Chinas Aktivitäten in Afrika dürften inzwischen bekannt sein. Aber auch Indien ist dort ein wichtiger Player. Damit befasste sich Philipp Gieg in seiner Doktorarbeit, für die er jetzt erneut ausgezeichnet wurde.
Der 12. November 2020 war ein schöner Tag für den Politikwissenschaftler Philipp Gieg von der Uni Würzburg: Er wurde für seine Dissertation mit dem Kulturpreis Bayern ausgezeichnet, den die Bayernwerk AG zusammen mit dem bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst verleiht. Die Preisvergabe verfolgte er allerdings zu Hause am Computer – sie fand coronabedingt als digitales Format statt. Er selbst war vor Ort in Form eines Fotos und eines kurzen Videos vertreten, das er den Veranstaltern geschickt hatte.
Zusätzlich zum Preisgeld von 2.000 Euro erhielt Gieg die Bronzestatue „Gedankenblitz“, ein Werk des Schwandorfer Bildhauers Peter Mayer. Das ist nun schon die zweite Auszeichnung, die der gebürtige Würzburger für seine Doktorarbeit bekommt: Ihm wurde 2020 auch ein Preis aus der Unterfränkischen Gedenkjahrstiftung für Wissenschaft verliehen.
Zweitgrößter Handelspartner Afrikas
Das Thema von Giegs Doktorarbeit: „India's Africa Policy – The Economisation and Modification of a Millennia-Old Relationship". Indiens Afrikapolitik? Dass China in vielfacher Weise auf dem afrikanischen Kontinent zugange ist, hat man schon oft gehört oder gelesen. Aber Indien?
"Es ist in der Tat nicht so bekannt, dass Indien schon seit langem in und mit Afrika aktiv ist", sagt Gieg. Aktuell ist Indien hinter China der zweitgrößte Handelspartner des Kontinents. Das Land kauft dort Öl, Kohle und andere Rohstoffe. Und es liefert vor allem Medikamente und High-Tech-Produkte. "Die Hilfsorganisationen, die sich in Afrika engagieren, beziehen beispielsweise rund 80 Prozent der HIV-Medikamente aus Indien", erzählt Gieg. Als Investor ist Indien ebenfalls aktiv: "Immer mehr indische Firmen bauen Produktionsstätten in afrikanischen Ländern auf."
Starke politische Beziehungen
Nicht übersehen dürfe man aber, dass die Verbindungen zwischen Indien und Afrika weit über den bloßen Handel hinausgehen. "Auch auf der politischen Ebene sind die Beziehungen stark", so Gieg. In der Weltpolitik erhebe Indien seine Stimme sehr häufig auch für Afrika. Bei seinem Streben nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zum Beispiel stelle Indien regelmäßig die Forderung, dass auch Afrika einen Sitz erhalten müsse.
Seit den 1990er-Jahren stellt Indien regelmäßig große Truppenkontingente für UN-Friedensmissionen in Afrika – und nicht nur dort. "Indien ist durchgehend unter den Top 5 der Truppensteller für die UN. Bei aller Kritik, die man an diesen Missionen üben kann: Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, dass Indien einen Sitz im Sicherheitsrat bekommt", sagt Gieg.
Aktuell plane Indien, in den kommenden Jahren 18 neue Botschaften in Afrika zu eröffnen. Damit werde es künftig in jedem Land des Kontinents diplomatische Vertretungen unterhalten.
Indischer Ozean als wichtiger Handelsweg
Kooperationen gibt es auch in der Sicherheitspolitik. Der indische Ozean ist ein extrem wichtiger Handelsweg, den Indien gesichert wissen will. Es hat darum mit ostafrikanischen Staaten Verträge geschlossen. Die erlauben es der indischen Marine, die Seewege auch in afrikanischen Hoheitsgewässern zu bewachen.
All diese politischen Beziehungen fußen laut Gieg auf einer traditionsreichen Basis: "Handel über den indischen Ozean gab es schon vor mehr als 2000 Jahren. Der Kolonialismus brachte die gemeinsame Erfahrung von Ausbeutung und Unterdrückung durch die britische Kolonialmacht, und in der Zeit seit der Unabhängigkeit waren Indien und Afrika eng verbunden. Darum gibt es auch in vielen Ländern Ost- und Südafrikas eine teils große indischstämmige Bevölkerung."
Aufgrund dieser engen Verbundenheit werden Indiens Beziehungen zu Afrika auf lange Sicht nachhaltiger sein als Chinas Beziehungen zu Afrika – das meint zumindest Gieg.
Erste große Monographie zum Thema
Der Würzburger Politikwissenschaftler zeichnet in seiner Dissertation ein differenziertes Gesamtporträt der indischen Afrikapolitik. Die Arbeit wird voraussichtlich Anfang 2021 als Buch auf den Markt kommen. "Sie wird die erste große Monographie über Indiens Afrikapolitik sein; eine Gesamtstudie zu diesem Thema gibt es bisher nicht", sagt der Autor.
Philipp Gieg hat an der Uni Würzburg Jura, Europäisches Recht, Politik und Soziologie studiert. Sein Interesse für Afrikas internationale Beziehungen entdeckte er schon im Studium, und zwar in den Lehrveranstaltungen von Politik-Professorin Gisela Müller-Brandeck-Bocquet. Sie sollte ihn später bei seiner Dissertation betreuen.
Institut pflegt Kooperationen mit Indien
Bei der Professorin schrieb Gieg auch seine Magisterarbeit über die Beziehungen zwischen China und Afrika. Damals wurde ihm erstmals klar, dass auch Indien eine intensive Afrikapolitik betreibt. "Ich dachte, das könnte doch ein gutes Thema für meine Dissertation werden", erzählt er.
Wie es der Zufall wollte, startete das Institut für Politikwissenschaft und Soziologie genau zu dieser Zeit eine Kooperation mit indischen Universitäten. Mit Fördergeld vom Deutschen Akademischen Austauschdienst und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung wurden deutsch-indische Kontakte etabliert und vertieft. Gastlehrende aus Indien kamen nach Würzburg, Würzburger Lehrende absolvierten Aufenthalte in Indien – Gieg war dabei, er konnte vor Ort für seine Doktorarbeit forschen. Die Kooperationen bestehen weiterhin. Sie bieten den Studierenden nach wie vor spannende Themen für Abschlussarbeiten.
Philipp Gieg, Professur für Europaforschung und internationale Beziehungen am Institut für Politikwissenschaft und Soziologie, T: +49 931 31-89129, philipp.gieg@uni-wuerzburg.de
https://www.politikwissenschaft.uni-wuerzburg.de/lehrbereiche/ib/mitarbeiterinne... Philipp Giegs Webseite
https://www.politikwissenschaft.uni-wuerzburg.de/arbeitskreise/indien-forum/ Indien-Forum am Institut für Politikwissenschaft und Soziologie
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