Bereits vor 112 Millionen Jahren gab es die Familie der Welwitschia-Gewächse auf der Erde. Ein Forschungsteam des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg hat jetzt mithilfe kurzer DNA-Sequenzen herausgefunden, dass die einzige heute noch lebende Art „Welwitschia mirabilis“ verschiedene Unterarten hat. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Die Vertreter der Art Welwitschia mirabilis sehen bizarr aus: Ein Stamm von bis zu einem Meter Durchmesser und meist weniger als 50 Zentimetern Höhe trägt nur zwei auf dem Boden liegende Blätter, die bis zu acht Meter lang werden und zeitlebens nachwachsen. Das Lebensalter kann mehr als 1.000 Jahre betragen. Männliche und weibliche Pflanzen tragen Zapfen ähnlich den Nadelbäumen, der Pollen wird aber wie bei modernen Blütenpflanzen von Tieren wie Fliegen und Wespen übertragen.
Während die frühen Verwandten vor mehr als 112 Millionen Jahren auf vielen Kontinenten lebten, hat sich die einzige überlebende Art nur in einem extremen Refugium vor der Konkurrenz durch die modernen Blütenpflanzen retten können: in den extrem trockenen Zonen der nördlichen Namib-Wüste in Angola und Namibia.
Untersuchung der DNA gibt Aufschluss
Bereits seit mehreren Jahren untersucht ein Team des Fachbereichs Biologie die Ökologie und Evolution von Welwitschia und hat nun seine Daten publiziert. „Besonders überraschend waren für uns die Ergebnisse genetischer Untersuchungen anhand sogenannter Mikrosatelliten, also kurzer DNA-Sequenzen, mit denen Populationen aus dem Areal auf ihre genetische Ähnlichkeit hin verglichen werden können“, sagt Prof. Dr. Norbert Jürgens, Professor für Biodiversität, Evolution und Ökologie. „So konnten wir eine angolanische von einer namibischen Unterart unterscheiden.“
Bisher hatte lediglich der Biologe Beat Ernst Leuenberger im Jahr 2001 anhand von nur acht alten Pflanzen aus den Gewächshäusern des Botanischen Gartens von Berlin-Dahlem vorgeschlagen, aufgrund des Baus der Blütenstände die Unterarten zu unterscheiden. Amerikanische und südafrikanische Forschende zogen 2014 die Existenz von Unterarten in Zweifel, wobei sie lediglich Material aus einem Teilgebiet aus Namibia untersucht hatten.
Anhand der Mikrosatelliten können die Hamburger Forschenden jetzt den Vorschlag von Beat Leuenberger bestätigen wobei die Grenze zwischen den beiden Unterarten innerhalb des nördlichen Namibia liegt. Bei 18,7 Grad südlicher Breite sind ein nördlicher und ein südlicher Genpool voneinander getrennt, zwischen denen kein Genfluss stattfindet.
Das Fossil passt sich an
„Wir konnten darüber hinaus nachweisen, dass die Pflanze in Angola in einem doppelt so großen Areal vorkommt, als bisher bekannt“, so Jürgens. „Auch in Namibia konnten wir neue Vorkommen beschreiben.“ Hier ist das 1.096 Kilometer lange Areal durch große Lücken in zehn voneinander isolierte Teilareale (Fragmente) zergliedert, die oft in den Einzugsgebieten von Trockenflüssen liegen, welche nur in besonders feuchten Regenjahren Wasser führen.
Viele der Fragmente lassen sich auch durch ihre klimatischen und geologischen Eigenschaften sowie durch ihre genetische Zusammensetzung voneinander unterscheiden. „Diese Beobachtung unterstützt die Annahme, dass Welwitschia in der Namib zwar ein Refugium gefunden hat, dort aber nicht stagniert, sondern neue Anpassungen an die verschiedenen Umweltbedingungen erfahren hat“, so Jürgens. Denn für dieses lebende Fossil ist die Dürre der Wüste kein Problem, sondern die Voraussetzung für das weitere Überleben, fernab und unbehelligt von den moderneren Konkurrenten.
Prof. Dr. Norbert Jürgens
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich Biologie
Biodiversität, Evolution und Ökologie der Pflanzen
Tel.: +49 40 42816-260
E-Mail: norbert.juergens@uni-hamburg.de
Maria Latos
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Dekanat, Kommunikation und Kooperationen
Tel.: +49 40 42838-8109
E-Mail: maria.latos@uni-hamburg.de
Jürgens, N., Oncken, I., Oldeland, J. et al. Welwitschia: Phylogeography of a living fossil, diversified within a desert refuge. Sci Rep 11, 2385 (2021). https://doi.org/10.1038/s41598-021-81150-6
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