idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
29.10.2020 19:00

Denisovaner-DNA im Erbgut früher Ostasiaten

Sandra Jacob Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

    Forschende des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Mongolischen Akademie der Wissenschaften haben das Genom des ältesten menschlichen Fossils, das bis jetzt in der Mongolei gefunden wurde, analysiert: Die 34.000 Jahre alte Frau hatte rund 25 Prozent ihrer DNA von Westeurasiern geerbt. Die Vorfahren heute lebender Menschen hatten den eurasischen Kontinent folglich schon kurz nach der ersten Besiedlung erneut durchquert. Die Studie zeigt auch, dass das Erbgut der Frau, sowie auch das eines 40.000 Jahre alten Individuums aus China, DNA-Segmente von Denisovanern enthielt, einer ausgestorbenen Homininenform, die vor der Ankunft des modernen Menschen in Asien lebte.

    Im Jahr 2006 entdeckten Bergleute im Salkhit-Tal im Bezirk Norovlin in der östlichen Mongolei eine menschliche Schädeldecke mit eigenartigen morphologischen Merkmalen. Ursprünglich als Mongolanthropus bezeichnet, wurde das Fundstück zunächst für einen Neandertaler oder sogar einen Homo erectus gehalten. Bei den Überresten des „Salkhit“-Individuums handelt es sich um das einzige bekannte Fossil eines Homininen aus dem Pleistozän, das in der Mongolei gefunden wurde.

    Die aus der Schädeldecke extrahierte alte DNA zeigte, dass diese einem modernen Menschen gehört hatte, einer Frau, die vor 34.000 Jahren lebte und enger mit Asiaten als mit Europäern verwandt war. Vergleiche mit dem einzigen anderen bisher per DNA-Analyse untersuchten frühen modernen ostasiatischen Menschen, einem 40.000 Jahre alten Mann aus der Tianyuan-Höhle bei Peking in China, zeigten genetische Ähnlichkeiten zwischen beiden Individuen. Sie unterscheiden sich jedoch insofern, dass das Erbgut der Salkhit-Frau etwa zu einem Viertel von westlichen Eurasiern abstammt, wahrscheinlich durch Vermischung mit alten Sibirern.

    Migration und Interaktion

    „Das ist ein direkter Beleg dafür, dass Gemeinschaften moderner Menschen in Ostasien schon vor 34.000 Jahren recht kosmopolitisch waren“, sagt Diyendo Massilani, Erstautor der Studie und Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. „Dieses seltene Fundstück zeigt: Migrationen und Interaktionen zwischen verschiedenen Populationen fanden in ganz Eurasien bereits vor etwa 35.000 Jahren häufig statt.“

    Die Forschenden wendeten eine neue am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie entwickelte Methode an, die es ermöglichte DNA-Abschnitte von ausgestorbenen Homininen in den Genomen der Salkhit- und Tianyuan-Individuen zu finden. Sie stellten fest, dass die beiden Genome nicht nur DNA von Neandertalern enthielten, sondern auch DNA von Denisovanern, den geheimnisvollen asiatischen Verwandten der Neandertaler. „Es ist faszinierend zu sehen, dass die Vorfahren der ältesten Menschen Ostasiens, von denen uns genetische Daten vorliegen, sich bereits mit Denisovanern vermischt hatten, einer ausgestorbenen Homininenform, die Erbgut an die Vorfahren von heute in Asien und Ozeanien lebende Populationen weitergegeben hat“, sagt Byambaa Gunchinsuren, Forscherin am Institut für Archäologie der Mongolischen Akademie der Wissenschaften. „Das ist ein direkter Beweis dafür, dass Denisovaner und moderne Menschen einander vor mehr als 40.000 Jahren begegnet sind und sich miteinander vermischt haben.“

    „Interessanterweise überschneiden sich die Denisovaner-DNA-Fragmente dieser sehr alten Ostasiaten mit denen, die man in den Genomen heute in Ostasien lebender Menschen findet, nicht aber mit den Densiova-DNA-Fragmenten heute lebender Populationen aus Ozeanien. Es scheint also in der Vergangenheit verschiedene unabhängige Vermischungsereignisse zwischen Denisovanern und modernen Menschen gegeben zu haben“, sagt Massilani.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Diyendo Massilani
    Abteilung für Evolutionäre Genetik
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    +49 341 3550-851
    diyendo_massilani@eva.mpg.de

    Prof. Dr. Svante Pääbo
    Abteilung für Evolutionäre Genetik
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    paabo@eva.mpg.de


    Originalpublikation:

    Diyendo Massilani, Laurits Skov, Mateja Hajdinjak, Byambaa Gunchinsuren, Damdinsuren Tseveendorj, Seonbok Yi, Jungeun Lee, Sarah Nagel, Birgit Nickel, Thibaut Devièse, Tom Higham, Matthias Meyer, Janet Kelso, Benjamin M. Peter, Svante Pääbo
    Denisovan ancestry and population history of early East Asians
    Science. 29. Oktober 2020


    Bilder

    Diyendo Massilani durchsuchte die Genome der Salkhit- und Tianyuan-Individuen auf DNA-Spuren von ausgestorbenen Homininen und wurde fündig.
    Diyendo Massilani durchsuchte die Genome der Salkhit- und Tianyuan-Individuen auf DNA-Spuren von aus ...

    MPI f. evolutionäre Anthropologie


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Diyendo Massilani durchsuchte die Genome der Salkhit- und Tianyuan-Individuen auf DNA-Spuren von ausgestorbenen Homininen und wurde fündig.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).