idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
03.02.2021 20:00

Weissbüschelaffen interpretieren die Unterhaltungen zwischen ihren Artgenossen

Rita Ziegler Kommunikation
Universität Zürich

    Weissbüschelaffen nehmen die Laut-Interaktionen zwischen ihren Artgenossen nicht nur als Aneinanderreihung von Rufen wahr, sondern als zusammenhängende Unterhaltungen. Zudem bewerten sie deren Inhalte. Dies zeigen Forschende der Universität Zürich, indem sie in ihrer Studie Thermografie mit Verhaltenspräferenzen der Affen kombinieren.

    Menschen beobachten und bewerten die Interaktionen zwischen Drittparteien, um gute zukünftige Kooperationspartner auszuwählen. Welche Informationen Tiere gewinnen, wenn sie lautliche Interaktionen zwischen Artgenossen belauschen, ist schwierig zu messen. Denn offensichtliche Verhaltensweisen, die ein Verständnis solcher «Unterhaltungen» verraten, fehlen üblicherweise. Um diese Hürde zu überwinden, kombinierten Anthropologinnen der Universität Zürich in einer Studie Rufsimulationen, Thermografie und Verhaltenspräferenzen von Weissbüschelaffen.

    Mithilfe von Wärmebildern konnten die Forschenden Temperaturveränderungen im Gesicht von Weissbüschelaffen nicht-invasiv messen und so subtile emotionale Reaktionen quantifizieren. «Mit dieser Technik konnten wir zeigen, dass die Weissbüschelaffen lautliche Interaktionen zwischen Artgenossen nicht bloss als Aneinanderreihung einzelner Rufelementen wahrnehmen, sondern als Gespräche», sagt Erstautorin Rahel Brügger, Doktorandin am Institut für Anthropologie der UZH.

    Dialoge von Monologen unterscheiden

    Emotionale Reaktionen verändern die Durchblutung der Haut und damit die Oberflächentemperatur im Gesicht – insbesondere bei den am meisten exponierten Stellen wie der Nase. Die Messung der abgegebenen Infrarotstrahlung mittels Thermografie ermöglicht es, diese Veränderungen aufzuzeichnen. In Ihrer Studie simulierte das Forschungsteam nun einerseits Ruf-Interaktionen zwischen Weissbüschelaffen und andererseits die Rufe einzelner Tiere, ohne dass diese in eine Interaktion involviert waren. Die entsprechenden Playbacks spielten sie von einem versteckten Lautsprecher ab und massen mittels Thermografie die Reaktionen auf die verschiedenen Simulationen. «Dabei zeigte sich, dass die Reaktion auf die Ruf-Interaktionen deutlich anders ausfiel als die Reaktion auf die Summe entsprechender Einzelrufe», so Brügger. «Weissbüschelaffen können einen Dialog unter Artgenossen also von einem reinen Monolog unterscheiden.»

    Kooperative Artgenossen bevorzugt

    Bei den simulierten Ruf-Interaktionen unterschieden die Forschenden zusätzlich zwischen kooperativen und kompetitiven Varianten. Nachdem die Affen die unterschiedlichen Interaktionen gehört hatten, erhielten sie die Möglichkeit, sich den Geräuschquellen zu nähern. Dabei beobachteten die Forschenden, dass sich Weissbüschelaffen bevorzugt jenen simulierten Artgenossen näherten, die zuvor in eine kooperative Interaktion involviert waren.

    Diese Präferenz passt zum Sozialsystem und dem natürlichen Verhalten der kleinen brasilianischen Neuweltaffen, die ihren Nachwuchs gemeinschaftlich aufziehen und daher entscheidend von der Kooperationsbereitschaft ihrer Gruppemitglieder abhängen. «Insgesamt trägt die Studie zur zunehmenden Evidenz bei, dass viele Tiere nicht nur passive Beobachter von Interaktionen zwischen ihren Artgenossen sind, sondern diese auch für sich selbst interpretieren», sagt Letztautorin und UZH-Anthropologieprofessorin Judith Burkart. «Zudem zeigen wir in unserer Studie, was die Thermografie als Methode beitragen kann, um aufzudecken, wie der soziale Austausch von nonverbalen Subjekten wahrgenommen wird.»


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Universität Zürich
    Institut für Anthropologie

    Rahel Brügger
    Telefon +41 635 54 13
    E-Mail: rahelkatharina.bruegger@uzh.ch

    Prof. Dr. Judith Burkart
    Telefon: +41 635 54 02
    E-Mail: judith.burkart@aim.uzh.ch


    Originalpublikation:

    Rahel K. Brügger, Erik P. Willems, Judith M. Burkart. Do marmosets understand others’ conversations? A thermography approach. Science Advances, 3 February 2021. DOI: 10.1126/ sciadv.abc8790


    Bilder

    Weissbüschelaffen sind nicht nur passive Beobachter von Interaktionen zwischen ihren Artgenossen, sondern interpretieren diese auch für sich selbst.
    Weissbüschelaffen sind nicht nur passive Beobachter von Interaktionen zwischen ihren Artgenossen, so ...
    Judith M. Burkart, UZH
    Judith M. Burkart, UZH

    Weissbüschelaffen ziehen den Nachwuchs gemeinschaftlich auf und hängen daher von der Kooperationsbereitschaft ihrer Gruppemitglieder ab.
    Weissbüschelaffen ziehen den Nachwuchs gemeinschaftlich auf und hängen daher von der Kooperationsber ...
    Judith M. Burkart, UZH
    Judith M. Burkart, UZH


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Weissbüschelaffen sind nicht nur passive Beobachter von Interaktionen zwischen ihren Artgenossen, sondern interpretieren diese auch für sich selbst.


    Zum Download

    x

    Weissbüschelaffen ziehen den Nachwuchs gemeinschaftlich auf und hängen daher von der Kooperationsbereitschaft ihrer Gruppemitglieder ab.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).