idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
20.01.2021 18:10

Unterschiede zwischen gesetzlichen Landrechten und der Wahrnehmung der Bauern in Zentralasien

Daniela Schimming Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO)

    IAMO Policy Brief 38 deckt erhebliche Unterschiede zwischen gesetzlichen Landrechten und der Wahrnehmung der Bäuerinnen und Bauern in Kasachstan und Usbekistan auf

    In vielen Transformationsländern befinden sich die Systeme der Landbewirtschaftung noch in einem Reformprozess. Ein gut funktionierendes Rechtssystem erfordert jedoch Akzeptanz und Durchsetzung vor Ort (Rechtsstaatlichkeit). Neueste Erkenntnisse aus einer Befragung von landwirtschaftlichen Betrieben in Kasachstan und Usbekistan deuten darauf hin, dass die gesetzlichen Vorschriften in vielfältiger Hinsicht von der tatsächlichen Praxis in der Landbewirtschaftung abweichen. Im aktuellen IAMO Policy Brief 38 zeigen IAMO-Direktor Thomas Herzfeld und IAMO-Wissenschaftlerin Zarema Akhmadiyeva daher auf, welche erheblichen Unterschiede zwischen den gesetzlichen Landrechten und der Wahrnehmung der Bäuerinnen und Bauern in Kasachstan und Usbekistan bestehen.

    Sowohl in Kasachstan als auch in Usbekistan wird die Umsetzung des gesetzlichen Landrechtssystems durch verschiedene Faktoren beeinträchtigt. Geringe institutionelle Kapazitäten in lokalen Verwaltungsorganen, um Landreformen in Kasachstan umzusetzen, ebnen den Weg für Gesetzesmissbrauch durch staatliche Behörden oder Bäuerinnen und Bauern. Persönliche Beziehungen von Bäuerinnen und Bauern zu lokalen Behörden machen es möglich, gegen gesetzliche Beschränkungen der Landnutzung zu verstoßen, ohne sanktioniert zu werden. In ähnlicher Weise unterstützen Rechtsinstitutionen oft den Machtmissbrauch durch lokale Behörden oder agrarpolitische Maßnahmen auf den Produktmärkten widersprechen den gesetzlich vorgeschriebenen Landrechten der Bäuerinnen und Bauern, so vor allem in Usbekistan. Bis vor kurzem erschwerten jährlich verpflichtende Quoten für die Baumwoll- und Getreideproduktion, dass Bäuerinnen und Bauern ihre formal bestehenden Rechte hinsichtlich der Entscheidungen über die Landbewirtschaftung, die Auswahl der Lieferanten von Produktionsfaktoren oder Vermarktungswege ausüben konnten. Landwirtinnen und Landwirte riskieren, ihr Land zu verlieren oder sanktioniert zu werden, wenn sie die staatlichen Vorgaben nicht erfüllen.

    Um zu untersuchen, inwieweit die gesetzlichen Landrechte der Landwirtinnen und Landwirte mit ihrer Wahrnehmung und der realen landwirtschaftlichen Praxis übereinstimmen, untersuchten die beiden Autoren Akhmadiyeva und Herzfeld mehrere Dimensionen der Landrechte, ein so genanntes Bündel von Rechten. Die Antworten von fast 1000 Bäuerinnen und Bauern, die 2019 in Kasachstan und Usbekistan befragt wurden, wurden mit den Gesetzestexten in beiden Ländern verglichen. Ihre Untersuchung zeigt, dass Abweichungen der realen landwirtschaftlichen Praxis von den gesetzlichen Rechten in zwei Richtungen auftreten: 1) Landwirtinnen und Landwirte sind an Aktivitäten beteiligt, die gesetzlich nicht erlaubt sind, und 2) Landwirtinnen und Landwirte nutzen nicht alle Möglichkeiten, die ihnen die nationale Bodengesetzgebung bietet. Die interessantesten Ergebnisse der Studie sind, dass Verstöße gegen gesetzliche Beschränkungen in Bezug auf Landübertragungen unter den kasachischen Landwirtinnen und Landwirten weit verbreitet sind; und dass ein großer Teil der usbekischen Landwirtinnen und Landwirte der Möglichkeit beraubt wird, ihre Rechte auf Generierung landwirtschaftlicher Erträge und Einkommen frei umzusetzen.

    Text: 3.529 Zeichen (mit Leerzeichen)

    Weitere Informationen

    Der IAMO Policy Brief 38 „How to align formal land rights with farmers’ perceptions in Central Asia?“ ist in der englischen und russischen Sprache erschienen. Die Ausgaben können auf der folgenden Webseite kostenfrei heruntergeladen werden: www.iamo.de/publikationen/iamo-policy-briefs.

    IAMO Policy Briefs

    Mit den IAMO Policy Briefs bezieht das IAMO aufbauend auf die eigene Forschung zu wichtigen agrarpolitischen Fragen Stellung. In der Publikationsreihe werden verschiedene gesellschaftsrelevante Themen kurz und allgemeinverständlich dargestellt. Zur Zielgruppe zählen insbesondere Entscheidungsträger der Politik, Wirtschafts- und Medienvertreter sowie die interessierte Öffentlichkeit. Seit 2011 werden die IAMO Policy Briefs in unregelmäßiger Folge veröffentlicht.

    Über das IAMO

    Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) widmet sich der Analyse von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungsprozessen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie in den ländlichen Räumen. Sein Untersuchungsgebiet erstreckt sich von der sich erweiternden EU über die Transformationsregionen Mittel-, Ost- und Südosteuropas bis nach Zentral- und Ostasien. Das IAMO leistet dabei einen Beitrag zum besseren Verständnis des institutionellen, strukturellen und technologischen Wandels. Darüber hinaus untersucht es die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Agrar- und Ernährungssektor sowie die Lebensumstände der ländlichen Bevölkerung. Für deren Bewältigung werden Strategien und Optionen für Unternehmen, Agrarmärkte und Politik abgeleitet und analysiert. Seit seiner Gründung im Jahr 1994 gehört das IAMO als außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft an.

    Wissenschaftlicher Kontakt

    Prof. Dr. Thomas Herzfeld
    Direktor des IAMO
    Leiter der Abteilung Agrarpolitik
    herzfeld@iamo.de
    Tel.: +49 345 2928-100

    Zarema Akhmadiyeva
    Doktorandin der Abteilung Agrarpolitik
    akhmadiyeva@iamo.de
    Tel.: +49 345 2928-321

    Medienkontakt

    Daniela Schimming
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Tel.: +49 345 2928-330
    presse@iamo.de
    www.iamo.de


    Originalpublikation:

    https://www.iamo.de/fileadmin/user_upload/IAMOPolicyBrief38en.pdf


    Weitere Informationen:

    https://www.iamo.de/presse/pressemitteilungen/artikel/wie-koennen-die-gesetzlich...


    Bilder

    Anhang
    attachment icon IAMO Policy Brief 38 EN

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Politik, Recht, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).