idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.11.2020 09:11

Der Duft des Miteinander – Forschungsteam mit Göttinger Beteiligung untersucht Sozialverhalten von Ratten

Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Wanderratten sind äußerst sozial. Sie leben in Gruppen und helfen Artgenossen, an Futter zu kommen, wenn ihnen vorher selbst geholfen wurde. Gegenüber eigennützigen Partnern sind sie hingegen weniger großzügig. Wie aber bestimmen sie die Hilfsbereitschaft ihrer Sozialpartner? Eine Studie der Universitäten Bern, Göttingen und St. Andrews zeigt nun, dass sie dafür den Geruch heranziehen, der bei einer Hilfeleistung abgegeben wird. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B erschienen.

    (pug) Gegenseitige Hilfe ist im Tierreich weiterverbreitet, als man denkt. Besonders häufig wechseln sich Tiere bei der gegenseitigen Körperpflege ab, aber auch bei der Nahrungsbeschaffung, beim Wache schieben und bei der Brutpflege folgen viele Tiere dem Prinzip „wie du mir, so ich dir“. Dabei muss aber immer darauf geachtet werden, von egoistischen Sozialpartnern nicht ausgenutzt zu werden. Wanderratten helfen sich gegenseitig, an Futter zu kommen, und sie wechseln sich in der sozialen Fellpflege ab. Sie tauschen dabei sogar unterschiedliche Annehmlichkeiten untereinander aus, etwa nach dem Motto „verschaffst Du mir einen Leckerbissen, putze ich dir das Nackenfell“. Aber wie nehmen sie die Hilfsbereitschaft von Sozialpartnern tatsächlich wahr, um entscheiden zu können, wem sie helfen sollen? Ratten sind nachtaktiv und sehen vergleichsweise schlecht. Sie kommunizieren im Ultraschallbereich und sie haben – wie Nagetiere allgemein – einen hochentwickelten Geruchssinn. Wie nehmen sie also wahr, wie freizügig bestimmte Artgenossen sind? Nur hilfreichen Partnern gegenüber sollten sie selbst großzügig sein.

    In einer Serie von Experimenten haben Forschende an der Ethologischen Station Hasli der Universität Bern nun gezeigt, dass die Informationsquelle, die Ratten für ihre Entscheidung heranziehen, anderen zu helfen, der bei der Hilfestellung produzierte Geruch ist. Nina Gerber, die diese Versuche durchführte, hat die Tiere dafür so mit Sozialpartnern kombiniert, dass sie deren Hilfeleistung und den Geruch, den sie dabei abgeben, experimentell entkoppelte. „Egal, ob die Partnerratte im Nachbarabteil hilfsbereit war oder nicht – sobald dem Versuchstier der Geruch einer anderen Ratte, die einem anderen Tier half, in den Käfig geblasen wurde, stimmte sie das kooperativ“, sagt Erstautorin Dr. Nina Gerber, die inzwischen in der Abteilung Wildtierwissenschaften der Universität Göttingen arbeitet.

    „Überraschenderweise war der Geruch, und nur dieser allein, für die Hilfsbereitschaft der Versuchstiere verantwortlich, selbst wenn die Hilfeaktion in einem anderen Raum stattfand – also einzig und allein die dort abgesaugte Luft in den Versuchskäfig übertragen wurde“, ergänzt Manon Schweinfurth, die an der Studie beteiligt war, und zur Zeit an der Fakultät für Psychologie und Neurowissenschaften der University of St. Andrews forscht. Damit konnten jegliche alternativen Reize als mögliche Auslöser für die Hilfsbereitschaft der Versuchstiere ausgeschlossen werden, da nur der Luftstrom von Raum zu Raum transferiert wurde, also weder visuelle noch akustische Signale zur Verfügung standen.

    Auch wenn Menschen sich offenbar nicht wie Ratten auf die Kommunikation durch Gerüche verlassen, weisen einige Studien darauf hin, dass Gerüche der Schlüssel zur Partnersuche sind und dass der Geruch bestimmter Chemikalien das Vertrauen in andere erhöhen kann. Ob es einen „Duft des Miteinander“ bei Menschen gibt, wäre eine interessante Frage für zukünftige Studien.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Nina Gerber
    Georg-August-Universität Göttingen
    Abteilung Wildtierwissenschaften
    Telefon: +41 (0) 792657679
    nina.gerber@uni-goettingen.de


    Originalpublikation:

    Gerber N et al “The smell of cooperation: rats increase helpful behaviour when receiving odour cues of a conspecific performing a cooperative task”, Proceedings of the Royal Society B. Doi: https://doi.org/10.1098/rspb.2020.2327


    Bilder

    Die Wanderratte (Rattus norvegicus) ist, wie die meisten Rattenarten, sehr gesellig und kooperiert, um sich gegenseitig zu helfen.
    Die Wanderratte (Rattus norvegicus) ist, wie die meisten Rattenarten, sehr gesellig und kooperiert, ...
    Manon Schweinfurth

    Eine Ratte (rechts) hilft, indem sie an der Plattform zieht, so dass die andere Ratte (links) das Leckerli (in diesem Fall eine Haferflocke) erreichen kann. Die ziehende Ratte hat keinen unmittelbaren Nutzen von der Hilfe.
    Eine Ratte (rechts) hilft, indem sie an der Plattform zieht, so dass die andere Ratte (links) das Le ...
    Michael Taborsky


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Die Wanderratte (Rattus norvegicus) ist, wie die meisten Rattenarten, sehr gesellig und kooperiert, um sich gegenseitig zu helfen.


    Zum Download

    x

    Eine Ratte (rechts) hilft, indem sie an der Plattform zieht, so dass die andere Ratte (links) das Leckerli (in diesem Fall eine Haferflocke) erreichen kann. Die ziehende Ratte hat keinen unmittelbaren Nutzen von der Hilfe.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).