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29.01.2021 15:46

Das angeborene Immunsystem scharfschalten und damit die Resistenz gegenüber Krebsimmuntherapien überwinden?

Dr. Eva Maria Wellnitz Wissenschaftskommunikation der Medizinischen Fakultät
Universitätsmedizin Mannheim

    Projekt der Medizinischen Fakultät Mannheim und des DKFZ hat beim Merck Heidelberg Innovation Call überzeugt

    Die meisten Formen des Darmkrebses (Kolorektales Karzinom, CRC) sind gegenüber den derzeit überwiegend erforschten Krebsimmuntherapien, die auf die erworbene Immunabwehr setzen, resistent. Kann man die Therapieresistenzen überwinden, indem man zusätzlich die angeborene Immunabwehr ankurbelt?

    Das ist eine der Fragen, denen Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) auf den Grund gehen wollen, um Krebserkrankungen des Verdauungssystems künftig wirkungsvoller behandeln zu können. Mit ihrer gemeinsamen Strategie haben sie die Jury des Merck Heidelberg Innovation Call überzeugt: Das Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck unterstützt innovative Forschungsansätze der BioRegion Rhein-Neckar, um neue Behandlungsparadigmen bei Krebs- und Autoimmunerkrankungen zu identifizieren, und fördert in diesem Rahmen das Heidelberg-Mannheimer Projekt „Therapieresistenzen durch Stärkung der angeborenen Immunabwehr von Tumoren überwinden“.

    Das Projekt führt Expertisen in der klinischen Onkologie (Prof. Dr. Matthias Ebert, II. Medizinische Klinik), der Immunologie (Prof. Dr. Adelheid Cerwenka) und der Funktionellen Genomik (Prof. Dr. Michael Boutros, DKFZ und Medizinische Fakultät Mannheim) zusammen. Im Zusammenspiel hofft man, neue Zielstrukturen und Wirkstoffe für die erfolgreiche Intervention beim Darmkrebs identifizieren zu können, unter Zuhilfenahme des angeborenen Immunsystems.

    Kernstück ist eine Screening-Plattform die es ermöglicht, im Hochdurchsatzverfahren Krebserkrankungen des Verdauungssystems auf die Wirksamkeit etablierter Mono- und Kombinationstherapien und neuer Wirkstoffe zu testen. Die Untersuchungen erfolgen an kleinen dreidimensionalen Darmkrebs-Organoiden, die mit verschiedenen Komponenten des angeborenen Immunsystems angereichert werden. Die „Mini-Tumoren“ werden individuell aus Tumorstammzellen kultiviert, die aus Tumorbiopsien von Darmkrebs-Patienten gewonnen werden. Da Organoide viele Eigenschaften der Spender-Tumore beibehalten, dienen sie jeweils als individuelles Modell der Krebserkrankung.

    Ziel der Untersuchungen ist es, das Mikromilieu des Tumors auf Angriff programmieren und den Tumor damit wirksam bekämpfen zu können.

    Zum Hintergrund

    Die Krebsimmuntherapie nutzt die Fähigkeiten des körpereigenen Abwehrsystems, um Krebszellen zu vernichten. Im Fokus steht dabei vor allem die erworbene Immunabwehr, die darauf getrimmt werden kann, spezifisch auf Zielstrukturen des Tumors – sogenannte Tumorantigene – zu reagieren. Immuntherapien, die auf dieser adaptiven Immunität beruhen, sind hochwirksam bei bestimmten Krebserkrankungen, vor allem bei solchen mit häufigen Mutationen, etwa aufgrund der sogenannten Mikrosatelliteninstabilität.

    Krebserkrankungen des Verdauungssystems (Gastrointestinale Krebserkrankungen) weisen jedoch nur in weniger als 15 Prozent diese Eigenschaften auf. Die gegenwärtig hauptsächlich erforschten Immuntherapien sind daher bei diesen Erkrankungen meist unwirksam.

    Zunehmend findet aber auch das angeborene Immunsystem Beachtung in der Bekämpfung von Tumoren. Es bildet eine unspezifische, schnelle und natürliche Abwehr gegen veränderte körpereigene Zellen und ist daher eine der ersten Verteidigungslinien im Kampf gegen Infektionen und Krebs. (Quelle: Harnessing innate immunity in cancer therapy. Demaria O, Cornen S, et al., Nature. 2019, doi: 10.1038/s41586-019-1593-5).

    Die Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) des angeborenen Immunsystems können Krebszellen direkt abtöten und schonen dabei gesunde Zellen. „Das Potenzial dieser Zellen wird bislang nicht ausreichend gewürdigt und für die Krebstherapie genutzt“, davon ist Professor Cerwenka überzeugt. „Mit unserem Ansatz verfolgen wir das Ziel, die angeborene Immunität, die in der Mikroumgebung des Tumors häufig durch immunsupprimierende Faktoren unterdrückt ist, gegen den Tumor scharfzuschalten.“

    Ist die Plattform in dieser Form etabliert, kann sie künftig auch Untersuchungen mit T-Zellen, den Immunzellen des adaptiven Immunsystems, dienen. Ebenso ist es geplant, die Plattform auf andere Tumorentitäten zu erweitern.

    Antrag im Rahmen des Merck Heidelberg Innovation Call:
    Empowering innate immunogenicity of tumors to overcome therapy resistance

    Projektpartner:
    Prof. Dr. Michael Boutros
    Abteilung Signalwege und Funktionelle Genomik
    Deutsches Krebsforschungszentrum

    Prof. Dr. Adelheid Cerwenka
    Immunbiochemie
    Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg

    Prof. Dr. Matthias Ebert
    II. Medizinische Klinik
    Universitätsmedizin Mannheim


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Adelheid Cerwenka
    Immunobiochemie
    Mannheim Institute for Innate Immunoscience (MI3)
    Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg
    Ludolf-Krehl-Strasse 13 - 17
    D-68167 Mannheim
    Phone: +49 621/383-71504
    adelheid.cerwenka@medma.uni-heidelberg.de


    Bilder

    Mit Fluoreszenzmarkern angefärbte Organoide aus dem Gewebe von Darmkrebspatienten.
    Mit Fluoreszenzmarkern angefärbte Organoide aus dem Gewebe von Darmkrebspatienten.

    N. Rindtorff, J. Betge, DKFZ / UMM


    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Mit Fluoreszenzmarkern angefärbte Organoide aus dem Gewebe von Darmkrebspatienten.


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