idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
13.01.2021 10:39

Kommt Trinkwasser bald aus dem Meeresboden?

Dr. Andreas Villwock Kommunikation und Medien
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

    Es klingt paradox - in vielen Regionen unseres blauen Planeten könnte die Trinkwasserversorgung in naher Zukunft problematisch werden. Meerwasser ist salzhaltig und daher nicht trinkbar. Doch unter dem Meeresboden gibt es bislang ungenutzte Frischwasserreserven, auf die die Geowissenschaften erst seit Kurzem ihre Aufmerksamkeit richten. Eine neue Übersichtsstudie, die in der internationalen Fachzeitschrift Reviews of Geophysics veröffentlicht wurde, zeigt Möglichkeiten, die mit diesen Wasserressourcen verbunden sind, aber auch bestehende Wissenslücken.

    Trinkwasser ist eine lebenswichtige Ressource. Obwohl 70 Prozent der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind, ist der Großteil davon - etwa 97 Prozent - salzhaltig und damit ungenießbar. Der Klimawandel, das globale Bevölkerungswachstum, die veränderte Landnutzung und andere Faktoren setzen die vorhandenen Trinkwasservorräte unter Druck. Nicht umsonst haben die Vereinten Nationen eine sichere Wasserversorgung in die Liste ihrer nachhaltigen Entwicklungsziele aufgenommen.

    In den 1960er Jahren wurden erstmals Frischwasservorkommen unter dem Meeresboden nachgewiesen. Wissenschaftler*innen aus sechs Ländern unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Universität Malta haben nun in der internationalen Fachzeitschrift Reviews of Geophysics die erste globale Bestandsaufnahme solcher Offshore- Grundwasservorkommen (Offshore Freshened Groundwater, OFG) veröffentlicht. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass OFG definitiv kein lokales Phänomen ist. Es ist vor den meisten Kontinentalrändern rund um den Globus dokumentiert worden“, sagt Dr. Aaron Micallef vom GEOMAR, Erstautor der Studie.

    Für die Übersichtsstudie wertete das Team insgesamt 300 dokumentierte Aufzeichnungen von OFG aus. Es schätzt das globale Volumen dieser Vorkommen auf eine Million Kubikkilometer. Das ist etwa doppelt so viel wie das Volumen des Schwarzen Meeres und etwa fünf Prozent des geschätzten globalen Grundwasservolumens in den oberen zwei Kilometern der kontinentalen Kruste. Die Vorkommen befinden sich hauptsächlich in Gebieten bis zu 55 Kilometer von den jeweiligen Küsten entfernt und bis zu einer Wassertiefe von 100 Metern. Die OFG entstanden überwiegend während Perioden mit besonders niedrigem Meeresspiegel in den letzten 2,5 Millionen Jahren.

    Geochemische Untersuchungen von OFG-Proben haben Aufschluss über die Mechanismen bei der Grundwassereinlagerung gegeben. „Die neuesten seismischen und elektromagnetischen Methoden der Meeresbodenerkundung sowie verbesserte Grundwassermodelle haben in den letzten Jahren unser Verständnis von Form und Ausdehnung der lange Zeit wenig beachteten Grundwasservorkommen vor den Küsten deutlich verbessert“, betont Aaron Micallef.

    Im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrat geförderten MARCAN-Projekts wurde der Meeresboden vor Neuseeland und Malta, Dr. Micallefs Heimatland, mit solchen Techniken gezielt untersucht. „Die bisherigen Ergebnisse sind ermutigend, weil wir OFG in sehr unterschiedlichen geologischen Umgebungen kartieren und detaillierte Kenntnisse darüber gewinnen konnten, wie es abgelagert wurde“, sagt Dr. Micallef.

    Die Studie zeigt aber auch wichtige Lücken im Verständnis von OFG auf, wie zum Beispiel den genauen Zeitpunkt der jeweiligen Entstehung und ob die Vorkommen derzeit neu befüllt werden. „Diese Informationen sind aber entscheidend, wenn wir die mögliche Nutzung von OFG als unkonventionelle Wasserquelle beurteilen wollen“, schließt Dr. Micallef.


    Originalpublikation:

    Micallef, A., M. Person, C. Berndt et. al. (2019): Offshore Freshened Groundwater in Continental Margins. Review of Geophysics, https://doi.org/10.1029/2020RG000706


    Weitere Informationen:

    http://www.geomar.de Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
    http://marcan.eu/ Das MARCAN-Projekt


    Bilder

    Die Karte gibt einen Überblick über Offshore-Grundwasservorkommen weltweit, bei denen die Mächtigkeit der wasserführenden Schicht bekannt ist.
    Die Karte gibt einen Überblick über Offshore-Grundwasservorkommen weltweit, bei denen die Mächtigkei ...

    Aus Micallef et al., 2020, bearb. Christoph Kersten/GEOMAR


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Die Karte gibt einen Überblick über Offshore-Grundwasservorkommen weltweit, bei denen die Mächtigkeit der wasserführenden Schicht bekannt ist.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).