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05.11.2020 10:55

Die richtige Kost für kranke Kinder - oft ein Problem

Giulia Roggenkamp Pressestelle
Stiftung Kindergesundheit

    Stiftung Kindergesundheit informiert über Defizite in der Ernährungsberatung und -therapie in Kinderkliniken

    In keinem anderen Lebensabschnitt ist die Qualität der Ernährung so wichtig wie in der Kindheit. Sie ist die Grundlage für gesundes Wachstum und ungestörte Entwicklung, für lebenslange Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Besonders für chronisch kranke Kinder kann die richtige Ernährung von entscheidender Bedeutung sein, um ihre Lebensqualität zu fördern und ein Leben ohne schwere Belastungen oder Langzeitschäden zu ermöglichen. In der Ernährungstherapie kranker Kinder in Deutschland gibt es jedoch große Defizite, beklagt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme: Die Ausstattung der Kinderkliniken mit Ernährungsfachkräften entspricht nicht dem tatsächlichen Bedarf, und die Kosten einer bedarfsgerechten Ernährungsberatung werden durch das starre System der Fallpauschalen nicht gedeckt.

    „Die Auswirkungen einer unausgewogenen Ernährung sind bei Kindern gravierender als bei Erwachsenen“, betont Prof. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit und Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). „Im Vergleich zu Erwachsenen sind bei kranken Säuglingen, Kindern und Jugendlichen die Folgen einer Fehlernährung weitaus schwerwiegender auf den Heilungsprozess und die Entstehung von Komplikationen. Besonders bei Babys und Kleinkindern wirkt sich ein durch Fehlernährung entstehendes Untergewicht nachteilig auf das Längenwachstum aus, kann die körperliche und intellektuelle Reifung hemmen und auch das Immunsystem schwächen, mit der Folge von gehäuften Infektionen. Die langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit werden nachhaltig beeinträchtigt.“

    Besonders wichtig ist die fachgerechte Ernährungs- und Diätberatung für die große Gruppe von Kindern mit einer chronischen oder ernährungsbedingten Erkrankung. Dazu zählen unter anderem Kinder mit Morbus Crohn, Zöliakie, Leberentzündungen, Asthma, Allergien, Epilepsie und angeborenen Fehlbildungen wie z. B. Herzfehlern.

    Untergewicht wird oft unterschätzt

    Neben dem großen Problem Übergewicht ist auch Untergewicht ein wichtiges, oft unterschätztes Thema der Ernährungsmedizin, betont die Stiftung Kindergesundheit. Nach aktuellen Studien ist fast jedes vierte Kind, das ins Krankenhaus muss, mäßig bis schwerwiegend untergewichtig. Besonders hoch ist das Risiko einer Mangelernährung bei kranken Kindern unter zwei Jahren und bei Kinder mit Erkrankungen des Nervensystems und der Verdauungsorgane.

    Auch schwerkranke Kinder sind durch Mangelernährung gefährdet. So waren Kinder einer Studie, die bei ihrer Aufnahme auf die Intensivstation zu 9 Prozent Untergewicht aufwiesen, bei ihrer Entlassung bereits zu 23 Prozent untergewichtig. Auch viele sehr unreife Frühchen fallen auf der Neugeborenen-Intensivstation noch weiter auf ihrer Gewichtsperzentile ab.

    „Entsprechend ist ein bedarfsgerechtes Angebot einer qualifizierten präventiven und therapeutischen Ernährungsberatung und -therapie in der Pädiatrie besonders wichtig“, unterstrich die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin in einer aktuellen Stellungnahme in der „Monatsschrift Kinderheilkunde“. „Dieses erfordert pädiatrisch geschulte und erfahrene Ernährungsfachkräfte in der ambulanten und der stationären Versorgung sowie ausreichend ausgestattete multidisziplinäre Ernährungsteams an allen kinder- und jugendmedizinischen Kliniken.“.

    Personalnot und Zeitmangel in den Kinderkliniken

    Das Problem dabei: Die Kinderkliniken in Deutschland sind einem massiven wirtschaftlichen Druck ausgesetzt, beklagt die Stiftung Kindergesundheit. Es herrschen Personalnot und Zeitmangel, es fehlt an Fachpersonal, Ernährungsteams und an Geräteausstattung.

    Erschwerend kommt hinzu, dass die ernährungsmedizinische Diagnostik und Behandlung im Kindesalter wesentlich zeit- und personalaufwendiger ist als bei erwachsenen Patienten. Der Grund liegt nicht nur in den unterschiedlichen Krankheitsbildern, an denen die chronisch kranken Kinder leiden: Der wachsende kindliche Organismus hat besondere Bedürfnisse, die sich in den verschiedenen Alters- und Entwicklungsabschnitten drastisch ändern können und deshalb auch in der Ernährung berücksichtigt werden müssen.

    Kinder- und Jugendarzt Professor Berthold Koletzko: „Im Gegensatz zur Ernährungsberatung bei Erwachsenen ist bei Babys, Kleinkindern und Jugendlichen ein individueller und für die jeweilige Altersgruppe angepasster Ansatz erforderlich, der für viele Kinder spezielle Beratungs- und Schulungskonzepte für die Familie benötigt“.

    Intensive Schulung zur Auswahl und Zubereitung der Speisen bei kranken Kindern

    Die Schulung hat zum Ziel, die zur Behandlung der Krankheit notwendige Ernährungsweise nicht nur dem betroffenen Patienten, sondern auch den Eltern und eventuell weiteren Betreuungspersonen im sozialen Umfeld, also zu Hause, in der Schule und in der Freizeit zu erklären. „Oft sind auch praktische Anleitungen und Übungen zur Auswahl geeigneter Lebensmittel und deren Zubereitung notwendig. Mitunter müssen auch weitere Betreuungspersonen, zum Beispiel Erzieherinnen oder Lehrkräfte einbezogen werden“, so Professor Koletzko.

    Diese zeit- und personalintensive ernährungsmedizinische Betreuung von Kindern und Jugendlichen wird jedoch im System der Fallpauschalen in deutschen Kliniken nicht ausreichend berücksichtigt. Die Folgen:

    • Die Unterfinanzierung führt zu einem Mangel an pädiatrisch geschulten und erfahrenen Ernährungsfachkräften.

    • Für die notwendige Ernährungstherapie bei vielen chronischen Krankheiten des Kindesalters sind die Abrechnungsmöglichkeiten der Kliniken unzureichend oder fehlen sogar gänzlich.

    Gezielte Ernährung wirkt wie gute Medizin

    „Bei ernährungsabhängigen Erkrankungen im Säuglings-, Kinder- und Jugendalter wirkt eine zielgerichtete Ernährung wie gute Medizin“, unterstreicht Professor Berthold Koletzko: „Sie kann das Risiko krankheitsbedingter Komplikationen und Gesundheitsschäden reduzieren. Die praktische Umsetzung scheitert jedoch häufig an der Unterfinanzierung der Kliniken. Auch deshalb begrüßen wir den Vorschlag des Gesundheitsausschusses des Bundesrates vom November 2020, die derzeit geltenden Fallpauschalen für die stationäre Kinder- und Jugendmedizin grundlegend zu verändern und durch ein kostendeckendes Vergütungssystem zu ersetzen“.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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