiver Hypertonie. Detaillierte molekulare Analysen ergaben, dass bei der salzsensitiven Hypertonie (im Gegensatz zu Rattenstämmen mit salzresistenter Normotonie) eine Störung des Enzyms „WNK-Kinase 1/4“ vorliegt bzw. eine Fehlfunktion des „WNK/SPAK/OxSR1“-Signalweges, der die NCC-Aktivität reguliert.

    „Diese Forschungsergebnisse zeigen, wie komplex die Pathomechanismen und Zusammenhänge von sympathischem Nervensystem und der Nieren bei der Hypertonieentstehung sind“, kommentiert Prof. Dr. med. Ulrich Wenzel, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Vorstandsvorsitzender der DHL®. „Auch wenn die genauen Pathomechanismen noch nicht geklärt sind, scheinen selektive Alpha1-Rezeptor-Blocker zielgerichtet die salzsensitive Hypertonie unterbinden zu können. Bestätigen sich diese tierexperimentellen Befunde in klinischen Studien wäre das von großer praktischer Relevanz, da diese Medikamente bei vielen Menschen, bei denen herkömmliche Blutdrucksenker nicht wirken (Patienten mit sogenannter therapierefraktärer Hypertonie), den Teufelskreis durchbrechen und zu normalen Blutdruckwerten führen könnten. Bislang haben wir nur die Möglichkeit, diesen Patienten zu empfehlen, die Kochsalzzufuhr auf ein Minimum zu begrenzen, was aber u.a. auch wegen ‚verstecktem Salz‘ in vielen Lebensmitteln alles andere als einfach umzusetzen ist. Eine zielgerichtete Therapie bei salzsensitiver Hypertonie würde dazu beitragen, dass wesentlich mehr Patienten mit ihren Blutdruckwerten in den Zielbereich gebracht werden könnten und weniger Folgeerkrankungen erleiden.“

    Quellen:
    [1] Franco Puleo F, Kim K, Frame AA et al. Sympathetic Regulation of the NCC (Sodium Chloride Cotransporter) in Dahl Salt-Sensitive Hypertension. Hypertension 2020 Nov; 76 (5): 1461-69
    doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.120.15928. Epub 2020 Sep 28.

    Kontakt/Pressestelle
    Dr. Bettina Albers
    albers@albersconcept.de
    Telefon: 03643/ 776423


    Originalpublikation:

    https://doi.org/10.1161/HYPERTENSIONAHA.120.15928


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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