idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.02.2021 10:44

Neue Schlangenart in Myanmar entdeckt

Sabine Wendler Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Senckenberg-Wissenschaftler Prof. Dr. Gunther Köhler hat zusammen mit einem internationalen Team der Universität East Yangon in Myanmar eine neue Wasserschlangenart entdeckt und erstmals beschrieben. Wie morphologische und genetische Untersuchungen zeigen, ist Myanophis thanlyiensis die einzige bekannte Vertreterin ihrer Gattung, berichtete das Team vor Kurzem im Fachjournal „Zootaxa“. Als Novum wurde das Genom des Holotypus – des namensgebenden Schlangen-Exemplars – am LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik sequenziert. Dadurch wurde das Erbgut der neu entdeckten Art für weitere Forschungszwecke und für molekularbiologische Untersuchungen zur Verfügung gestellt.

    Schlammnattern (Homalopsidae) leben in Myanmar in Feuchtgebieten, in natürlichen Sümpfen sowie in offenen Landflächen, die während der Regenzeit überflutet werden – beispielsweise in Reisfeldern. In einem Feuchtgebiet in der Nähe des Universitäts-Campus East Yangon haben Wissenschaftler*innen des Senckenberg Forschungsinstituts und der Universität East Yangon nun eine neue Art dieser Schlangen entdeckt. „Im Rahmen von Feldarbeit haben wir vier Individuen ohne Flecken mit kurzen Schwänzen gesammelt, die wir keiner bekannten Schlammnatterart zuordnen konnten“, erklärt Prof. Dr. Gunther Köhler, Herpetologe am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.

    Morphologische Analysen zeigten zunächst, dass die Individuen eng mit den Schlammnatter-Gattungen Myrrophis und Gyiophis verwandt sind. „Ihre glatten Rückenschuppen, ihr relativ kurzer Schwanz, getrennte Nasenschuppen, die ungewöhnliche Anzahl der Bauch-, Rücken- und Schwanzschuppen, sowie das zweilappige Begattungsorgan Hemipenis belegen aber, dass es sich um eine eigenständige Art und Gattung handelt“, so Köhler und weiter: „Wahrscheinlich ist diese Art nur sehr kleinräumig verbreitet - sonst wäre sie sicher schon früher entdeckt worden. Ihre Lebensweise ist ebenfalls nahezu unbekannt.“ Der Frankfurter Herpetologe hat im Laufe seiner Karriere mehr als 120 neue Arten von Amphibien und Reptilien entdeckt und beschrieben. Zusätzliche genetischen Analysen bestätigten diesen Befund.

    Klassischerweise wird das Muster-Individuum einer neuen Art, der sogenannte Holotypus – welcher mittlerweile als Belegexemplar in der Sammlung des Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseums verwahrt wird – morphologisch charakterisiert und beschrieben. Bei Myanophis thanlyiensis wurde zusätzlich am LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (LOEWE-TBG) das Erbgut des Holotypus sequenziert und zu einem annotierten Genom zusammengesetzt. „Das Erbgut eines Holotypus ist eine unschätzbare genomische Ressource“, erklärt Prof. Dr. Axel Janke, Sprecher des LOEWE-Zentrums TBG und fährt fort: „Zum einen liefert sie uns Informationen über die gesamte genetische Variation des Holotypus, zum anderen ermöglichen wir damit zukünftigen phylogenetischen und taxonomischen Forschungsvorhaben, andere Organismen mit dem Holotypus genetisch zu vergleichen.“

    Bisher wurde dieser Vergleich fast ausschließlich anhand morphologischer Merkmale durchgeführt. Die durch die Holotypus-Sequenzierung generierte Erbinformation ähnelt einem genetischen Fingerabdruck, anhand dessen ein namensgebendes Exemplar erfasst wird und langfristig erhalten bleibt. „Solche genetischen Fingerabdrücke sind enorm wichtig in der zukünftigen Biodiversitätsforschung“, fasst Janke zusammen und erklärt weiter: „Häufig sind die neu entdeckten Arten bereits vom Aussterben bedroht, und mit den Individuen können auch seltene Genvarianten verschwinden. Im Erbgut dieser Arten können Informationen enthalten werden, die beim Schutz dieser Art wichtig sein können.“

    Die Schlammnatter Myanophis thanlyiensis ist die erste Art, deren Holotypus in Zusammenarbeit zwischen der Sektion Herpetologie und dem LOEWE-TBG sequenziert wurde. In Zukunft planen die Forscher*innen weitere Holotypen neuer Froscharten aus Myanmar und mehrerer neuer Echsen-Arten sowie vier neuer Krebsarten aus der antarktischen Tiefsee zu sequenzieren. Der von den Wissenschaftler*innen gewählte Gattungsname Myanophis wurde von Myanmars abgekürztem Namen "Myan" und dem griechischen Wort "Ophis" (Schlange) abgeleitet. Der Artname bezieht sich auf den Fundort Thanlyin, eine wichtige Hafenstadt in Myanmar.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Gunther Köhler
    Senckenberg Forschungsinstitut
    Tel. +49 (0)69 7542 1232
    gunther.koehler@senckenberg.de

    Prof. Dr. Axel Janke
    LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsforschung, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum & Goethe-Universität
    Tel. +49 (0)69 7542 1842
    Axel.janke@senckenberg.de


    Originalpublikation:

    Köhler, G. et al. (2021): A new genus and species of mud snake from Myanmar (Reptilia, Squamata, Homalopsidae). Zootaxa, doi: 10.11646/zootaxa.4915.3.1


    Bilder

    Exemplar der Schlangenart Myanophis thanlyiensis.
    Exemplar der Schlangenart Myanophis thanlyiensis.

    Copyright: Gunther Köhler


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Exemplar der Schlangenart Myanophis thanlyiensis.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).