Eine Corona-Infektion kann jeden treffen, auch in der Schwangerschaft. Welche Folgen das für Mutter und Kind hat, untersuchen Wissenschaftler des Forschungsnetzwerkes der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) mit dem Projekt „COVID-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study in Germany“ (CRONOS). Erste Ergebnisse aus CRONOS veröffentlichten die Wissenschaftler nun im Deutschen Ärzteblatt. Demnach wurden bis zum 1.Oktober 2020 aus 65 Kliniken insgesamt 247 SARS-CoV-2 positiv getestete Schwangere gemeldet.
Die Studie bündelt Expertise der Geburtshilfe und Neonatologie in mehr als 120 Deutschen Kliniken und wird durch die beiden Studienleiter PD Dr. Ulrich Pecks, Leiter der Geburtshilflichen Abteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein am Campus Kiel zusammen mit Prof. Dr. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden koordiniert.
Der Geburtshelfer PD Dr. Pecks kommentiert, dass erfreulicherweise die meisten schwangeren Frauen einen günstigen Verlauf haben. Dennoch sei die Erkrankung ernst zu nehmen. 14 Frauen wurden intensivmedizinisch betreut. „COVID-19 stellt gerade in der Schwangerschaft eine Herausforderung dar, da Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind“, so Dr. Pecks. Zwischenzeitlich haben 185 und damit Dreiviertel der Schwangeren entbunden; die meisten auf natürlichem Weg; 75 Frauen (41 Prozent) wurden durch einen Kaiserschnitt entbunden. „Damit wurde in der untersuchten Gruppe zwar häufiger eine Kaiserschnittentbindung im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt vergangener Jahre durchgeführt, seltener aber im Vergleich zu Schwangeren in vielen anderen Ländern“, resümiert der Geburtshelfer.
„Für Neugeborene hat SARS-CoV-2 insbesondere durch häufigere Frühgeburten eine Auswirkung“, erklärt Prof. Mario Rüdiger. Im CRONOS-Register wurden 25 Kinder (knapp 14 Prozent) zu früh und vor der 38. Schwangerschaftswoche geboren. Es waren aber lediglich zirka zwei Prozent der Neugeborenen SARS-Cov-2 positiv getestet worden. Und in den meisten Fällen geht diese Infektion des Neugeborenen nur mit minimalen Krankheitssymptomen einher. „Ähnliche Größenordnung geben auch internationale Daten her. Das sind relativ beruhigende Zahlen. Wichtig für die Mütter ist, nach der Geburt darauf zu achten, ihr Neugeborenes nicht anzustecken“, so Prof. Rüdiger.
Auch während der Schwangerschaft selbst gaben über 36 Prozent der Schwangeren an, komplett symptomfrei zu sein. Wenn es unter den Frauen zu Beschwerden kam, traten Husten (37,7 Prozent) oder ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Schüttelfrost (33,6 Prozent) auf. Von einer vermehrten Abgeschlagenheit und Müdigkeit wurde in 27,5 Prozent der Fälle berichtet und eine von vier Betroffenen bemerkte Geschmacks- sowie Geruchsstörungen. Eher selten traten Übelkeit oder Schwindel auf.
„Diese zentrale Studie zu den Folgen einer Sars-CoV2 Infektion in der Schwangerschaft zeigt erfreulicherweise überwiegend milde Verläufe ohne schwerwiegende Folgen für Mutter und Kind“, erläutert Prof. Dr. Joachim Thiery, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Kiel und Vorstandsmitglied des UKSH. „Diese Studie belegt zudem eindrucksvoll wie professionell die Kliniken in der Pandemie deutschlandweit zusammenarbeiten und wie schnell wichtige Ergebnisse durch die Universitätsmedizin zusammengeführt und publiziert werden können.“ Prof. Thiery hofft, dass dieses vorbildliche Netzwerk für auch nach der Pandemie erhalten bleibt.
„Uns gelingt es mit solchen Studien immer besser, das SARS-CoV-2-Virus zu verstehen und auch für ganz bestimmte Patientengruppen gezielte Maßnahmen zu entwickeln“, erklärt Prof. Dr. Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät der TU Dresden. Wichtig sei es daher, die Erfassung in der aktuellen Situation fortzuführen, nur so ist es möglich, die Übertragbarkeit internationaler Daten auf die deutschen Verhältnisse zu überprüfen und entsprechend adaptierte Empfehlungen zur medizinischen Versorgung abzugeben.
Die für Deutschland gefundenen Ergebnisse zur Auswirkung einer SARS-CoV-2 Infektion während der Schwangerschaft decken sich mit kürzlich durch das Center for Disease Control and Prevention (CDC) veröffentlichten Daten. Das CDC wertete Gesundheitsdaten von US-Amerikanerinnen aus, die zwischen dem 22. Januar und dem 3. Oktober 2020 positiv auf das Coronavirus getestet wurden und Symptome hatten; damit also an Covid-19 erkrankt waren. Das Ergebnis: „Obwohl das absolute Risiko für schwere Erkrankungen bei Frauen niedrig ist, gibt es bei schwangeren Frauen im Vergleich zu nicht-schwangeren gleichen Alters ein erhöhtes Risiko für eine schwere Covid-19-Verläufe“, heißt es in der Studie.
Eine abschließende Beurteilung der Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf die Schwangeren und Neugeborenen ist aufgrund der aktuell noch geringen Fallzahl in Deutschland in Bezug auf Risikofaktoren zu schweren mütterlichen Verläufen und kindlichen Infektionen noch nicht möglich. „Daher ist es unbedingt notwendig, dass wir das Deutsche CRONOS-Register gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des DGPM-Forschungsnetzwerks weiterführen, auch wenn derzeit die Finanzierung nicht geklärt ist“, sind sich Prof. Rüdiger und Dr. Pecks einig. Aktuelle Daten aus dem CRONOS-Register, an dem sich mittlerweile 130 Kliniken beteiligen, die in Deutschland ca. ein Viertel aller Geburten betreuen, veröffentlicht die DGPM regelmäßig auf ihrer Webseite (https://www.dgpm-online.org/gesellschaft/covid-19/).
Die Studie wurde im Ärzteblatt veröffentlicht unter DOI 10.3238/arztebl.2020.0841 (Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 841-2; ONLINE first).
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, PD Dr. Ulrich Pecks
Tel.: 0431 500-21421, E-Mail: ulrich.pecks@uksh.de
Die Studie wurde im Ärzteblatt veröffentlicht unter DOI 10.3238/arztebl.2020.0841 (Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 841-2; ONLINE first).
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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