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11.11.1998 00:00

Erfolgreiche Forscher am Institut für Hygiene und Mikrobiologie

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Mit gleich drei Preisen wurden Wissenschaftler der Universität Würzburg bei der 50. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie Anfang Oktober in Berlin bedacht. Die zwei mit jeweils 15.000 Mark dotierten Hauptpreise, die 1998 aus Anlaß des 50jährigen Bestehens der Gesellschaft verliehen wurden, gingen an die Professoren Dr. Matthias Frosch und Dr. Helge Karch, während Dr. Werner Brunder einen Dissertationspreis erhielt.

    Alle drei Forscher sind im Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg tätig. Institutsvorstand Prof. Frosch wurde für seine Arbeiten über Meningokokken ausgezeichnet. Diese Bakterien sind die wichtigste Ursache einer Hirnhautentzündung, die insbesondere Kleinkinder im Lebensalter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren betrifft. Bei zehn Prozent der Patienten verläuft die Infektionskrankheit tödlich, bei bis zu 30 Prozent bleiben Nervenschäden zurück.

    Allein in Deutschland werden jährlich etwa 1.000 durch Meningokokken hervorgerufene Hirnhautentzündungen erfaßt. Dieser - relativ gesehen - geringen Zahl an Krankheitsfällen steht jedoch eine weite Verbreitung von Meningokokken in der Bevölkerung gegenüber: Etwa 10 bis 20 Prozent tragen die Erreger im Rachenraum, ohne aber jemals zu erkranken.

    Es ist das Verdienst von Prof. Frosch und seinen Mitarbeitern, die Ursachen für die Entstehung der Erkrankung auf molekularer Ebene aufgeklärt zu haben. Seine Arbeitsgruppe hat die bakteriellen Faktoren analysiert, die für den Ausbruch der Erkrankung und für die Fähigkeit der Erreger, die Immunabwehr zu umgehen und zu überwinden, verantwortlich sind. Das Wissen um die molekularen Vorgänge bei der Entstehung der Infektion ist wesentlich für die Entwicklung von Impfstoffen, die gegen diesen wichtigen Krankheitserreger bislang noch nicht zur Verfügung stehen.

    Ein weiteres Anliegen von Prof. Frosch ist die Aufklärung epidemiologischer Zusammenhänge. "Das gehäufte Auftreten von Meningokokken-Infektionen unter Jugendlichen im März diesen Jahres war ein Alarmzeichen", erklärt Prof. Frosch. Denn die verantwortlichen Erreger hätten einen gemeinsamen klonalen Ursprung, seien also genetisch identisch und zudem eng verwandt mit besonders aggressiven Stämmen, die zu Beginn der 90er Jahre epidemisch in der Tschechischen Republik auftraten. Diese Erreger seien jetzt erstmals auch in Deutschland nachweisbar gewesen.

    Nach Ansicht von Prof. Frosch ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten, um der weiteren Verbreitung dieser besonders gefährlichen Erreger entgegenzuwirken. Deren Erkennung sei nur mit aufwendigen molekularbiologischen Methoden möglich, die am Würzburger Hygiene-Institut entwickelt wurden.

    Prof. Karch erhielt den Preis für seine Arbeiten über die enterohämorrhagischen Escherichia coli-Bakterien (EHEC). Mit diesen gefährlichen Durchfallerregern beschäftigt er sich seit nunmehr 15 Jahren. Er habe, wie es in der Laudatio hieß, diesen neuen und wichtigen Erreger in seiner vollen mikrobiologischen und medizinischen Breite erforscht.

    "Infektionen mit EHEC sind von großer klinischer Relevanz", so Prof. Karch. Das liege daran, daß diese Bakterien Zellgifte freisetzen, die bei Kindern ein akutes Nierenversagen hervorrufen können. Neben diesen Zellgiften seien eine Reihe weiterer bakterieller Faktoren für das klinische Erscheinungsbild der Erkrankung verantwortlich. Die Arbeitsgruppe um Prof. Karch hat auch diese Faktoren eingehend untersucht. Darüber hinaus haben die Würzburger Forscher Methoden erarbeitet, mit denen sich EHEC bei Bluttests und im Stuhl frühzeitig diagnostizieren und identifizieren lassen.

    Von besonderer Bedeutung sind auch die Verfahren zur Typisierung von EHEC-Bakterien. Dadurch ist es Prof. Karch gelungen, mehrere in Deutschland vorkommende EHEC-Varianten zu identifizieren, darunter auch die sogenannten Sorbit-fermentierenden EHEC O157:H-, die seit 1995 für eine Vielzahl schwer verlaufender Erkrankungen verantwortlich sind. Prof. Karch ist Berater der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Union. Er hat ein europaweites Netzwerk als Frühwarnsystem bei auftretenden EHEC-Infektionswellen aufgebaut.

    Im Zusammenhang mit den EHEC-Bakterien steht auch die Auszeichnung von Dr. Werner Brunder, der bei der Tagung einen von der Firma Becton Dickinson gestifteten Dissertationspreis in Höhe von 3.000 Mark erhielt.

    Dr. Brunder untersuchte in seiner Doktorarbeit in der Arbeitsgruppe von Prof. Karch die Struktur und Funktion eines Plasmides von EHEC. Auf diesem genetischen Element identifizierte er mehrere Gene, darunter eines für ein Enzym, das aggressive Sauerstoffmoleküle abbaut. Solche bildet das Immunsystem zum Beispiel bei der Abwehr von Krankheitserregern. Der Besitz dieses Enzyms könnte also einen Überlebensvorteil für die Bakterien darstellen und ihre Ausbreitung begünstigen.

    Der Wissenschaftler fand ein weiteres EHEC-typisches Enzym: Es zerstört einen Eiweißstoff im Blut, der am kontrollierten Ablauf der Blutgerinnung beteiligt ist. Möglicherweise verstärkt dies die Darmblutungen, die bei EHEC-Infektionen häufig beobachtet werden. Neben der Beschreibung spezieller krankmachender Faktoren von EHEC interessiert sich Dr. Brunder dafür, wie solche Eigenschaften zwischen Bakterien weitergegeben werden können. Diese Frage sei besonders im Hinblick auf die Evolution neuer Krankheitserreger von großer Bedeutung.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Matthias Frosch, T (0931) 201-5160, Fax (0931) 201-3445, E-Mail:
    mfrosch@hygiene.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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