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11.02.2021 10:00

Ultraschallscreening gegen Rheumatische Herzkrankheit, Feldstudie in Nepal

Marcel Wyler Wissenschaftskommunikation
Universitätsspital Bern

    Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Thomas Pilgrim der Universitätsklinik für Kardiologie des Inselspitals hat in «JAMA Cardiology» eine viel beachtete Studie zum Thema Früherkennung der Rheumatischen Herzkrankheit in Nepal publiziert. Die Studie weist nach, dass in Schulen mit systematischem Ultraschallscreening eine bedeutende Reduktion der Fälle von Rheumatischer Herzkrankheit erreicht werden kann.

    Die Rheumatische Herzkrankheit entwickelt sich als Langzeitfolge aus einer Streptokokken-Angina im Kindesalter. Eine latente Rheumatische Herzkrankheit ist mit einer Ultraschalluntersuchung bereits nachweisbar Jahre bevor sie symptomatisch wird. Bei einer frühzeitigen medikamentösen Behandlung ist die Rheumatische Herzkrankheit heilbar.
    Die Rheumatische Herzkrankheit ist weltweit für jährlich über 300 000 Todesopfer verantwortlich, das sind gut zwei Drittel aller Todesfälle durch Herzklappenerkrankungen. Die Rheumatische Herzkrankheit ist in Schwellen- und Entwicklungsländern in Afrika und Asien namentlich in benachteiligten Schichten weit verbreitet. In hochentwickelten Ländern, wie der Schweiz, ist sie in den vergangenen vier Jahrzehnten weitgehend verschwunden.

    Reduktion der Rheumatischen Herzkrankheit um zwei Drittel dank Früherkennung
    Das wichtigste Resultat der randomisierten Studie ist der Nachweis, dass eine Früherkennung der Rheumatischen Herzkrankheit mit Ultraschall Screening bei Schulkindern die Verbreitung der Rheumatischen Herzkrankheit erheblich verringern kann. In den Schulen, in denen Kinder mit positivem Befund aus dem Screening eingangs der Studie medikamentös behandelt wurden, konnte eine Reduktion um zwei Drittel erreicht werden.
    Prof. Thomas Pilgrim hält dazu fest: «Die Ergebnisse unserer Studie stützen die Hypothese, dass die Früherkennung klinisch stummer Rheumatischer Herzerkrankungen und die rechtzeitige Einleitung einer sekundären Antibiotikaprophylaxe ein wirksamer Ansatz zur Bekämpfung Rheumatischer Herzerkrankungen in endemischen Regionen sind.»

    Akribische, grosse Studie über 7 Jahre
    Das Forschungsteam teilte 35 Schulen (Cluster) in Nepal nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen (Methode: Cluster randomisierte Studie). 19 Schulen wurden zu einer experimentellen Gruppe zugeteilt. In dieser Gruppe erfolgte eingangs ein Herz-Ultraschallscreening. Kinder mit einer klinisch stummen Rheumatischen Herzkrankheit wurden medikamentös behandelt. Am Ende der Studiendauer erfolgte ein zweites Ultraschallscreening. 16 Schulen wurden einer Kontrollgruppe zugeteilt. In dieser Gruppe erfolgte ein Screening am Ende der Studiendauer. Bei Kindern im Kontrollarm erfolgte eingangs keine Untersuchung. Nach gut vier Jahren wurden alle Kinder der experimentellen Gruppe (n=2648) und der Kontrollgruppe (n=1325) mit Ultraschall auf das Vorliegen einer Rheumatischen Herzkrankheit untersucht.

    Spezielle Herausforderungen bei der Feldforschung in Nepal
    Die JAMA-Publikation wurde schon kurz nach ihrer Veröffentlichung am 20. Januar 2021 lebhaft diskutiert. Verschiedentlich erwähnt wurden die praktischen Herausforderungen eines grossangelegten Screenings in wirtschaftlich stark benachteiligten Räumen. Zudem wurde die Studie durch zwei verheerende Erdbeben 2015 und politische Instabilität während der Untersuchungsdauer erschwert. Es ist eine ausserordentliche Leistung in diesem Umfeld wissenschaftliche Forschung mit soliden Daten zu betreiben. In der Fachzeitschrift «TCT.MD der Cardiovascular Research Foundation» bezeichnet Prof. Partho Sengupta, MBBS (West Virginia University Heart and Vascular Institute, Morgantown) die Studie als «sehr sorgfältig und akribisch ausgeführt» und hält fest, dass sie «eine wichtige Lücke in der Früherkennung und Behandlung von RHD schliesst.»

    Wie geht es weiter?
    Um grosse Screeningprojekte in wirtschaftlich stark benachteiligten Regionen durchzuführen, müssen verschiedene teils hohe Hürden überwunden werden. Dazu gehören etwa die Schulung von Fachleuten, von Ärztinnen und Ärzten und die Sicherstellung einer über alle Bereiche und Projektphasen konstant hohen Qualität. Weiter stellen sich finanzielle Herausforderungen. Die Studie hat für den untersuchten Distrikt Sunsari Gesamtkosten für ein flächendeckendes Screening über 10 Jahre von 1.4 Mio. USD errechnet, was einem Betrag von knapp 5 USD pro Kind bzw. 483 USD pro festgestelltem RHD Fall entspricht.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    - Prof. Dr. med. Thomas Pilgrim, Stv. Chefarzt, Leiter Valvuläre Herzerkrankungen, Leiter Hybrid-OP Kardiologie, Universitätsklinik für Kardiologie, Inselspital, Universitätsspital Bern
    - Prof. Dr. Prahlad Karki, Head of Department, Department of Cardiology, B.P Koirala Institute of Health Sciences, Dharan, Nepal


    Originalpublikation:

    Effectiveness of Systematic Echocardiographic Screening for Rheumatic Heart Disease in Nepalese SchoolchildrenA Cluster Randomized Clinical Trial. doi:10.1001/jamacardio.2020.7050


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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