Für viele Kulturkreise ist Deutschland ein regelrechter Kulturschock. Forschende und Studierende der Uni Würzburg wollen das ändern – und haben nun ein interkulturelles Training für Auszubildende aus Laos entwickelt.
Laos und Deutschland sind sehr unterschiedlich. Das weiß man insbesondere in der Firma „BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau“ aus Weiherhammer (Bayern). Die Firma kooperiert mit dem Lao-German Technical College und lässt regelmäßig junge Männer und Frauen aus dem asiatischen Laos einen Teil ihrer Ausbildung in Deutschland absolvieren. Doch für diese ist Deutschland oft ein Kulturschock.
Wie kann diese Erfahrung abgemildert werden? Wie können laotische Auszubildende an Deutschland und die hier geltenden gesellschaftlichen Normen herangeführt werden? Damit befasst sich der Lehrstuhl für Sonderpädagogik V – Pädagogik bei Verhaltensstörungen der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Seit nun mehr als zehn Jahren engagiert sich der Lehrstuhl unter Leitung von Professor Roland Stein im Projekt „Globale Systeme und interkulturelle Kompetenz“ und ist somit zu einem festen Bestandteil dieses Gesamtprojekts geworden. Ein grundlegendes Ziel ist die Verknüpfung zwischen (Sonder-)Pädagogik und Interkulturalität. In einem Seminar im Rahmen dieses Projekts konnten Studierende dies nun handlungsorientiert erleben, indem sie dabei halfen, ein Training für laotische Azubis zu entwickeln.
Bislang keine passenden Trainings in Deutschland
Interkulturelle Trainings sind in Deutschland keine Seltenheit. Doch oft konzentrieren sie sich auf den arabischen Raum. „Für Laos gab es schlichtweg keine interkulturellen Lernangebote. Daher haben wir uns einen Weg überlegt, Studierende für dieses Thema ganz praktisch zu sensibilisieren und gleichzeitig laotischen Auszubildenden bei ihrem Aufenthalt in Deutschland zu helfen“, so Professor Thomas Müller vom Lehrstuhl Sonderpädagogik V.
Im Rahmen des Seminares „Interkulturelle Handlungsfelder“ des Lehrstuhls setzten sich Studierende verschiedenster Studiengänge zusammen und beschäftigten sich zunächst theoretisch und praktisch mit Kommunikationsprozessen und der Politik, Gesellschaft und Kultur von Laos. Dieses Wissen galt es dann mit dem gesellschaftlichen System in Deutschland zu verbinden. Für die laotischen Azubis entstand daraus ein Training, das ihnen einen Überblick über Politik, Geographie, Geschichte, Religion, Kultur und Familienstrukturen in Deutschland näherbringt.
Zeit und Kommunikation im Fokus
„Es geht dabei nicht nur um die Unterschiede, sondern auch um Gemeinsamkeiten zwischen Laos und Deutschland“, erklärt Seminarleiterin Miriam Lohrmann. Vor allem die Themen Zeit und Kommunikation stehen im Fokus des von den Studierenden entwickelten Trainings. Denn die Sprachbarriere scheitert oftmals nicht nur an Vokabeln, sondern an kulturellen Missverständnissen. „Ziel des Trainings ist es auch, mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern übliche und unübliche Verhaltensweisen in Deutschland zu erarbeiten und so das Ankommen im sozialen Leben und im beruflichen Alltag zu erleichtern“, so Lohrmann.
Das Entwicklerteam bestand aus den Studierenden Maximilian Ament, Anitra Harbeke, Anna Kirschner und Anna Schwarzkopf. Vor allem legten Lohrmann und Müller besonderen Wert auf die interdisziplinäre Ausrichtung des Projekts – so kommen die Studierenden aus den Bereichen Lehramt, Wirtschaftswissenschaft sowie Politik- und Sozialwissenschaft.
Das erste Training der Studierenden sollte eigentlich schon im September 2020 erprobt werden. Doch Corona machte dem einen Strich durch die Rechnung. Wenn möglich soll dieses nun 2021 mit fünf laotischen Azubis nachgeholt werden. Nach einer Evaluation ist es das Ziel aller Beteiligten, das Training fest in die betriebliche Ausbildung der Firma BHS zu integrieren.
Prof. Dr. Thomas Müller, Institut für Sonderpädagogik V - Lehrstuhl Pädagogik bei Verhaltensstörungen, Universität Würzburg, thomas.mueller1@uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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