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16.02.2004 15:19

Dramatischer Schwund der Toxikologie an deutschen Universitäten

Thomas Jung Universitätskommunikation
Technische Universität Kaiserslautern

    Durch eine verfehlte Strukturpolitik einzelner Länder im Bildungsbereich ist es zu einer dramatischen Entwicklung für das Fach Toxikologie an deutschen Universitäten gekommen, argumentieren Prof. Dr. Gerhard Eisenbrand und Prof. Dr. Dieter Schrenk, Fachrichtung Lebensmittelchemie und Umwelttoxikologie im Fachbereich Chemie der TU Kaiserslautern.

    Die nicht abgestimmte Umsetzung massiver Sparauflagen führt meist dazu, dass kleine, als nicht absolut notwendig angesehene Fächer ohne entsprechenden Einfluss an der Hochschule weggespart werden. Dies geschieht derzeit mit den Instituten für Toxikologie an medizinischen Fakultäten deutscher Universitäten. Wenigstens kommt es zu einer Reduzierung der toxikologischen Institute zu Abteilungen mit einem einzelnen C3-Professor unter dem Dach eines Institutes für Pharmakologie und Toxikologe, so geschehen in Erlangen oder Tübingen und derzeit drohend in Hamburg und Göttingen.

    Die Einordnung der so geschaffenen, toxikologischen (Klein-)Abteilungen unter einen Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie ist weltweit längst überholt und entspringt dem veralteten Glauben an ein einheitliches "Fach" Pharmakologie und Toxikologie, welches in der Tat nicht mehr existiert. Die leitenden Lehrstuhlinhaber für Pharmakologie und Toxikologie sind nahezu ausschließlich Pharmakologen, also Arzneimittelforscher, die bezeichnenderweise so gut wie nie in toxikologischen Expertenrunden mitreden können.Die gestiegenen Anforderungen an die Teilnahme in Experten- und Beratungsgremien auf nationaler und internationaler Ebene sowie an die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Bearbeitung drängender Fragen in der Forschung kann die deutsche Toxikologie so nicht mehr erfüllen. Die Folge ist bereits jetzt ein Mangel an geeigneten deutschen Experten für internationale und nationale Gremien. Die Lücken lassen sich derzeit nur noch mit Kolleginnen und Kollegen im Ruhestand füllen.

    Auf europäischer Ebene bedeutet dies, dass wichtige Entscheidungen auf den Gebieten Chemikalien-, Arzneimittel- und Lebensmittelsicherheit künftig weitgehend ohne Sachverstand aus deutschen Universitäten vorbereitet werden. Das gestiegene Risikobewusstsein der Bevölkerung bezüglich Gesundheits- und Verbraucherschutz (zum Beispiel Lebensmittel-, Umwelt- und Arzneimittelsicherheit) sowie immer wieder auftretende Problemfälle und Skandale machen eine wissenschaftliche Bewertung erforderlich. Ohne sie sind Politik und Öffentlichkeit pseudowissenschaftlichen "Amateur-Toxikologen" schutzlos ausgeliefert. Die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses trifft auf zunehmende Schwierigkeiten, so dass sich der steigende Bedarf der Industrie teilweise nur noch aus dem Ausland decken lässt.

    Die Kultusminister von Bund und Ländern schieben die Verantwortung auf die Zuständigkeit der Universitäten, die wiederum den Einspardruck ins Feld führen. Die Industrie verweist auf die Zuständigkeit der öffentliche Hand für die Hochschulen. Staatliche Einrichtungen wie die zuständigen Ministerien für Gesundheit, Verbraucherschutz, Umwelt etc. der Länder und des Bundes, das Umweltbundesamt, das Bundesinstitut für Risikobewertung sowie die pharmazeutische und chemische Industrie haben bisher dieser dramatischen Entwicklung nahezu tatenlos zugesehen. Hier Abhilfe zu schaffen, kann nur durch ein Lehrstuhlerhaltungs- und Entwicklungsprogramm "Toxikologie" von Bund und Ländern ermöglicht werden. Toxikologische Institute müssen auch an medizinischen Fakultäten von der Streichliste ausgenommen, die drohenden Umstrukturierungen zum Beispiel in Hamburg und Göttingen verhindert, und neue Institute an medizinischen aber auch an naturwissenschaftlichen Fachbereichen geschaffen werden.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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