Die Bedrohung der globalen Biodiversität ist eine große Herausforderung für die Menschheit, aber über den konkreten Gefährdungszustand vieler Arten wissen wir bis heute nur sehr wenig. Eine Expedition der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) führte nun zur Wiederentdeckung des Voeltzkow-Chamäleons in Madagaskar, das seit mehr als 100 Jahren verschollen war. Die farbenprächtigen Reptilien leben wahrscheinlich nur wenige Monate lang während der Regenzeit. Die Studie ist heute in der Fachzeitschrift Salamandra erschienen.
Bei einer internationalen Expedition unter Leitung der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) ist es gelungen, das seltene Voeltzkow-Chamäleon (Furcifer voeltzkowi) in Nordwest-Madagaskar aufzuspüren – nachdem es über 100 Jahre verschollen war.
Genetische Untersuchungen ergaben, dass die Art am nächsten mit Labord's Chamäleon (Furcifer labordi) verwandt ist, das als eines der Wirbeltiere mit der kürzesten individuellen Lebensdauer gilt und nur wenige Monate während der Regenzeit lebt. Nach dem Schlupf aus dem Ei wachsen die Tiere im Rekordtempo heran, paaren sich, kämpfen mit Artgenossen und legen ihre Eier ab, bevor sie erschöpft am Ende der Regenzeit sterben. Die Forscher vermuten, dass der Lebenszyklus beim Voeltzkow-Chamäleon ähnlich abläuft.
„Diese Tiere sind quasi die Eintagsfliegen unter den Wirbeltieren“ sagt Dr. Frank Glaw, Kurator für Reptilien und Amphibien an der ZSM, „daher muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um diese Chamäleons nachweisen zu können. Und das ist während der Regenzeit gar nicht so einfach, da viele Straßen dann nicht befahrbar sind. Dies ist vermutlich auch ein Grund dafür, warum das farbenfrohe Reptil so lange übersehen wurde."
Auf ihrer Expedition entdeckten die Forscher auch die bisher noch völlig unbekannten Weibchen, die insbesondere bei Trächtigkeit, Begegnungen mit Männchen und anderem „Stress“ eine äußerst prächtige Färbung auflegen.
„Nach allem was wir wissen, ist das Voeltzkow-Chamäleon zum Glück nicht akut vom Aussterben bedroht“, sagt Dr. David Prötzel, ebenfalls Mitglied im Expeditionsteam, „da sein Verbreitungsgebiet vermutlich noch relativ groß ist“. Jedoch sind viele Trockenwälder bereits abgeholzt und der natürliche Lebensraum der Art wird immer kleiner.
Verschollene Arten gibt es nicht nur in Madagaskar, sondern überall auf der Welt. Um mehr über ihren Gefährdungszustand herauszufinden und sie vor dem Aussterben zu bewahren, hat die Naturschutzorganisation Global Wildlife Conservation im Jahr 2017 eine weltweite Initiative gestartet mit dem Ziel „25 most wanted lost species“ aufzuspüren. Mit dem Voeltzkow-Chamäleon wurde nun die sechste Art im Rahmen dieses Programms wiederentdeckt.
Dr. Frank Glaw
SNSB – Zoologische Staatssammlung München
Münchhausenstraße 21, 81247 München
Tel.: 089 8107 114
E-Mail: glaw@snsb.de
Glaw, F., D. Prötzel, F. Eckhardt, N. A. Raharinoro, R. N. Ravelojaona, T. Glaw, K. Glaw, J. Forster & M. Vences (2020): Rediscovery, conservation status and genetic relationships of the Madagascan chameleon Furcifer voeltzkowi. – Salamandra 56 (4): 342-354 http://www.salamandra-journal.com/index.php/home/contents/2020-vol-56/1996-glaw-...
http://www.zsm.mwn.de – Zoologische Staatssammlung München
http://www.snsb.de – Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
Weibchen des Voeltzkow-Chamäleons in der Prachtfärbung.
Kathrin Glaw, SNSB
Männchen des Voeltzkow-Chamäleons.
Frank Glaw, SNSB-ZSM
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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